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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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ihr Gebäckstück, kaute, schluckte dann heftig und fügte pikiert hinzu: „Ich Dummerchen bin davon ausgegangen, dass du Zeit mit mir verbringen möchtest – und zwar mit mir alleine.“
    „Cara, Schatz, wer wird denn jetzt kleinlich werden? Natürlich will ich dich bei mir haben. So war die Einladung auch gemeint.“
    „Aha. Und diese Toy hast du eingeladen, damit …“
    „Ich habe sie nicht eingeladen. Sie ist kein Feriengast. Sie wohnt hier. Ich kann sie schließlich nicht vor die Tür setzen, nur weil du mich besuchst.“
    „Sie wohnt hier? Seit wann? Die Saison hat doch eben erst begonnen!“
    „Toy ist seit März hier, wohingegen ich schon im Januar hierhergezogen bin.“
    „Januar? Seit wann kehrst du Charleston so zeitig den Rücken? Warum verlässt du dein Haus in der Stadt und hockst den Winter über hier draußen? Hast du dich mit Palmer überworfen?“
    „Ach was, nichts dergleichen. Wie kommst du darauf? Ich konnte – oder, besser gesagt, ich wollte – in meinem Alter nicht allein hier hausen. Und als ich Flo meine Lage schilderte, stellte sie mir Toy vor.“ Als Cara ein verdutztes Gesicht machte, fügte Lovie hinzu: „Du kennst doch noch Florence Prescott von nebenan, oder?“
    „Na klar! Die Schwungvolle mit der hellroten Mähne.“
    „Richtig. Nur dass das Haar jetzt weiß ist. Wahrscheinlich erinnerst du dich nicht mehr, dass sie jahrelang als Sozialarbeiterin in Summerville gearbeitet hat. Unter der Woche blieb sie in ihrer Wohnung, und an den Wochenenden oder im Urlaub brachte sie das alte Sommerhaus ihrer Eltern hier auf der Insel wieder auf Vordermann. Immer dann, wenn sie es zeitlich einrichten konnte. Na ja, jedenfalls wurde ihre Mutter immer gebrechlicher. Deshalb fasste Flo eines Tages den Entschluss, sich pensionieren zu lassen und die alte Dame herzuholen. Meine Güte, das muss inzwischen an die zehn Jahre her sein! Seitdem wohnt Flos Mutter ebenfalls hier. Kinder, wie die Zeit vergeht! Die beiden sind gute Freunde von mir geworden. Ein wahres Glück für mich, solche Nachbarn!“
    „Mutter, was hat das alles mit dieser Toy zu tun?“
    „Das wollte ich dir gerade erklären. Flo ist nach wie vor ehrenamtlich im Frauenhaus tätig. Eines Tages erzählte ich ihr von meiner Absicht, mich auf der Insel niederzulassen, und von meinem Wunsch nach einer passenden Mitbewohnerin. Sofort wurde sie hellhörig und berichtete mir von einem jungen Mädchen, mit dem ich mich bestimmt wunderbar ergänzen würde.“
    „Du hast sie im Frauenhaus aufgegabelt?“
    „Aus deinem Mund klingt das so, als wäre sie ein Vierbeiner, den man irgendwo eingefangen hat“, protestierte Lovie. „Ja, sie war im Frauenhaus, die Arme. Dafür ist diese Einrichtung doch da, und dem Himmel sei Dank dafür! Frauen müssen doch wissen, wohin sie sich wenden können, wenn sie um Leib und Leben fürchten!“
    „Schon gut, schon gut! Du trägst Eulen nach Athen! Ich spende regelmäßig für ein Frauenhaus in Chicago.“
    Lovie nickte zustimmend. „Ich begehe auch keinen Vertrauensbruch, wenn ich dir ein wenig von Toys Vergangenheit berichte. Das Mädchen hat alles mit mir besprochen und findet es am besten, wenn ich dir reinen Wein einschenke. Also: Toy wohnte mit ihrem Freund zusammen und stellte eines Tages fest, dass sie schwanger von ihm ist. Als er ihr gegenüber handgreiflich wurde, hat sie ihn verlassen.“
    „Er hat sie geschlagen?“
    „Richtiggehend verprügelt. Dem Ungeborenen ist nichts passiert, doch Toy bekam es mit der Angst zu tun und verließ den Kerl.“
    „Recht so! Damit steigt sie gewaltig in meiner Achtung. Aber so jung noch, und schon mit dem Freund zusammenleben? Und dann auch gleich schwanger? Was ist denn mit ihren Angehörigen?“
    „Unmenschen sind das! Die wollten von Toy nichts mehr wissen. Wiesen ihr die Tür, beschimpften sie als Herumtreiberin und warfen ihr alle möglichen Gemeinheiten an den Kopf, überließen das arme Ding sich selbst. Man stelle sich das vor! Die eigene Tochter!“
    Cara verspürte plötzlich Mitleid mit dem Mädchen. Wie entsetzlich die Lage einer Heranwachsenden werden konnte, war ihr nicht neu. Auf den Straßen der Großstadt weht so einem jungen Ding der Wind scharf und grausam ins Gesicht.
    „Wie alt ist sie? Sechzehn? Siebzehn?“
    „Fast achtzehn – und zudem eine Seele von Mensch. Sie sieht aber halt noch sehr jung aus.“
    Plötzlich kam es Cara so vor, als hätte sie einen Kloß im Hals. „Ich war ebenfalls achtzehn, als ich zu Hause

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