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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Tisch nieder, wobei die Stuhlbeine knirschend über die Bohlen schabten. Etwas unbeholfen saß sie da, weil ihr runder werdender Leib ziemlich viel Platz benötigte. „So könnte man’s nennen. Sie hatte gerade diesen Alarmanruf wegen der Schildkrötenspuren entgegengenommen, und ich kam genau während des Gesprächs vom Einkaufen zurück. Wir haben uns quasi gegenseitig erschreckt, scheint mir.“
    „Sie ist gestern Abend schon früh eingeschlafen. Ich hatte ursprünglich damit gerechnet, dass sich nach deiner Rückkehr aus dem Kino die Gelegenheit ergeben würde, dich vorzustellen. Aber wie sich herausstellte, wurde daraus nichts.“
    „Hatte ich mir schon gedacht. Sie guckte mich an, als … Na ja, drücken wir es mal so aus: Allzu erfreut über meine Anwesenheit schien sie nicht zu sein.“
    „Zuweilen lehrt Cara einen das Fürchten.“
    Toy schnaubte unwirsch. „Also echt, Miss Lovie, kaum zu fassen, dass sie Ihre Tochter sein soll. Zwei Frauen von so unterschiedlichem Wesen hab ich ja mein Lebtag noch nicht getroffen!“
    Lovie lachte verhalten in sich hinein und stellte verschmitzt fest: „Da würde sie dir, glaube ich, nicht widersprechen.“
    Toy schürzte die Lippen und kratzte an ihren Fingernägeln herum. „Ich hab da so ’ne Idee. Es ist vielleicht besser, wenn ich woandershin ziehe, zumindest für diese Woche beziehungsweise solange Cara hier ist. Da hätten Sie beide doch auch mehr Zeit füreinander.“
    „Und wo würdest du unterkommen?“
    „Also, für ’ne Woche könnte ich ja wieder bei Darryl wohnen.“
    „Kommt überhaupt nicht in Frage!“
    Der scharfe Ton von Lovies Stimme ließ Toy verblüfft aufblicken. Die alte Dame saß kerzengerade auf ihrem Stuhl; ihre Augen blitzten zornig.
    „Wäre doch nur für eine Woche! Und er nähme mich gern wieder auf, das weiß ich!“
    „Du willst zu diesem Kerl zurück? Unter gar keinen Umständen!“
    „Er liebt mich!“
    Eine ganze Weile saßen sie einander stumm gegenüber. Lovie bedeckte schließlich Toys Hand mit der ihren. „Als ich dich einlud, hier bei mir einzuziehen, da tat ich das in der Absicht, dir ein Zuhause zu geben. Du solltest dich hier wohl fühlen. Bislang haben wir uns doch recht gut verstanden, nicht wahr?“ Als Toy zustimmend nickte, fuhr Olivia fort: „Wie also kannst du nur denken, du seiest plötzlich unerwünscht, weil Besuch eingetroffen ist?“
    „Hier geht’s ja nicht um irgendeine Besucherin. Schließlich ist Cara Ihre Tochter!“
    „Und du bist mir genauso zur Tochter geworden.“
    Toy senkte den Kopf und heftete den Blick auf die schmale Hand, die über der ihren lag, die Hand einer Mutter. Auch wenn die Haut blass, nahezu durchsichtig war, auch wenn blaue Adern hervortraten und die Knochen so zerbrechlich schienen wie die eines Vogels, so verkörperte diese Hand doch so viel Liebe und Kraft, dass Toy vor Rührung die Tränen in die Augen traten.
    Leise fragte Lovie: „Versprich mir, dass du bleibst. Dass du mit dazu beiträgst, dass alles gut verläuft.“
    Toy nickte heftig, weil sie sich ihrer Tränen schämte.
    Cara blinzelte unter bleiernen Augenlidern hervor und schaute auf ihre Uhr. Beinahe Mittag. Sie war benommen, hätte glatt noch zwölf Stunden weiterschlafen können. Aber konnte sie den lieben langen Tag in den Federn verbringen? Doch, durchaus, das hätte ihr nichts ausgemacht, allerdings hielt sie das stumme Geständnis nicht für sehr schmeichelhaft. Ihr Kopf dröhnte etwas, und sie hatte einen pelzigen Geschmack im Mund, als wäre die Mundhöhle mit Watte gefüllt. Sie schwang die Beine aus dem Bett, zog sich Boxershorts über und tappte auf nackten Sohlen durch den Flur Richtung Küche.
    Im Sommerhaus ihrer Kindertage kam sie sich seltsam verloren vor, so, als sei sie hier völlig fremd. Das Haus sah gegenüber früher völlig anders aus. Ihre Mutter hatte alles ausräumen und so umbauen lassen, dass die kleinen Kammern des Cottage nunmehr als Hausmittelpunkt einen großzügigen, luftigen Hauptraum bildeten, der jeweils vorn und hinten an eine breite, überdachte Veranda grenzte. Linker Hand befand sich ein schmaler Gang, der zu den beiden Kinderzimmern mit der Toilette dazwischen führte. Zur Rechten lagen Elternschlafzimmer, das Bad sowie die schicke kleine Küchenzeile, modern, vom Feinsten eingerichtet und Lichtjahre entfernt von der einstigen Allerweltsküche, an deren klobige Ausstattung Cara sich noch erinnern konnte.
    Das einzige Möbelstück, das sie wieder erkannte, war die

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