Nur ein einziger Kuss, Mylord?
mich Ihnen aber dennoch versichern, dass ich nicht die Absicht habe, Sie ausgerechnet in der Bibliothek zu verführen. Nirgendwo unter diesem Dach, um ehrlich zu sein.“
„Wirklich?“ Was hatte dann sein Kuss zu bedeuten gehabt? Wenn je ein Kuss eine sündige Verführung verheißen hatte …
„Ich möchte Ihnen ein Angebot machen.“
Sie war so schockiert, dass ihr der Atem stockte. Unmöglich. Er konnte nicht vorhaben, ihr einen Antrag … Und selbst wenn …
„Wollen Sie meine Mätresse werden?“
Dieses Angebot wiederum war mehr als naheliegend.
Nach einem Moment des Nachdenkens sagte sie vorsichtig: „Sie werden mir den Unterschied zwischen Ihrer Offerte und einer Verführung sicher erklären können, aber …“
„Was das eine vom anderen unterscheidet, ist Ehrlichkeit, Miss Daventry“, unterbrach er sie. „Ich mache Ihnen keine romantischen Versprechungen. Keine Küsse im Mondschein, keine Schwüre unsterblicher Liebe. Ich spiele Ihnen nichts vor, nicht einmal körperlich. Ich begehre Sie und möchte, dass Sie meine Mätresse werden. Und nach diesem Kuss heute Nachmittag brauchen wir nicht so zu tun, als sei die Anziehungskraft zwischen uns nicht gegenseitig, oder?“
Sie schüttelte den Kopf. Ein kurzer Moment der Torheit. Und, der Himmel mochte ihr beistehen, die Erinnerung an die Zärtlichkeit seiner Umarmung, seines Kusses, brachte sie selbst jetzt, nach diesem nüchternen, geschäftsmäßigen Antrag, noch in Versuchung.
Er sprach weiter. Kühl. Vernünftig. „Es ist klar, dass Sie nicht zu der Sorte Frau gehören, der ich die Ehe anbieten kann. Aber Sie würden gut versorgt sein.“
Sie nahm die Äußerung hin, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie benannte nur eine Tatsache. Er konnte nicht ahnen, wie sehr sie in ihrem Fall zutraf. Abwartend sah sie ihn an.
„Ich besitze mehrere komfortabel ausgestattete Häuser in den umliegenden Ortschaften. Ich würde Sie in einem davon unterbringen und Ihnen einen angemessenen Unterhalt zahlen. Und ich würde Sie besuchen kommen. Unter Wahrung der notwendigen Diskretion, selbstverständlich.“
„Selbstverständlich“, murmelte sie. Diskretion , das Kennwort des Dukes. Der Grund, weswegen er der Beerdigung ihrer Mutter ferngeblieben war. Trotzdem würden ihre Nachbarn wissen, was für ein Leben sie führte, und sie schneiden. Sie hätte keine Gesellschaft, bis auf seine kurzen Besuche. Besuche, von denen sie nur allzu gut wusste, dass sie mit der Zeit in immer größeren Abständen erfolgten und schließlich ganz ausblieben. Und eines Tages würde sie ein Schreiben von ihm erhalten, in dem er die Beziehung für beendet erklärte. So war es bei ihrer Mutter gewesen. Mätressen dienten als Bettgefährtinnen, und wenn ihre Reize dahinschwanden, verschwanden auch ihre Liebhaber. Ihre Mutter hatte das Glück gehabt, dass der Duke ihr weiterhin Unterstützung gewährte.
„Sie würden einen großzügigen Beschützer in mir haben, Miss Daventry“, fuhr Lord Braybrook fort. „In jeder Hinsicht. Es gäbe einen rechtsgültigen Vertrag zwischen uns, der auch für ein eventuelles Kind Vorsorge träfe. Und Sie könnten sicher sein, dass ich Sie im Fall meiner Heirat nicht fallen lasse.“
„Ich verstehe. Eine reizende Aussicht für Ihre zukünftige Gattin.“
Er besaß den Anstand, zu erröten. „Sie missverstehen das. Die Anforderungen an eine Ehefrau sind andere als die an eine Mätresse. In meinen Kreisen verlangt man keine Treue, und ich bin kein Heuchler, der etwas von seiner Gattin erwartet, das er selbst nicht zu geben bereit ist. Sobald die Erbfolge gesichert ist, kann sie ihrer eigenen Wege gehen, wenn sie Diskretion walten lässt.“
Christiana hatte es noch nie in solch brutaler Offenheit gehört, aber sie verstand den Unterschied zwischen einer Ehefrau und einer Mätresse. Eine Ehefrau wählte ein Gentleman aufgrund ihrer Abstammung und ihres Vermögens, eine Mätresse aufgrund des Vergnügens, das sie ihm im Bett bereitete. Und was ist mit Liebe …?
Sie erstickte den Gedanken im Keim. Liebe spielte bei beiden Arrangements keine Rolle, das Ehegelübde war nichts als ein Lippenbekenntnis.
„Miss Daventry?“
Sie erhob sich. In ihr kämpfte schmerzliches Bedauern mit der Dankbarkeit für seine Offenheit und dafür, dass er nicht versucht hatte, sie mit Küssen und wohlklingenden Lügen zu verführen. Seiner Zärtlichkeit hätte sie nicht widerstehen können. Sondern sich vorgegaukelt, dass es mit ihm anders sein würde.
„Nein danke,
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