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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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den Windungen durch dichtes Sumpfgelände, in dem sich Kanal an Kanal reihte, die ein Gewirr aus Wasserstraßen bildeten. Cara, der die Gegend allmählich nicht ganz geheuer vorkam, guckte unsicher nach links und rechts. Mannshohe Gräser versperrten die Sicht auf den Horizont, sodass jede Orientierung unmöglich war. Sie hätte nicht mehr sagen können, wo genau sie sich befanden. Sie hoffte inständig, dass Bretts Behauptung, er werde sie schon sicher zurückbringen, nicht bloße Angeberei war.
    Je tiefer sie in dieses Marschlabyrinth vordrangen, desto spürbarer setzte die Ebbe ein. Immer seichter wurde das Wasser, wich an einigen Stellen ganz und gar zurück und hinterließ dampfende Wattbänke, wo Wasservögel im aufgeweichten Schlamm nach Beute pickten. Brett fuhr immer langsamer, bis das Röhren des Motors zu einem blubbernden Grollen erstarb. Gekonnt manövrierte er sein Fahrzeug durch den Dschungel aus Sumpfgras und Binsen, die Augen fest auf das Ufer gerichtet, eine Hand an der Ruderpinne. Cara fühlte sich in den Film
African Queen
mit Humphrey Bogart und Katherine Hepburn versetzt.
    „Sind wir denn bald da, Mr. Allnut?“
    Er grinste breit und wies auf ein so genanntes Hammock, eine kleine, baumbestandene Insel. „Sicher, Rosie!“ rief er zurück.
    Sie lächelte. Weil er ihre Anspielung auf den Filmklassiker sofort erkannt hatte, stieg er gewaltig in ihrer Achtung. Männer mit guter Allgemeinbildung waren um ein Vielfaches amüsanter als andere, das hatte sie schon des Öfteren festgestellt.
    Endlich steuerte er das Ufer des Hammocks an, ließ das Boot möglichst weit auflaufen und stellte den Motor ab. Mit einem Schlag umgab sie absolute Stille, und Cara hatte das Gefühl, weit weg von aller Zivilisation zu sein.
    „Hier sind wir aber noch ziemlich weit vom festen Boden entfernt“, meinte sie misstrauisch und musterte kritisch den Schlammstreifen, der jetzt vor ihnen lag.
    „Weiter kommen wir nicht mit dem Boot. Ist aber nur noch ein Katzensprung zu Fuß.“
    „Zu Fuß?“ Cara war fassungslos. Hatte sie richtig gehört? „Brett, du glaubst doch nicht, dass ich durch diesen Morast wate! Das ist ja ’ne Riesenfläche! Weiß der Himmel, was da alles kreucht und fleucht!“
    „Genau das ist ja das Interessante am Marschboden“, erwiderte er, trat aus seinen Sandalen und griff sich die Gummistiefel vom Bootsboden. „Der glitschige Schlamm da ist reich an organischen Stoffen. Leben in allen möglichen Formen entsteht und vergeht da drin – Austern, Schnecken, Winkerkrabben. Ganz zu schweigen von zahlreichen Insekten und Larven.“
    Starr vor Entsetzen sah Cara zu, wie er in die bis zu den Knien reichenden Stiefel stieg, die Gummihandschuhe und einen Hammer in einen verdreckten Seesack stopfte und den Kescher dazulegte.
    „Ist mir schnuppe, was die Viecher in der Pampe da treiben! Ich gehe da jedenfalls nicht rein.“
    Er stand auf und machte einen Schritt auf sie zu. Sie quietschte auf und fuhr zurück.
    Brett lachte, schwang die Beine aus dem Boot und trat in den weichen, schlammigen Schlick. Sogleich sank er bis zu den Knöcheln ein. Dann schob er sich an der Bordwand entlang bis zu Cara, drehte ihr den Rücken zu und machte einen Buckel. „Also los, hops rauf!“
    „Du hast sie wohl nicht alle!“
    „Na, mach schon! Ich trage dich!“
    „Das geht doch nicht!“
    „Na gut, wenn du lieber laufen willst …“
    „Nein! Warte! Was muss ich machen?“
    Er äugte über die Schulter und zwinkerte ihr zu. „Weißt wohl nicht mehr, wie Huckepack funktioniert, wie?“
    „Freilich! Aber wir sind ja keine Kinder mehr! Ich könnte dir weh tun.“
    Von oben bis unten musterte er ihre gertenschlanke Figur und schnaubte. „Spring rauf! Das schaffe ich schon!“
    „Okay. Aber ich hab dich gewarnt!“ Sie erhob sich von der Sitzbank und balancierte behutsam zum Bootsrand, damit das Boot nicht kenterte, was in dem Schlamm allerdings eher unwahrscheinlich war. Er beugte sich weit vor, und nach einigem Hin und Her gelang es ihr, sich an seinen Schultern festzuhalten.
    „Nein, ich bring das nicht“, verkündete sie dann doch und ließ wieder los. „Ich gehe lieber.“
    „Mädchen, ein Mann aus dem Lowcountry lässt seine Lady nie und nimmer durch den Schlamm waten!“
    „Steht das in so ’ner Art Südstaatler-Knigge geschrieben?“
    „Haargenau. Zusammen mit Türaufhalten und Platzanbieten. Wurde mir schon als Knirps eingetrichtert. Also, rauf jetzt!“
    „Na schön! Fertig?“
    „Wenn du noch

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