Nur dieser eine Sommer
Teller gelegt, einen für sich und einen für Toy. Ein Tablett mit Marmelade und verschiedenen Käsesorten ergänzte das Frühstücksbüfett.
„Ich bin zwar keine Drei-Sterne-Köchin, doch das hier wird ja wohl reichen für den Anfang. Möchtest du sonst noch etwas? Müsli? Eier? Du musst schließlich für zwei essen!“
„Ich kann mir ja später noch was machen. Fürs Erste langt mir das hier.“ Unschlüssig beäugte sie Cara. In ihren Khakihosen wirkte diese so schlank und durchtrainiert wie eine der feinen Damen in Miss Lovies Garten-Illustrierten. Verlegen fingerte Toy wieder an ihrem Reißverschluss herum und kam sich dabei so unbeholfen wie ein Walross vor.
„Lass mal, ich mache das schon.“ Cara trat hinter sie, und nach einigem Hin und Her ließ sich der Reißverschluss bewegen. „Normalerweise hätte ich dich aufgefordert: ‚Zieh den Bauch ein‘, doch das bringt wohl nichts. Ich sag’s nur ungern, aber lange macht’s dies Kleid nicht mehr. Wie wär’s? Wollen wir nicht in die Stadt fahren und ein paar Umstandssachen für dich einkaufen?“
„Ach, nicht nötig“, versicherte Toy hastig. „Ich werde ein paar von meinen Kleidern ändern. Wo steckt übrigens Miss Lovie? Sie steht doch sonst immer als Erste auf!“
„Sie ist heute Morgen noch ziemlich müde. Ich bin froh, dass sie mal richtig ausschläft.“ Cara setzte sich an den Tisch und lud Toy mit einer Handbewegung ein, Platz zu nehmen. Beide saßen sich gegenüber, Toy ein wenig befangen, doch Cara so entspannt, wie Toy sie noch nie zuvor gesehen hatte. Cara bestrich ihren Weizentoast mit einer üppigen Schicht Erdbeermarmelade und biss herzhaft hinein.
Toy schaute sie an, verfolgte jede Bewegung. Es war ihr fast peinlich, dass Cara eine solch natürliche Eleganz ausstrahlte, während sie selbst stocksteif auf ihrem Stuhl hockte und versuchte, auch so gekonnt wie Cara die Butter auf den Toast aufzutragen.
„Rate mal, was wir heute Nacht beobachtet haben“, sagte Cara mit blitzenden Augen und rief, als Toy nur den Kopf schüttelte: „Eine Schildkröte! Wir haben alles miterlebt – wie sie die Grube aushob, wie sie die Eier ablegte … und dann sind wir ihr bis zum Meer gefolgt. Was für ein prächtiges Exemplar!“
Toy biss in ihren Toast, kaute eine Weile und wandte dann ein: „Ich dachte, Sie sind nicht so für Schildkröten!“
Cara fuhr sich mit einer Serviette über die Mundwinkel, legte das Tuch dann ab und strahlte: „Jetzt schon! Nach so einem Schauspiel, da kann man doch gar nicht anders!“
„Letzte Nacht ist das passiert? Und wo war ich?“
„Du hast geschlafen wie ein Murmeltier. Hoffentlich bist du nicht sauer, dass wir dich nicht geweckt haben. Mich hat Mama nämlich wachgerüttelt, und dann sind wir eiligst zum Strand aufgebrochen. Ich glaube, sie wollte mich unter vier Augen sprechen.“ Sie legte ihren Toast ab und verkündete mit ernster Miene: „Vorige Nacht hat mir Mama eröffnet, dass sie unter Krebs leidet.“
Auch Toy legte ihren Toast auf den Teller und starrte Cara wortlos an.
„Gestern Nacht“, fuhr Cara fort, „haben wir über vieles geredet, über Dinge, die wir schon viel früher hätten klären sollen. Mama hat mir erzählt, wie du dich die ganzen letzten Monate um sie gekümmert, sie zur Behandlung gefahren und stundenlang gewartet hast. Leicht war das sicher nicht für dich.“
„Das war nichts im Vergleich zu dem, was sie für mich getan hat.“
„Trotzdem kann ich dir gar nicht genug danken. Doch von nun an wird einiges anders. Ich habe beschlossen, den Sommer über zu bleiben und ihr zur Seite zu stehen. Sei unbesorgt, ich dränge dich nicht beiseite. Ich möchte dir nur die Arbeit etwas erleichtern. Ich habe mir überlegt, dass ich die notwendigen Aufgaben außerhalb des Hauses übernehmen könnte, vielleicht das Autofahren und das Einkaufen, wenn du mal müde bist. Kochen kann ich für keine zwei Cent; das besorgst am besten du weiterhin, sonst verhungerst du am Ende noch! Und als ausgesprochenen Ordnungsfreak würde ich mich auch nicht gerade bezeichnen, wie Mama dir bestätigen wird. Ehrlich gesagt, was Haus und Herd angeht, habe ich zwei linke Hände. Also, wir sind auch weiterhin auf dich angewiesen, ehrlich! Über die Details können wir uns später unterhalten. Ich wollte dich nur schon einmal informieren.“
Toy saß eine Weile wortlos da. Das Gehörte musste sie erst einmal verdauen. Cara wirkte so zielbewusst, so ganz anders als bisher! Wahrscheinlich hatte sie ihre
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