Nur ein einziges Wort
es mir gedacht hatte. Doch darf ich dir erst einmal vo rstellen; dies hier ist Herr Fabian,“ dabei nickt sie freundlich mit den Kopf in seine Richtung „und das liebliche Geschöpf an meiner Hand ist sein Töchterlein Stefanie. Vorhin haben sich die letzten unserer Leute mit ihren Ankömmlingen nach der Begrüßungsfeier auf den Heimweg begeben. Du weißt doch, dass ich mich in früheren Jahren in unserer Kirchengemeinde auch um das Wohlergehen der Betroffenen gekümmert habe. Ich sehe das als meine Christenpflicht an!“
„ Mom, kannst du mir bitte sagen, was das Gerede bedeuten soll?“
Dabei ergreift sie den noch freien Unterarm ihrer Mutter, um sie zum Gehen zu bewegen. Doch die ältere D ame ist anscheinend noch nicht am Ende ihrer Geschichte:
„Tatjana, der Herr Fabian und dieses süße Geschöpf hier an meiner Hand sind von Pfarrer Weiler mit den and eren nach Kanada eingeladen worden. Dabei hat er aber anscheinend nicht bedacht, dass Vater und Tochter hier keine Verwandten haben und auch niemand in unserer Gemeinde kennen, obwohl Herr Fabians verstorbene Frau eine ‚Gottscheerin‘ war, wie er mir in unserer kurzen Unterhaltung erzählt hat.“
Fabian, der während des gesamten Gespräches seinen Blick mehr nach unten als in die Gesichter der beiden Frauen gerichtet hat, blickt jetzt kurz in die Augen der direkt vor ihm stehenden älteren Frau:
„Frau König, falls es ihnen nichts ausmacht, würde ich mich freuen, wenn sie mich schlicht und einfach Fabian nennen würde. Das ‚Herr‘ ist wirklich nicht nötig. Also lassen sie es doch einfach weg.“
Ohne weitere Worte schaut er ihrer Tochter Tatjana in ihre opalgrünen Augen, deren Farbtöne sich je nach Lichteinfall verändern. Sichtlich vor Aufregung zitternd, entschuldigt sie sich bei ihm, bevor sie ihre Mutter zur Seite bittet, um mit ihr einige Worte allein und ohne Zuhörer zu wechseln. Mit einem Wortschwall, von dem er nur Bruchstücke auffängt, versucht sie, ihre Mutter von deren Vorhaben abzubringen.
Jedenfalls zieht Fabian seine Schlüsse daraus, als er bemerkt, dass ihre Mutter mehrfach heftig ihren Kopf schüttelt und sich nicht von ihrer Idee abbringen lässt.
Fabian hat sich inzwischen auf einem Stuhl niedergelassen und die kleine Stefanie auf seinem Schoß platziert. Geduldig sieht und hört er sich das Wortspiel der beiden Frauen an, weil er beschlossen hat, das Spielchen mitzuspielen ohne seine Identität preiszugeben. Anscheinend ist die alte Dame, soviel ist ihm inzwischen klar geworden, irgendwie irritiert. Vor allem hat sie ihn deshalb mit Herr Fabian angesprochen, weil die kleine Stefanie einige Male das ‚Bauer Haus‘ in Ebenthal erwähnt hat. Frau König scheint dieses mehr und mehr als Tatsache empfunden zu haben, dass es sich bei Fabian um einen Landwirt handelt, der der Besitzer eines Bauernhofes in der Nähe von Ebenthal zu sein scheint.
Fabians Erscheinungsbild bestärkt auch noch gerade durch seine legere Kleidung diese Ansicht. Er trägt nämlich eine dunkelblaue Jeanshose und dazu einen mittelgrauen Rollkragenpulli.
Die beiden Frauen steuern nach ihrem kurzen aber doch so entscheidenden Gespräch geradewegs auf ihn zu. Als er in die betroffenen Gesichter der beiden schaut, entschließt er sich, das Spiel zu beenden.
Kapitel 12: Halb verloren, halb gewonnen
Vorsichtig, als wäre sie zerbrechlich, hebt er sein Töchterlein von seinem Schoß. Noch bevor er den beiden vor ihm stehenden Damen eine höfliche aber bestimmte Absage erteilen kann, hat sich Stefanie mit dicken Tränen in ihren treuherzigen Kinderaugen zwischen Mutter und Tochter postiert und mit ihren Kinderhänden ergreift sie nach je einer Hand von Elisabeth König und ihrer hartherzig auftretenden Tochter Tatjana.
Gerade als Fabian seinen Mund öffnen möchte um den beiden mitzuteilen, dass er sich mit seiner Tochter in dem naheliegenden ‚ Four Seasons‘ Hotel einquartieren will, ist es nicht Elisabeth König sondern ihre Tochter Tatjana, die ihm zuvorkommt. Die goldfarbene Schürze an ihrem hübschen Dirndlkleid glattstreichend und dabei an Fabian so quasi vorbeischauend, nimmt sie ohne Vorwarnung Stefanies beide Hände in die ihrigen, um das Kind vor sich zu postieren:
„Fabian, darf ich sie auch so anreden, ich habe vorhin meiner Mutter nur klarzumachen versucht, wie es in u nserem Haus während der kommenden Weihnachtsfeiertage zugehen wird. Meine jüngere Schwester mit ihrer Familie als auch mein Bruder mit Frau und zwei Kindern
Weitere Kostenlose Bücher