Nur ein Blick von dir
wurde immer noch von meinen Haaren verdeckt, doch jedes Mal, wenn ich den Mund aufmachte, konnte ich sie spüren. Aber das Schlimmste war unter meinem T-Shirt verborgen. Ich schob den ausgeleierten Ärmel hoch und betrachtete entsetzt den Abdruck des Golfschlägers, der da in einer hässlich kräftigen, bläulichen Farbe prangte. Bei dem Gedanken, dass der Schlag eigentlich meinen Kopf hätte treffen sollen, schauderte mich. Sie hatte mich wirklich töten wollen.
»Alex, du meine Güte!! Wir müssen das der Polizei melden. Man kann den Golfschläger ja richtig deutlich erkennen. Wenn Mum und Dad das sehen …« Ohne dass ich es gemerkt hatte, war Josh die Treppe heruntergeschlichen und hatte meinen Arm gesehen. Hastig zog ich den Ärmel wieder runter.
»Sieht ehrlich schlimmer aus, als es ist.« Ich lächelte schwach. »Und du hast doch gerade erst versprochen, es ihnen nicht zu erzählen.«
»Ich weiß, aber du kannst ihr das nicht durchgehen lassen.« Er zog mich in einer beschützenden, aber vorsichtigen Umarmung an sich. »Der muss eine Lektion erteilt werden.«
Ich klopfte ihm auf den Arm und machte mich los. »Danke, Josh, dass du dir Gedanken machst, aber ich regle das schon.« Mit Mitleid konnte ich nicht umgehen. »Die kriegt, was sie verdient, das verspreche ich dir«, fügte ich finster hinzu.
»Was willst du machen?«
»Da bastle ich noch dran«, gab ich zu. »Aber sie wird das noch bereuen.«
»Na gut, aber sei bloß vorsichtig. Es ist ganz klar, dass sie absolut skrupellos ist. Hast du eine Ahnung, wo du sie finden kannst?«
»Im Moment noch nicht, aber ich bin ziemlich sicher, dass ich sie aufspüren kann.« Ich sah sein verblüfftes Gesicht im Spiegel, da er hinter mir stand. Der Gedanke an Callum und wie er immer in genau derselben Position hinter mir gestanden hatte, lenkte mich für einen Augenblick ab.
»Wie?«, wollte Josh wissen.
»Also, sie scheint ein paar Freundinnen aus der Schule zu kennen, und ich hoffe, dass ich von denen ein paar Informationen kriegen kann.«
»Hoffentlich erzählst du denen, wer dir das angetan hat. Dann wird sie sehen, wer ihre Freunde wirklich sind.«
»Das ist keine schlechte Idee«, sagte ich langsam. Vielleicht war das der Hebel, den ich ansetzen konnte. Wenn sie scharf darauf war, ein paar gebrauchsfertige Freunde zu haben, dann musste sie auch befürchten, dass ich sie direkt gegen sie aufbringen konnte. Alles hing davon ab, wie wichtig es ihr tatsächlich war, und versuchen konnte ich es ja. Langsam sah ich einen Hoffnungsschimmer. »Morgen sind diese Blutergüsse bestimmt knallbunt.«
»Das ist die totale Untertreibung«, meinte Josh. »Bis morgen siehst du aus wie eine schlechte moderne Skulptur.« Er drehte mich um, so dass er mich direkt anblickte. »Aber denk dran, bei allem, was du machst, Psychopathin ist ein viel zu freundlicher Begriff für dieses Mädchen!«
Mich schauderte ein bisschen, als ich nickte. Er hatte recht.
»Gut, und da das jetzt geklärt ist, was machst du mir zum Mittagessen?«, fragte er betont fröhlich, damit ich mich etwas besser fühlte.
»Träum weiter! Ich bin schwer verletzt. Niemand kann von mir erwarten, dass ich ein Festmahl für Feinschmecker zubereite«, erwiderte ich möglichst leichthin und versuchte damit, mich seiner Stimmung anzupassen.
»Also das heißt dann mal wieder Bohnen mit Toast«, meinte er stoisch und ging in die Küche.
»Wunderbar. Bring meinen einfach rüber, wenn er fertig ist. Ich leg mich noch ein bisschen hin.« Er zögerte kurz, aber ich wusste, dass er nichts nach mir schmeißen würde – nicht dieses Mal. Ich schaffte sogar, ein kleines bisschen zu lächeln, während ich auf die tröstliche Behaglichkeit des Sofas zusteuerte.
Während des Nachmittags machte ich mir darüber Gedanken, wie Grace wohl mit den Dingen umging. Gestern hatte sie sich toll verhalten, doch ich war mir sicher, dass sie noch tausend Fragen hatte.
Ich fragte sie per SMS , wann sie frei hätte, und sie kam fast sofort vorbei. Ich hatte vergessen, dass wir mittwochs früher aus hatten. Rund zwanzig Minuten nachdem sie meine SMS bekommen hatte, klopfte sie an die Haustür. Ich hatte eigentlich noch etwas Make-up auf die fast dunkelvioletten Blutergüsse machen wollen, doch dafür war keine Zeit mehr. Sie wirkte richtig aufgebracht, als sie mein Gesicht erblickte.
»Jetzt siehst du sogar noch schlimmer aus. Ich glaube kaum, dass ein Abdeckstift noch viel ausrichten kann«, meinte sie und steckte ihr
Weitere Kostenlose Bücher