Nur ein einziges Wort
erschrocken in das Gesicht des gut aussehenden Mannes, der neben dem Kind sitzt. Doch auch Fabian muss erst eine Weile überlegen. Auf eine solche Antwort seiner Tochter war er beim besten Willen nicht gewappnet.
„Stefanie, Frau König hat dich nicht gefragt ob du mit deinem Freund Tobias hier für mich auf Brautschau gehen willst. Sie möchte nur wissen, ob wir wie die anderen auch zum Verwandtenbesuch hier sind, stimmt’s? Und jetzt möchte ich dich inständig bitten, deine Weisheiten für dich zu behalten, bevor du hier vollkommen fremden Leuten irgendwelche Geschichten erzählst. Hast du das verstanden?“
Mit großen Augen schaut Stefanie ihrem Vater ins Gesicht:
„Papa, ich meine…, ich wollte…,“ weiter kommt sie nicht, denn tatsächlich hat sie nun die Neugierde der Frau geweckt und versucht hastig ihre kleine Hand deren Hand zu entziehen. Doch so leicht gibt Elisabeth König nicht auf. Stattdessen hält sie die kleine Patschhand des Kindes mit beiden Händen fest umschlungen.
„Es tut mir sehr leid, falls ich irgendetwas Falsches gesagt habe, es war wirklich nicht meine Absicht.“
Gerade diese Worte sind der ausschlaggebende Anlass für das gewitzte Kind und wie auf ein Kommando rollen nun die Tränen über ihr hübsches Gesicht. Vergeblich versucht sie diese mit ihrer freien Hand wegzuwischen:
„Papa, sei mir bitte nicht böse, aber als ich auf die Welt kam, ist meine Mama gestorben. Oft schon hast du mir gesagt, dass ich nur eine neue Mama bekomme, die ins ‚Bauer Haus‘ einziehen darf, wenn du sie genau so lieb hast wie meine Mama und mich. Tobias und ich wollen dir doch nur beim Suchen helfen.“
Elisabeth König ist erschrocken und erschüttert zugleich über die nun einmal unabwendbare Tatsache. Sie steht wie versteinert da und den Tränen nahe. Doch schneller als sie sich es selber vorgestellt hat, schaut sie erst dem Kind und danach Fabian in die Augen.
„Herr Fabian, wenn ich sie so ansprechen darf,“ dabei drückt sie die kleine Stefanie fest an sich, „wenn sie es erlauben, möchte ich gern ihr Töchterlein für die Zeit hier in Kanada bei mir aufnehmen. Es wird zwar über die Feiertage ein volles Haus bei mir sein. Ich habe nämlich einige Enkelkinder, die altersmäßig gut zu der kleinen Stefanie passen und ich könnte mir nichts Besseres vorstellen, als die gesamte Rasselbande um mich zu haben. Und du Stefanie darfst mich auch einfach ‚Omi’ nennen, wenn du willst.“
„Ja, wenn ich darf, bist du jetzt meine ‚Omi‘. Im ‚Bauer Haus‘ in Ebenthal habe ich ja auch schon meine ‚Oma Anni‘ und meinen ‚Opa Max‘.“
Fabian Bauer sitzt wie zu einer Statue versteinert auf der gegenüberliegenden Tischseite. Seine Gedanken schlagen Purzelbäume. Stefanie hat in ihrem kindlichen Gemüt und mit einer gehörigen Portion Schlitzohrigkeit eine Situation heraufbeschworen, der selbst er im Moment nicht gewachsen ist. Von wem sie das wohl geerbt hat?
Ohne Vorwarnung bricht er das Eis, als er mit schüchterner Miene sein Gegenüber anlacht:
„Frau König, ich weiß zwar nicht warum oder weshalb ich ihnen mein einziges Kind anvertrauen soll, aber ihre Gutmütigkeit und ihre Herzenswärme sind einfach nicht zu übersehen. Doch bitte genehmigen sie mir, die U nterbleibe meines Töchterleins anzusehen, bevor ich ihnen und Stefanie mein endgültiges ‚Jawort‘ gebe.“
„Das ist überhaupt kein Problem, meine Tochter Tatjana wird jeden Augenblick auftauchen, um mich abzuh olen. Selbstverständlich sind sie herzlich eingeladen, mit uns zu kommen.“
Als hätte diese geahnt, dass ihre Mutter sie gerade angekündigt hätte, öffnet sich die Türe und ein Wesen tritt herein, welches Fabians Blicken nach zu urteilen, aus einer anderen Welt zu sein scheint. Groß, mittelblond und mit der Figur eines Fotomodels, betritt Tatjana König den Raum und steuert zielstrebig auf den Tisch ihrer Mutter zu.
Fabian Bauer bleiben fast gleichzeitig der Verstand stehen und der Mund offen. Mit blitzschnellen Gedanken ordnet er dieses außergewöhnlich hübsche Wesen altermäßig in die Reihe der Anfang Vierziger ein.
„ Mom, wie lange muss oder soll ich noch draußen stehen oder können wir jetzt endlich nach Hause?“
Argwöhnisch schaut sie auf das Mädchen an der Hand ihrer Mutter, während sie fast gleichzeitig mit einer M ischung aus Arroganz und eisiger Kälte Fabian mit einem nicht gerade einladenden Blick streift.
„Ja Tatjana, alles hat halt etwas länger gedauert, als ich
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