Nur ein Blick von dir
tun. Es ist doch offenbar die mächtige Quelle von irgendetwas. Vielleicht ist ihr etwas Bestimmtes passiert, als du es angelegt hast.«
»Das könnte schon sein«, stimmte ich zweifelnd zu und schaute auf die leere Stelle an meinem Handgelenk. Das Amulett war auf jeden Fall mächtig, das stimmte. Eine blasse Ahnung fing an, mir durch den Kopf zu ziehen, und ich fragte mich, wie mächtig es tatsächlich sein konnte.
»He, aufwachen, willst du jetzt die Maschine anstellen oder nicht?« Graces Frage schnitt den Gedanken ab.
»Ach, entschuldige, ja. Mir kommen einfach immer wieder die Erinnerungen.«
»Nun hör mal zu. Jetzt fang nicht wieder an, so schwülstig zu werden.« Sie fasste mich an beiden Händen und zog mich so herum, dass ich sie ansehen musste. »Ich glaub, ich hab bisher einen guten Job gemacht, und ich möchte nicht gehen müssen, wenn du gerade wieder in deine tiefe Schwermut abgleitest.«
Das wollte ich eben abstreiten, als das Telefon klingelte. Es war Mum, die so nervös klang, wie ich sie noch nie gehört hatte.
»Oh, Alex, was ein Glück, dass du zu Hause bist! Über dein Handy hab ich dich nicht erreichen können. Wir hatten einen schrecklichen Morgen, und ich brauche deine Hilfe.«
»Was ist denn passiert? Seid ihr beide in Ordnung?« Es sah Mum nicht ähnlich, so in Panik zu geraten, und ich ballte die bereits feuchten Hände zu Fäusten.
»Uns geht es beiden gut, mein Schatz – ich wollte dir keine Angst machen. Aber wir sind ausgeraubt worden. Am Flughafen. Jemand hat die Brieftasche mit den Pässen gestohlen.«
»Was? Wie um Himmels willen hat er das denn geschafft?« Dad achtete bekanntlich überängstlich darauf, dass die Brieftasche mit den Pässen sicher aufgehoben war.
»Ach, das ist eine lange Geschichte, aber es ist weitgehend meine Schuld. Ich habe sie nicht sorgfältig genug im Auge behalten, als ich in einer Schlange stand und mich mit jemandem unterhalten habe.«
»Oh, Mist.« Dad ist bestimmt wütend, dachte ich. »Und was soll ich für dich tun?«
»Kann einer von euch heute bitte in der Nähe des Hauses bleiben? Tut mir leid, wenn ich damit eure Pläne vermassle, Aber ich weiß nicht genau, welche Unterlagen die Botschaft gefaxt bekommen will, um uns vorübergehende Ausweise auszustellen.« Sie klang müde und beunruhigt.
»Natürlich, mache ich. Josh ist ja bei dem Musikfestival, aber ich hab jedenfalls für heute keine besonderen Pläne.«
»Tut mir leid, mein Schatz. Ich habe vergessen, dass du an diesem Wochenende allein bist. Wann wollte er denn zurückkommen?«
»Puh, morgen, glaube ich. Ich weiß es nicht mehr so genau. Aber ich kann ihm eine SMS schicken, um das rauszufinden.«
»Also ich weiß nicht, wie lange es dauert, bis wir dann einen Flieger kriegen. Heute scheint hier alles geschlossen zu sein, und keiner beeilt sich besonders bei irgendwas. Es können noch ein paar Tage sein. Mir gefällt es gar nicht, dass du alleine bist.«
»Im Ernst, Mum, das geht in Ordnung. Ich hab Ferien und muss nicht unbedingt irgendwohin, und letzte Nacht hat Grace hier geschlafen. Aber wenn du mich brauchst, ruf unsere normale Nummer an, nicht mein Handy. Ich, äh … also es ist mir ins Wasser gefallen und funktioniert nicht mehr.«
»Ach, Alex, du musst besser aufpassen! Es war ziemlich teuer.«
»Ich weiß, Mum. Es tut mir auch leid. Jedenfalls benutze ich im Moment unser Ersatzhandy, bis ich meins repariert bekomme. Hast du die Nummer von dem anderen?«
»Ich bin nicht sicher. Schickst du sie mir per SMS ? Das erklärt dann ja auch, weshalb ich dich nicht früher erreicht habe.«
»Entschuldige, ich hätte euch informieren sollen, aber ich wollte euch nicht beunruhigen.«
»Jedenfalls kam mir das komisch vor. Du bist sonst untrennbar von dem Handy. Hör mal, ich muss auflegen. Dad versucht gerade, mit der Polizei zu sprechen, und mit seinem Italienisch und ihrem Englisch geht das nicht so gut.«
»Oh, armer Dad«, meinte ich mitleidig, zumal ich wusste, wie sehr Dad es hasste, mit Beamten zu verhandeln. »Sag mir doch mal, wo die ganzen Unterlagen sind, dann hab ich sie zurechtgelegt, wenn du anrufst und du kannst mir sagen, was ich damit machen soll.«
Sie gab mir genaue Anweisungen, wo ich im Arbeitszimmer suchen sollte, das gewissermaßen bis zur Decke vollgestopft war mit Büchern, Aktenordnern und alter Korrespondenz. Dort irgendwas zu suchen hatte was von einem Abenteuer.
Sobald ich den Hörer aufgelegt hatte, brach Grace auf. »Hör mal, tut mir
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