Nur dieser eine Sommer
ohne Wenn und Aber. Cara freute sich schon, Emmaline Baker wiederzusehen.
Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Shorts, trat zu Toy auf die Veranda und murmelte: „Hi.“
Toy wandte sich um. „War das ’ne Bekannte von Ihnen?“
„Emmi Baker. Wir waren Jugendfreundinnen.“
Das Mädchen nahm die Mitteilung eher teilnahmslos auf und nickte. Offenbar bedrückte Toy etwas. Sie wirkte distanziert, allerdings weniger auf ihre bisherige reservierte Art, sondern anders, irgendwie traurig.
„Toy, was ich da vorhin von mir gegeben habe … vielleicht klang es etwas zu sehr nach Predigt. Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht verletzen. Du hast ja Recht. Ich kenne deinen Freund ja gar nicht. Ich habe dir das mit meiner Mutter erzählt, um dir zu zeigen, dass du nicht die Einzige bist, der so etwas passiert, sondern dass es vielen Frauen so geht, egal, ob arm oder reich, gebildet oder nicht so gebildet. Wir verurteilen dich nicht. Wir wollen nur dein Bestes. Das ist alles.“
Toy zuckte halbherzig mit den Schultern. „Nicht so schlimm. Ist mir schon klar, dass Sie es nicht böse gemeint haben.“
„Du möchtest doch nicht allen Ernstes zu ihm zurück?“
„Irgendwann schon.“ Dann guckte sie Cara über die Schulter an und fügte deutlich zugänglicher hinzu: „Haben Sie auch wirklich nichts dagegen, dass ich bleibe? Wo Sie doch nun auch den ganzen Sommer hier verbringen werden?“
Cara wusste, die Gelegenheit kam so schnell nicht wieder. Ein Wort von ihr hätte genügt, um Toy zum Gehen zu bewegen und mit Lovie ungestört zu sein. Sie war hin- und hergerissen, doch dann schaute sie das Mädchen an, sah den vortretenden Bauch, das fransige blonde Haar, den Lidstrich. So sehr unterschieden sich Cara und Toy eigentlich gar nicht. Beide waren sie Außenseiter und von einem Mann misshandelt worden. Mit einer Ausnahme: Cara hatte sich ihre Selbstachtung bewahrt, ihre hartnäckige, zielbewusste Entschlossenheit. Toy hingegen … Toy hatte nur ihr Baby und den zerbrechlichen Traum von einer Familie.
„Ganz im Gegenteil“, versicherte Cara und versuchte Toy aufzumuntern. „Pass auf, ich treffe mich mit Emmi unten bei den Schildkrötenspuren. Wir wollen das Nest markieren. Möchtest du mitkommen? Ich habe nämlich keinen Schimmer, was ich alles mitbringen muss!“
„Ich bleibe lieber hier, damit jemand da ist, wenn Miss Lovie aufwacht. Aber alles Notwendige finden Sie da drüben in dem roten Eimer neben der Tür. Über alles andere weiß Ihre Freundin sicher Bescheid.“
„Willst du wirklich nicht mit? Wir könnten Mama einen Zettel hinlegen, auf dem steht, wo wir sind.“
„Ich bin auch selbst noch müde.“ Sie betrachtete Cara, und in ihrem Blick lag tiefe Niedergeschlagenheit.
Cara wollte sie nicht länger drängen. „Na gut“, erwiderte sie und schaute kurz auf die Uhr. „Nur eins noch: Ich lade euch alle zum Essen ein, wenn ich zurückkomme. Du kannst das Restaurant aussuchen. In etwa einer Stunde bin ich wieder da. Jetzt muss ich los.“ Sie setzte Mütze und Sonnenbrille auf, schnappte sich den roten Eimer, starrte ihn an und stellte amüsiert fest: „Nicht zu fassen, dass ich mich hab austricksen lassen! Jetzt mache ich doch tatsächlich bei diesem Schildkrötenzirkus mit!“
Das Freizeichen ertönte fünfmal, bevor er endlich abnahm. „Ja?“
„Hallo, Darryl!“
Einen Moment lang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. „Wer ist da?“
„Na, ich!“
„Toy?“
„Ja sicher, wer sonst? Ich dachte, ich rufe an und erkundige mich mal, wie’s dir geht!“
Eine lange Pause folgte, in der Toy nervös das Kabel zwirbelte.
„Nett, dass du dich meldest“, erwiderte er sarkastisch. Dann erkundigte er sich kurz angebunden: „Wo, zum Teufel, steckst du?“
„Vermisst du mich?“
Erneut entstand eine Pause. „Lange nichts von dir gehört, Baby!“
Sie biss sich auf die Unterlippe. „Und? Wie fühlst du dich?“
„So lala.“
Sie merkte, dass er sauer war. Sollte sie das als gutes oder schlechtes Zeichen betrachten? „Mir geht’s gut. Und dem Baby auch. Du bekämst sicher ’nen Schreck, wenn du mich sehen würdest. Ich bin ziemlich füllig geworden.“
„Du hast es also behalten!“ Als Frage konnte man das nicht werten. Sein Zorn war unüberhörbar.
„Das weißt du doch! Es ist unser Kind, Darryl!“
„Ich will mit dem Balg nichts zu schaffen haben. Das habe ich dir gleich gesagt.“
„Aber es ist von dir! Ich war mit niemandem sonst …“
Er unterbrach
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