Nur ein einziges Wort
werden unser Haus aus den Nähten platzen lassen. Aber meine Mutter hat Recht, Weihnachten verkörpert nicht nur die Geburt Jesus. Es ist vielmehr auch ein Fest der Nächstenliebe. Nichts liegt mir dabei näher, als ihrem süßen Töchterlein das zu vermitteln und weiterzugeben.
Wenn es ihnen nichts ausmacht, möchte ich mich gerne nur ein klein wenig mit ihnen im Beisein unseres Pfa rrers Winkler unterhalten. Bitte deuten sie das nicht falsch. Ich möchte halt nur sicherstellen, dass alles seinen ordentlichen Verlauf nimmt. Es ist aber trotzdem schade, dass uns nichts anderes übrigbleibt als Vater und Tochter zu trennen. Aber die Kinder, die über Weihnachten in unserem Haus mit ihrer Tochter zusammen sein werden, sind so lieb wie ihre Stefanie, sodass sie sich wirklich keine unnötigen Sorgen zu machen brauchen.
Stefanie, du und ich, wir werden uns gut verstehen. Nur damit du es von Anfang an weißt, wir werden uns ein Zimmer teilen müssen, aber dein eigenes Bett wirst du schon bekommen.
‚Mom‘, du passt jetzt mal einige Minuten gut auf die beiden hier auf. Ich möchte nämlich mal versuchen, Pfarrer Winkler aufzutreiben. Sicherlich wird er uns zumindest auch einen Vorschlag einer Lösung bezüglich ihrer Unterkunft, Fabian, einbringen können.“
Ohne ein weiteres Wort verlässt sie den Saal, zwei Erwachsene und ein kleines Mädchen zurücklassend, das sein Glück kaum fassen kann.
Obwohl erst ein achtjähriges Mädchen mit unverkennbarer Kindlichkeit, wägt sie die sich vor ihren Augen abspielende Situation blitzschnell richtig ab und beschäftigt sich deshalb auch sofort ohne weiteres mit anderen weittragenden Gedanken.
Nach rund zehn Minuten, die Fabian wie eine kleine Ewigkeit erscheinen, öffnet sich die Eingangstüre und Tatjana tritt mit gleich zwei ihr folgenden männlichen Personen, in den großen fast menschenleeren Raum.
Vor sich herschiebend, bringt sie nämlich Pfarrer Herman Winkler und den trotz seiner Müdigkeit grinsenden Freund, Pfarrer Peter Weiler mit.
Peter Weiler schaut seinem Freund Fabian Bauer lange in die Augen bevor das unverhohlene Grinsen einem breiten Lachen Platz macht:
„Und?“
ist das einzige Wort, was seinem Mund entweicht.
Fabian streckt ihm seine offene Hand entgegen:
„Gewonnen, herzlichen Glückwunsch.“
„Nur halb mein Freund, bis jetzt nur halb. Doch Pfarrer Winkler hier hat dir einen Vorschlag zu unterbreiten.“
Der auch im Pfarrhaus untergebrachte Kaplan Frank Maurer hat gerade heute für zwei Wochen seinen verdie nten Weihnachtsurlaub angetreten. Pfarrer Winkler hat sich die Zustimmung des Kaplans eingeholt und bietet nun freudestrahlend das Zimmer Fabian an, um ihm die Auslagen für ein Hotelzimmer zu ersparen.
Auch er hat nicht die geringste Ahnung, wem er das Angebot unterbreitet aber vorsichtshalber bittet er Fabian, sich seine Bleibe für die nächsten Tage erst einmal anzuschauen. Schließlich, wie er aus Erfahrung weiß, ist der Raum nur äußerst spartanisch eingerichtet. Mit Handschlag stimmt Fabian dem Vorschlag zu, nicht jedoch b evor ihm sein Freund Peter Weiler mit einem auffälligen Augenzwinkern zu verstehen gibt, dass er, wie bereits vor Beginn ihrer Abmachung angekündigt, nun 100% der Gewinner ist.
Als wäre bereits etwas unwahrscheinlich Glückliches aber total Unvorhergesehenes eingetreten, ist alle Müdigkeit von Stefanie wie weggewischt. Als sie dann noch während der Fahrt zum Hause der Königs im Stanley Park den Vordersitz neben Tatjana einnehmen darf, schwelgt sie bereits in Träumen, die leider von der Wirklichkeit noch weit entfernt sind. Doch dies wird sich erst in den folgenden Tagen herausstellen.
Elisabeth König und Fabian Bauer haben sich nicht rein zufällig, sondern gewollt auf den Rücksitzen von Tatj anas Mittelklassewagen niedergelassen. Elisabeth ist, wie Fabian es nun am eigenen Leibe zu spüren bekommt, eine wahre Meisterin im Ausfragen nach den Dingen, die ihr am Herzen liegen. Sie möchte wissen, warum und weshalb er und sein Töchterlein Stefanie die weite Überseereise nach Kanada angetreten haben und das sogar in der Weihnachtszeit, obwohl sie wussten, dass ihnen doch hier niemand bekannt ist.
Offenherzig und ehrlich erzählt ihr Fabian, dass der Ebenthaler Pfarrer ihn dazu bewogen hat, um sein Kind dem Menschenschlag näherzubringen, der einen Teil des Lebens ihrer verstorbenen Mutter beinhaltet hat.
Je näher sie ihrem Wohnhaus kommen, je stiller und schweigsamer wird die ältere Dame neben
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