Nur dieser eine Sommer
Freundin und fragte: „So, und jetzt raus damit: Was ist mit dir?“
Cara öffnete den Mund, wollte schon heftig protestieren, als die Wahrheit dann doch aus ihr heraussprudelte: „Ich hatte heute ein Gespräch mit Adele, der Jobvermittlerin. Sie wirkte ziemlich verärgert und wollte wissen, warum ich mich noch immer hier auf der Insel herumtreibe.“
„Und was hat sie für ’n Problem damit?“
„Das Problem bin ich.“ Cara verzog das Gesicht und blickte zu einem Pärchen Cockerspaniel hinüber, die sich gerade über verschüttetes Popcorn hermachten. „Ich hatte sie gebeten, für mich ein paar Vorstellungsgespräche zu arrangieren. Das war natürlich, bevor ich von Mamas Krankheit erfuhr. Ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass Adele so schnell etwas für mich auftreibt. Als ich ihr mitteilte, ich bliebe den ganzen Sommer hier, war sie nicht gerade begeistert, um es milde auszudrücken. Aber das stört mich gar nicht mal so sehr.“
„Du bereust doch nicht etwa deine Entscheidung, hier zu bleiben?“
Cara seufzte. „Das nicht, aber ich mache mir Sorgen. Adele hat mir erzählt, es gäbe einige interessante Positionen zu besetzen. Und wenn ich mich so lange aus dem Business verabschiede, sinken meine Chancen wahrscheinlich. Die Sache wird mir langsam unheimlich. Während ich hier auf der Insel hocke, laufen beispielsweise die Zinsund Tilgungszahlungen für meine Hypothek weiter. Auch die Strom-, Gas- und Wasserrechnungen wollen schließlich beglichen sein. Und letztlich muss ich auch an mein Image denken. Je länger ich aus Chicago fort bin, desto mehr wird der Eindruck entstehen, ich hätte den Schwanz eingezogen und mich irgendwo verkrochen.“
„Mäuschen, ich möchte nicht gefühllos erscheinen – aber willst du nun bleiben oder nicht?“
„Ich hab dir doch gesagt, dass ich bleibe!“
„Und das kannst du dir leisten? Ohne deine berufliche Reputation zu riskieren?“
„Nicht unbegrenzt, aber bis zum Ende des Sommers schon, ja.“
„Dann pfeif auf den ganzen übrigen Käse! Was bringt es dir, wenn du dir darüber weiterhin den Kopf zerbrichst? Du bist nun mal hier, und alles, was recht ist – deine Entscheidung war richtig!“
Cara nickte.
„Irgendwie beneide ich dich“, meinte Emmi.
Cara zog verwundert die Augenbraue hoch und schaute ihre Freundin skeptisch an.
„Ehrlich“, erklärte Emmi. „Du hast zumindest was zu tun, kannst was bewegen. Ich hingegen habe die letzten Jahre das Gefühl, als hätte man mich kaltgestellt.“ Sie verstummte, als die Kellnerin die leeren Flaschen abräumte und eine neue Bestellung aufnahm.
„Emmilein! Alles okay?“
Emmi wartete, bis die Kellnerin sich entfernt hatte. Cara erkannte am nachdenklichen Gesicht ihrer Freundin, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte.
„Ach, ich weiß auch nicht“, erwiderte Emmi, und der Frust war unüberhörbar. „Macht wohl die Einsamkeit.“
„Ich dachte, du wärst gern allein!“
„Bin ich auch – manchmal! Aber überall ist es so still. Mehr Leben im Haus, das fehlt mir zuweilen. Und das Gefühl, gebraucht zu werden.“
„Wie lange ist Tom denn noch fort?“
Emmi starrte sie an. „Keine Ahnung“, antwortete sie schließlich.
Der Unterton war Cara nicht entgangen. Fragend betrachtete sie ihre Freundin.
„Also, wenn’s dich wirklich interessiert …“ Emmi rückte nun mit der Sprache heraus. „Vor etwa fünf Jahren wurde Tom auf einen wichtigen Posten befördert und war von da an oft auf Geschäftsreise – verdammt oft. Quer durch die ganze Welt. Seitdem lässt er sich nicht mehr viel zu Hause blicken, im Sommer überhaupt nicht. Und die Jungs sind mittlerweile in dem Alter, wo nur die Clique zählt, Sport, Jobsuche. Kennst du ja. Ich war ’ne gute Ehefrau, hab den ganzen Sommer über in Atlanta in unserem klimatisierten Heim gehockt und auf Toms Rückkehr gewartet oder darauf, dass die Jungs sich erkundigten, was es denn zu essen gäbe. Schließlich ertappte ich mich dabei, dass ich den Rest des Jahres auch nur zu Hause herumsaß. Ich hab viel gebacken, viel gegessen und viel Wein getrunken, und, siehe da, schon waren zehn Kilo drauf!“ Beide lachten. „Als John letztes Jahr im Sommer die Highschool abschloss, da stellte ich mit einem Male fest, dass alle Welt Pläne schmiedete – nur ich nicht! Also sagte ich mir: Jetzt reicht es aber! Ich beschloss, das Ferienhaus nicht zu vermieten, sondern selbst drin zu wohnen.“
„Typisch Emmi!“
„Echt?“ Emmis Augen
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