Nur dieses eine Mal
ihr die Zunge am Gaumen klebte und mit jeder Sekunde verwandelte sich ihre Erschöpfung in Entsetzen.
Das konnte unmöglich ihr Haus sein, das dort lichterloh in Flammen stand.
Erst der quer stehende Wagen eines Polizeibeamten ließ sie anhalten und aussteigen. Der Mann in Uniform kam ihr ein paar Schritte entgegen und schüttelte ungehalten den Kopf.
„Lady, hier gibt es nichts zu sehen. Drehen Sie bitte und fahren Sie weiter.“
Sie beachtete ihn gar nicht, sondern starrte zu dem Feuerinferno hinüber, das einst ihr Elternhaus gewesen war. Cady war wie paralysiert.
„Hey! Hören Sie mir nicht zu?“
Gedankenverloren musterte sie den Mann vor sich.
„Das ist mein Haus“, erwiderte sie leise. Sein angesäuerter Gesichtsausdruck verwandelte sich in einen Anflug von Scham und schließlich in Mitleid. Die Lippen aufeinander gepresst legte er ihr eine Hand auf die Schulter und betrachtete sie von oben bis unten. Ihre Finger krampften sich um die Autotür, neben der sie nach wie vor stand.
„Befinden sich noch irgendwelche Personen darin?“, wollte er wissen. Cady schüttelte fassungslos den Kopf. „Okay, trotzdem können Sie jetzt nicht dort hin, ma’am.“ Einen Augenblick starrte sie ihn nur an.
Natürlich war ihr klar, dass sie sich nicht in die Flammen stürzen konnte, um irgendetwas von dem zu retten, das ihr gehörte. Aber was sollte sie, seiner Meinung nach, stattdessen tun? Sollte sie sich ins nächste Diner setzen und erstmal einen Kaffee trinken? Sich den Finger in die Nase stecken?
Die Luft schien plötzlich zu dünn, ihr wurde schwindelig und die Kehle schnürte sich ihr zu. Das Bild vor ihren Augen verschwamm und flackerte. Sie sah die Flammen, die aus dem Dach schlugen, sie spürte die Hitze, die sich durch dicke Mauern fraß. All die Erinnerungen zerfielen in brennende Glut und es blieb nichts weiter übrig als schwarze Asche.
„Tief durchatmen, ma’am.“
Wenn er sie noch einmal ma’am nannte und sie sich dabei fühlte wie eine sechzigjährige Oma, würde sie ihm die Autotür vor sein Knie schlagen.
Vornüber gebeugt drückte sie die Hände auf die Oberschenkel, schloss einen Moment die Augen und versuchte den Schwindel zurückzudrängen, der sie erfasst hatte. Sie wusste, sie stand unter Schock. Die Hitze brannte hinter ihren Lidern und der Rauch kratzte in ihrem Hals.
Wie hatte das passieren können?
Wo sollte sie denn jetzt hin?
Aléjandro drängte sich an ein paar Schaulustigen vorbei und starrte zu dem Auto hinüber, das hinter dem quer geparkten Streifenwagen stand. Er war vor einer Stunde eingetroffen, nachdem Doris ihn, wie vereinbart, angerufen hatte, sollte etwas Ungewöhnliches passieren oder Cady nach Hause kommen.
Er war entsetzt gewesen, als er sah, dass ihr Haus in Flammen stand und das Feuer sich gierig durch Holz und Stein fraß. All die mühevolle Arbeit, die Cady hineingesteckt hatte, fiel dem Inferno zum Opfer. Sie würde aus allen Wolken fallen, wenn sie heimkam.
Da er hier ohnehin nicht helfen konnte und Feuerwehr und Polizei alles im Griff hatten, entschloss er sich nach Hause zu fahren, statt im Weg herumzustehen. Gerade als er zu seinem Wagen zurückkehren wollte, erkannte er Cadys alten Chevrolet.
Angespannt ging er weiter und sah sie schließlich, halb nach vorn gebeugt, vor einem breitschultrigen Polizeibeamten stehen, der sie zum Teil mit seinem eigenen Körper verdeckte. Sie hatte die Augen geschlossen und atmete offenbar tief durch, während der Mann auf sie einredete.
Aléjandro holte zitternd Luft.
Diesen Moment sie wiederzusehen hatte er sich so oft versucht auszumalen und dennoch war die Realität ganz anders. Sie schien ein wenig fülliger im Gesicht, nicht mehr so mager, wie zu Beginn, als sie in sein Haus gekommen war. Er lächelte. Es gefiel ihm, genauso wie die Tatsache, dass ihr Haar wieder blond war und niemand ihr länger nachsagen konnte, sie sei eine Kopie von Sienna.
Langsam ging er zu ihr.
Abgesehen von dem Schock, der ihr deutlich ins Gesicht geschrieben stand, sah sie gesund und erholt aus. Ihre Haut hatte Farbe bekommen, auch wenn sie unter ihrer Sonnenbräune blass geworden war.
Alles an ihr war schön. So ungeschminkt sie war, so hübsch war sie. Cady brauchte kein Make-up. Sie strahlte von innen heraus.
Er war noch drei Meter von ihr entfernt, als der Polizist beiseitetrat und Cady sich aufrichtete. Sie strich sich das Haar aus der Stirn, ehe sie ihre Hand auf den deutlich sichtbaren Bauch legte.
Die Zeit blieb
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