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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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vor der verspiegelten Wand.
    Und während ich noch hinsah, veränderte sich plötzlich sein ganzes Verhalten. Sein Mund sprang entsetzt auf und seine Augen waren starr auf etwas gerichtet, das ich nicht sehen konnte. Seine überhebliche Großtuerei wandelte sich blitzschnell in Angst, als er einen zögernden Schritt zurück machte, die Hände abwehrend vor der Brust erhoben, als versuchte er, sich zu schützen. Mein Plan hatte funktioniert: Callum war eingetroffen und jagte Rob den Schreck ein, den er verdiente.
    »Hau ab! Lass mich in Ruhe – HAU AB !« Seine Stimme war zu einem Kreischen angestiegen, und nun drosch er mit den Armen durch die Luft. »Wage das bloß nicht, ich verbitte mir … ich verbitte mir … ich …« Sein Kopf zitterte stark, und dann presste er sich die Hände auf die Ohren. Die Augen hatte er fest zusammengekniffen. »Hör auf, hör auf, HÖR AUF !«, schrie er gellend, während er auf dem Bürgersteig hin und her torkelte. Eine kleine Menschenmenge hatte sich versammelt, und ich sah, wie zwei Männer berieten, ob sie eingreifen sollten. Ich konnte mich nur zu gut an das unerträgliche Geräusch erinnern, das Lucas in meinem Kopf erzeugt hatte. Und nun vermutete ich, dass Callum bei Rob etwas Ähnliches machte.
    Rob taumelte nun mit gesenktem Kopf im Kreis, die Hände immer noch auf die Ohren gepresst. »Ha! Ich kann dafür sorgen, dass du aufhörst, du Missgeburt!«, brüllte er und ließ die Menge etwas zurückweichen. »Du bist nicht so schlau. Raus aus meinem Kopf!« Und damit riss er sich das Amulett vom Arm, schmiss es auf den Boden und sank erleichtert auf die Knie.
    Ich schoss über den Bürgersteig und schnappte mir das Amulett. Meine Euphorie steigerte sich bei dem Gedanken, was ich gleich im Spiegel sehen würde, wenn ich es anlegte. Ich schob es über mein Handgelenk und fühlte mich zum ersten Mal, seit es gestohlen worden war, wieder vollständig. Ich konnte spüren, wie die Kraft des Amuletts mich durchströmte, und es fühlte sich an, als würde sich etwas Lebendiges, Pulsierendes um mein Handgelenk klammern. Ich empfand mich als unfassbar gestärkt und schaute schnell zu den Fenstern, verzweifelt darauf aus, Callum wieder zu sehen. Direkt vor Rob stand ein großer Versunkener, und als er dabei war, die Kapuze zurückzuwerfen, musste ich lächeln. Doch es verging mir, als ich das Gesicht mit dem grausamen Grinsen erkannte. Es war alles ganz schrecklich schiefgegangen. Lucas war bereit zuzuschlagen. Diesmal war sein Plan wunderbar aufgegangen. Rob würde gleich seinen Verstand verlieren.
    »Callum!«, brüllte ich aus voller Kraft und nahm die Menschen gar nicht wahr, die auf dem Bürgersteig herumwuselten. Rob kniete ein paar Meter entfernt, atmete schwer und hatte keine Ahnung von der Gefahr. Lucas stand bei ihm und hatte die Hand nach seinem Kopf ausgestreckt. Ich schrie wieder: »Rob! Pass auf!« Aber da gab es nichts, vor dem er aufpassen konnte, und er hatte nichts, um sich zu verteidigen. Ganz genau erinnerte ich mich an Callums Worte:
»Solange du es trägst, beschützt es dich vor uns. Doch wenn es in der Nähe ist und du es nicht berührst … Also dann wissen wir, wo du bist, und du hast keinen Schutz. So wird das ganze Erinnerungsvermögen gestohlen.«
    Mir war auch klar, dass Rob Widerstand leisten und kämpfen würde, und das war das Schlimmste, was er machen konnte. Plötzlich war ich unglaublich wütend. Wie mies und voller Fehler Rob auch sein mochte, das hatte er nicht verdient. Irgendwie musste ich es verhindern.
    Die Wut und Enttäuschung in mir wurden immer stärker, und plötzlich hatte ich die seltsame Empfindung, als würde sich eine Schlange um mein Handgelenk winden. Das Amulett wusste, dass es wieder zu Hause war, und ich spürte, wie mich eine tröstliche Ruhe überkam: Ich hatte das Amulett, ich war verantwortlich, und ich würde dem hier ein Ende machen.
    »Lucas!«, schrie ich und hoffte, ihn damit abzulenken. Er drehte sich um und blickte mich in den verspiegelten Fenstern mit einem leeren Grinsen an, wobei die langen schwarzen, schmierigen Haare die Blässe seines Gesichts noch betonten. »Ich warne dich! Mach das nicht!«
    Ich schaute zu Rob. Er saß auf seinen Hacken, hatte die Augen geschlossen und hielt den Kopf in einem Winkel zurückgelegt, der sehr unangenehm wirkte. Die Arme hatte er nach beiden Seiten ausgestreckt, und mit den Fingernägeln kratzte er über den Boden. Er zuckte wie ein Tier bei einem grausigen Versuch. Es war

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