Nur ein Augenblick des Gluecks Roman
Derartiges finden würde. Middletown war eine Arbeitergemeinde. Eine Fabrikstadt, die wie verrückt gummierte Arbeitsschuhe und Autoteile produzierte, in der es nach Schwefel und heißem Metall roch und die überwiegend den Kindern und Enkeln italienischer und polnischer Einwanderer ein Zuhause bot. Hier war Margaret aufgewachsen, zusammen mit einer Mutter und einem Vater, die vernarrt in sie gewesen waren. MargaretsVater war Bibliothekar an der Wesleyan gewesen - ein poetischer, gelehrter Mann mit so geringer Sehkraft, dass er nicht Auto fahren durfte. Aus diesem Grund hatte er sich in Middletown niedergelassen, in der Nähe seines Arbeitsplatzes. Margaret und Middletown jedoch hatten nie so recht zueinander gepasst, sie war immer zu sehr Bücherwurm gewesen und außerdem, wie ihre Mutter, zu irisch
für diesen Ort; Margaret hatte ihren ersten und endgültigen Abschied von der Stadt genommen, als sie nach Norden gezogen war, um die University of Connecticut zu besuchen. Während ihrer Studienjahre, während des Aufbaustudiums und in den Sommerferien und nachdem sie ihre Lehrtätigkeit aufgenommen hatte, war Margaret gereist, um einen möglichst großen Abstand zu Middletown zu gewinnen. Sie kam viel herum, durch Europa und Asien und jeden Bundesstaat der USA. Jahre später, als sie zurück nach Connecticut kam, um einen Platz im Lehrkörper der Wesleyan anzunehmen, entschied sie sich dafür, sich in Essex niederzulassen, dem Inbegriff eines neuenglischen Dorfes und 30 Kilometer - und eine ganze Welt - entfernt von der Stadt, in der sie ihre Kindheit verbracht hatte.
Middletown war nicht die Art von Ort, an dem ein winziger, perfekter Flügel auf seine Entdeckung wartete. Als Margaret in ihren Wagen stieg, um sich auf die Suche nach T. J.s Geschenk zu machen, beschloss sie, nicht eher zu ruhen, ehe sie sein Klavier gefunden hätte. Sie wollte, dass T. J. bekam, was sein Herz begehrte, und dass er damit glücklich wurde. Ein Talent zum Glücklichsein war etwas, das Margaret instinktiv besaß, und sie teilte es gern.
Einmal, sie war durch Italien gereist, hatte sie eine Wahrsagerin aufgesucht. Eine Frau, deren Haut die Farbe reifer Pfirsiche besaß und die sie in einem kühlen Steinhaus empfangen hatte: luftig und offen, auf einem terrassierten Hang gelegen, von dem man den Blick über das glitzernde Meer schweifen lassen konnte. Es hatte duftenden Mandeltee gegeben und eine glasierte Platte mit winzigen, nach Butter schmeckenden Plätzchen. Die Wahrsagerin hatte Margaret erklärt, Gott sei zufrieden mit ihr, sie habe bereits viele Leben gelebt - und zwar auf gute Weise gelebt -, und dass es
nun, in diesem Leben, Margarets Schicksal wäre, glücklich und voller Freude zu sein und dieses Glück mit anderen zu teilen. Margaret war schließlich mit dem Gefühl aufgebrochen, dass die Wahrsagerin ihr Dinge gesagt hatte, die sie im tiefsten Inneren bereits gewusst hatte.
Auf der Suche nach T. J.s Klavier legte Margaret eine Strecke zurück, die einer Fahrt durch halb Connecticut gleichkam. Als sie es schließlich fand, wartete es in einem winzigen Schatzkästchen von Antiquitätenladen auf sie - im heiteren und wohlhabenden Westport. Die Besitzerin war so elegant wie ihr Ladenlokal; ihr einziger Schmuck war ein Armband - ein einziges, dickes Zierband aus gebürstetem Silber; ihr weißes Haar trug sie ordentlich am Hinterkopf aufgesteckt, und ihr einfaches schwarzes Kleid und die flachen Schuhe verströmten einen Hauch von Paris.
Neben ihr fühlte sich Margaret ungepflegt und zerzaust; und gleichzeitig beschwingt, denn auf dem Weg in den hinteren Teil des Ladens sagte die Frau zu ihr: »Ich habe genau das, was Sie suchen. Ich weiß nichts Genaues über seine Herkunft … ursprünglich könnte es als Schaufensterdekoration gedacht gewesen sein, vielleicht war es aber auch ein maßgefertigtes Spielzeug.« Die Frau blieb neben einem Marmorpodest stehen und trat beiseite, um Margaret einen Blick auf das Stück werfen und sich ihr eigenes Urteil bilden zu lassen. »Wie auch immer«, fügte sie noch hinzu. »Ich habe das Gefühl, es wird Ihnen gefallen.«
Das Ladenlokal wurde von kleinen Lampen mit Seidenschirmen sanft beleuchtet; das zusätzliche Licht, das außerdem durchs Schaufenster fiel, war wässrig und trübe. Der Regen, der schon den ganzen Tag über gefallen war, war noch stärker geworden. Doch selbst in diesem gedämpften Halbdunkel konnte Margaret genau erkennen, dass die
Frau sie zu einem echten Schatz geführt
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