Nur dieses eine Mal
war ich mit einem Mann zusammen, der einige Jahre älter war als ich. Er begann mich zu schlagen, wenn ich nicht so spurte, wie er es wollte.“ Mit bitterem Auflachen schüttelte sie den Kopf. „Klischee oder? Du hast Dad verlassen, weil er nichts taugte, und ich hab mir immer Männer gesucht, an die ich mich im Grunde gar nicht binden wollte.“
Nachdenklich betrachtete sie den Küchenfußboden.
„Der Nächste hat mich belogen und betrogen, vom Vierten wurde ich schwanger und verlor das Kind. Jeder warf mir vor, ich wäre verschlossen und der Mann, der mit mir klar käme, müsse erst noch geboren werden. Mit Anfang zwanzig habe ich den letzten Versuch gestartet eine Beziehung zu führen. Ich dachte, wenn ich ehrlich bin, und offen darüber rede, was in meinem Leben schon alles schief gelaufen ist, dann wäre das ein Schritt in die richtige Richtung. Ich wollte mir nicht wieder vorwerfen lassen, ich würde meine Geheimnisse in mir vergraben und er hat gemeint, er käme damit klar. Ich war so stolz auf mich. Ich war so dämlich. Ein paar Tage später sagte er mir, dass ihm das alles zu schnell gehe. In der Woche darauf hatte er sich bereits mit einer anderen getröstet.“
Schulterzuckend nahm sie einen Schluck Tee.
„Danach habe ich mich entschlossen, allein zu bleiben. Bis ich Aléjandro begegnet bin. Am ersten Tag war er ein richtiges Ekel und dann wurde er zunehmend charmanter.“ Cady starrte auf ihre Schuhspitzen. „Je besser wir uns kennen lernten, desto näher kamen wir uns, und gleichzeitig bekam ich mehr und mehr Panik vor dieser Verbindung. Ich grüble ständig, ob meine Bindungsangst daher rührt, weil eure Ehe nicht funktioniert hat und mich das prägte. Aber Aléjandro bot mir im Grunde alles, was ich mir immer gewünscht habe: Sicherheit, Geborgenheit, Zuverlässigkeit. Ich habe ihn nur selten ein Glas Wein trinken sehen, ich habe ihn nie volltrunken erlebt. Mir gegenüber war er stets zuvorkommend. Nie aggressiv, nie ungerecht ... bis zu unserem Streit jedenfalls.“
Sie sah zu Catherine hinüber.
„Ich wusste nicht, was ich wollte. Je mehr er versuchte, unsere Beziehung
normal
zu gestalten, desto mehr Angst hatte ich. Also hielt ich ihn auf Abstand und offiziell war das zwischen uns nichts weiter als eine kurzweilige Affäre. Wir hatten unsere Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten, aber irgendwie hat es trotzdem funktioniert. Er kannte meine Vergangenheit und war dennoch gewillt sich auf jemanden wie mich einzulassen. Am Tag, bevor ich abreisen wollte, hat er noch alles daran gesetzt, damit ich bleibe. Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, war ich bereit es zu versuchen, obwohl ich keine Ahnung hatte, wie es funktionieren soll. Den Rest kennst du. Wir haben uns gestritten, er glaubt mir kein Wort mehr und nun ist es vorbei.“
„Solche Dinge denkt sich niemand aus“, stellte Catherine kopfschüttelnd fest. Cady stellte die Tasse auf der Anrichte ab und verschränke die Arme vor der Brust.
„Er war anderer Meinung.“
„Er ist nicht der einzige Mann auf dieser Welt, Schatz“, bemerkte Catherine. Ihre Tochter zuckte mit den Schultern und lachte bitter auf.
„Schon gut, Mom. Das ist vorbei. Dieses Thema ist erledigt – endgültig. Ich bin dafür nicht geschaffen. Ich verliebe mich in jemanden und bin doch nicht in der Lage einfach nur glücklich zu sein. Ich weiß nicht, wieso ich so unfähig bin, aber ich habe gelernt, es zu akzeptieren.“
„Vielleicht liegt es an deinem verlorenen Zwilling“, meinte Catherine. Cady stutzte und starrte ihre Mutter an.
„Was?“
„Als du damals geboren wurdest, gab es zwei Kammern in der Fruchtblase, aber kein zweites Kind. Zu dem Zeitpunkt war man medizinisch noch nicht so weit, doch heute ist man sich einig, dass Embryonen schon viel mehr von dem wahrnehmen, was um sie herum vor sich geht. Ich habe mal eine Abhandlung darüber gelesen, dass Zwillinge, deren Bruder oder Schwester im Mutterleib verstirbt, diesen Tod durchaus wahrnehmen – selbst in den ersten Schwangerschaftswochen. Im Unterbewusstsein bleibt es immer verankert. Es kann ... es muss nicht, aber es kann, dazu führen, dass diese Menschen stetig versuchen eine engere Bindung zu Anderen zu vermeiden. Reiner Selbstschutz, um Enttäuschung und Schmerz über den Verlust eines Menschen nicht erneut erleben zu müssen.“
„Das habe ich nicht gewusst.“
„Ich habe mir bis zu diesem Zeitpunkt nie ernsthafte Gedanken darüber gemacht, aber es wäre eine Erklärung
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