Nur dieses eine Mal
Tagen ertappte sie sich immer öfter bei der Frage, ob es nicht fairer war, ihm wenigstens mitzuteilen, dass er Vater wurde. Aber dann erinnerte sie sich daran, was er gesagt hatte.
Wieso sollte ihn das interessieren?
Er hielt sie für eine Lügnerin.
Er hatte ihr vorgeworfen, ihn zu hintergehen.
Er war nicht fair zu ihr gewesen.
Es gab nicht den geringsten Grund, ihn damit zu behelligen und sie hatte keinen Bedarf daran, dass er ihr das Herz aus der Brust riss, um auf den letzten Resten herumzutrampeln. Trotzig legte sie auch die andere Hand auf ihren Bauch und strich gedankenverloren darüber.
Nein, Aléjandro Javier Pérez-Vasquez hatte sein Recht auf diese Kinder verwirkt.
Ein klappriger, brauner Pick-up näherte sich dem Farmgebäude und kam in einer kleinen Staubwolke auf dem Hof zum Stehen. Faiths Mann und ihre Tochter Samantha kletterten aus der Fahrerkabine. Die Sechzehnjährige kam zu ihnen auf die Veranda gelaufen, begrüßte ihre Mutter mit einem Kuss auf die Wange und drückte Cady kurz an sich.
„Dad meinte, ihr wollt heute Abend nach Blackall ins Kino. Ich bekomme zwanzig Mäuse von ihm, wenn ich auf Emily aufpasse. Ist das nicht supi!?“
Mit einem triumphierenden Lächeln sah Samantha zu ihrer Mutter hinüber. Faiths Augenbrauen hoben sich überrascht.
„Mir ist neu, dass wir heute Abend ins Kino fahren“, bemerkte sie irritiert.
Ian betrat die Veranda, klopfte sich den Staub von seinen Jeans und zog sich den Hut vom Kopf. Seine Miene war undurchdringlich, nur um seine Augen bildeten sich ein Kranz Fältchen, als er vergeblich versuchte sein Grinsen zu unterdrücken.
„Tja, eigentlich sollte das eine Überraschung werden, aber Sam ist wie immer ein wenig übereifrig. Ganz
deine
Tochter!“
Samanthas Augenbrauen hüpften unter ihren blonden Haarschopf und ihre Lippen formten sich zu einem stummen Oh.
„Uppsi!“
Faith warf einen genervten Blick zu Cady und schüttelte den Kopf.
„Unsereins hat früher wenigstens noch geflucht oder irgendwelche Fäkalausdrücke benutzt. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr mir diese Jugendsprache mit ihrem „
Uppsi
“ und „
Supi
“ und „
Bling-Bling
“ auf den Keks geht!“
Sie seufzte lautstark.
„Ehrlich, Cady. Ich wünsche dir von ganzem Herzen zwei Jungs und dass sie dich nur mit Fußball nerven. Mir graut es jetzt schon davor, wenn Emma in Sams Alter kommt.“
Cady zuckte unmerklich zusammen, wie jedes Mal, wenn Faith den Namen ihrer Tochter abkürzte und Cady sich unwillkürlich an ihre Vergangenheit erinnert fühlte.
Natürlich konnte Faith davon nichts wissen. Es gab ein paar Kleinigkeiten, die Cady auch ihr nicht anvertraut hatte und dabei wollte sie es belassen.
Lachend trat Ian neben seine Frau, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und hob Emily auf seinen Arm. Zärtlich küsste er die kleinen Wangen und knabberte sanft an ihrer Hand, während das Mädchen sich an seine Brust schmiegte.
„Ich könnte dich fressen, Schätzchen“, murmelte er.
„Erledige das bitte, bevor sie sechzehn wird“, bemerkte Faith.
„Mom!“
Mit einem Grinsen stand Faith auf und fing das Kissen ab, dass Samantha nach ihr warf. Cady legte den Kopf schief und verkniff sich ein Lachen. Es tat so gut hier zu sein und zu erleben, wie normal diese Familie war. Auch Faith war so ganz anders als früher.
Aus der zurückhaltenden, jungen Lehrerin, die Cady damals kennengelernt hatte, war eine selbstbewusste Farmerfrau geworden, die durchaus mit den rüden Sprüchen der männlichen Ranchmitarbeiter umzugehen wusste. Dieses Leben tat ihr gut und sie war unübersehbar glücklich.
Cady ließ den Blick schweifen.
Eigentlich hätte Ian sich einen anderen Wagen leisten können, immerhin hatte seine Frau ausreichend Vermögen mit in die Ehe gebracht, aber die Menschen im Outback blieben bodenständig. Er reparierte lieber seinen altersschwachen Transporter und verzichtete dafür auf einen protzigen Geländewagen.
Ein Kinobesuch in Blackall war schon ein Luxus, den sie sich selten gönnten und Cady freute sich darauf. Hier draußen lernte man wieder, die kleinen Dinge des Lebens zu schätzen.
Das Haus wirkte verlassen und der Garten sah deutlich verwildert aus. Aléjandro stieg mit einem unruhigen Gefühl aus dem Wagen und blickte sich um. In dem Moment, als er um die Ecke gebogen war, hatte er gespürt, dass er sie hier nicht finden würde.
Was hatte er erwartet?
Dass sie in der Tür stand und ihm bereits freudestrahlend entgegen sah?
Er
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