Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nur ein Augenblick des Gluecks Roman

Titel: Nur ein Augenblick des Gluecks Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dianne Dixon
Vom Netzwerk:
hatte - der exakten Nachbildung eines Flügels, nur eben in einer auf kindliche Maße reduzierten Miniaturausführung. Der schwarze, geschmeidige Glanz der Politur schien die Textur einer Flüssigkeit zu besitzen. Die glänzenden Beschläge und Scharniere waren aus poliertem Messing. Die Tasten hatten zwar mit dem Alter einen gelblichen Farbton angenommen, wiesen aber nicht die Spur einer Unebenheit auf. Der Klang des Instruments war fließend und leicht - die Musik von Feen oder Glühwürmchen oder von in Gebirgsbächen schmelzendem Schnee.
    »Es ist allerdings nicht ganz billig.« Die Frau betrachtete Margaret und neigte ein wenig ihren Kopf - eine auf vornehme Weise abschätzige Geste. Margaret beantwortete die unausgesprochene Frage, indem sie ihr Scheckbuch öffnete und dieVerschlusskappe ihres Füllers abnahm. Es gab keinen Preis, den sie für das Glück ihres Sohnes nicht zu zahlen bereit gewesen wäre.

    Die Suche nach dem Klavier hatte mehr Zeit in Anspruch genommen als vermutet, so dass Margaret später als üblich nach Hause kam. Es war bereits dunkel. Zusätzlich zum Regen war es inzwischen auch stürmisch, und die Tropfen fielen in schweren, vom Wind getriebenen Schleiern.
    Als Margaret durch die Haustür trat, erwartete sie, dass T. J. und Kati mit Partyhüten auf sie zustürzten und es kaum abwarten konnten, dass die Geburtstagsfeier endlich begann. Stattdessen betrat sie ein leeres Zimmer, in dem Luftschlangen aus Krepppapier schlaff von den Vorhangstangen baumelten und eine Traube von Heliumballons in einer Ecke schwebte wie eine Versammlung gesichtsloser Geister.

    In der Nähe der Tür bemerkte sie eine schnelle Bewegung, auf die ein plötzliches Geräusch folgte - eine Luftschlange segelte zu Boden, und ein Ballon stieß mit einem einzelnen hohlen Klopfen gegen die Decke. Dann herrschte wieder Stille im Haus. Schnell stellte Margaret T. J.s winzigen Flügel auf dem geschlossenen Deckel ihres größeren eigenen ab. Sie rief nach Kati und T. J. - keine Antwort. Sie rief erneut. Und noch immer reagierte niemand.
    Margaret erklomm die Treppe im Laufschritt.Als sie oben ankam, entdeckte sie Kati, die bleich und angespannt in der Tür zu T. J.s Zimmer stand. »Er macht es schon wieder, Maggie«, flüsterte Kati. »Er hört gar nicht mehr auf damit. Ich habe Angst. Ich konnte ihn nicht dazu bringen, damit aufzuhören.«
    T. J. saß in der am weitesten von der Tür entfernten und engsten Ecke des Zimmers, wo die mit Holzdielen verkleidete Decke sich tief hinunter über ein Dachfenster zog. Er hatte die Knie an den Körper gezogen und die Arme um sich geschlungen. Sein Welpe Inky umkreiste ihn.Ängstlich. Und winselnd.
    Von der Lampe am Tor zur Auffahrt drang gedämpftes Licht durchs Fenster, doch T. J.s Gesicht lag im Schatten. Er blickte zum Fenster und starrte in den prasselnden Regen. In einem gespenstischen Singsang wiederholte er immer wieder: »Kenn ich mein Zuhaus’? … aber ja … aber ja … 8-2-2, Lima Street … und schon bin ich da.«
    Margaret wusste, dass es Stunden dauern konnte, ehe er zu ihr zurückkehrte; zurück in sein Leben, zu seinem Glück. Sie wusste es deshalb, weil diese Episoden zwar inzwischen seltener vorkamen, aber immer noch fest zu T. J.s Leben gehörten. Für ihn waren sie wie ein Versteck; eine ummauerte Dunkelheit, in der er Zuflucht finden konnte, wenn er sich
fürchtete. Es waren die hypnotischen Überreste seiner Vergangenheit; Fragmente, aus denen er sich einen vorübergehenden, selbstgemachten Zufluchtsort geschaffen hatte.
    »Was ist passiert, Kati?«, fragte Margaret bewusst ruhig und leise. Sie kniete sich neben T. J. und legte behutsam die Arme um ihn - sie wollte ihn die Sicherheit ihrer Umarmung spüren lassen, ohne ihn aufzuschrecken. Sein ganzer Körper war verkrampft, und sein Atem ging flach und schnell. Er wandte den Blick nicht vom Regen ab. »Kenn ich meine Eltern, aber ja, aber ja. Meine Ma heißt Caroline, und Robert mein Papa …«
    »Er hatte so viel Spaß, als er mir bei der Dekoration für die Party geholfen hat«, sagte Kati. »Aber als du nicht zur üblichen Zeit nach Hause kamst, wurde er immer zappeliger. Er drehte immer mehr auf und fragte alle zwei Minuten: ›Wo ist Mommy, wo ist Mommy?‹«
    Kati kam ins Zimmer und setzte sich neben Margaret. »Als es dann immer heftiger zu regnen begann und dunkel wurde, ist er einfach abgehauen. Er war so schnell die Treppe hinauf und in seinem Zimmer, dass ich ihn nicht aufhalten konnte. Und dann fing

Weitere Kostenlose Bücher