Nur ein galantes Abenteuer?
Meinung geäußert, doch Lady Taunton besaß eine schnelle Auffassungsgabe, und bemerkte, dass ihre Nichte sich über ihre Einmischung ärgerte.
„Ich glaube, Sir Frederick sucht gerade nach einer Ehefrau, während Mr. Bellingham keine Absicht hat, zu heiraten. Es ist allgemein bekannt, dass er sich in seinem Junggesellendasein eingerichtet hat.“
„Ich nehme mal an, dass es auch noch andere Gentlemen gibt, Tante“, erwiderte Caroline. „Sollten wir nicht ein bisschen Geduld haben?“
„Du bist unverschämt.“ Lady Taunton zog ein erbostes Gesicht. Wenn Caroline meine Tochter wäre, hätte ich ihr die Frechheit rechtzeitig ausgetrieben, dachte sie. „Verdirb dir nicht deine Chancen, nur um mich zu ärgern. Wenn du halbwegs bei Verstand bist, solltest du bei Sir Frederick einen Vorstoß wagen“, sagte ihre Tante und entließ sie mit einer abschätzigen Handbewegung.
Caroline begab sich in die Halle. Sie wusste nicht genau, warum die Einmischung sie so aufregte. Vermutlich widerstrebte ihr vor allem der Eifer ihrer Tante, sie zu einer möglichst Gewinn bringende Ehe zu drängen. Das gab selbst einer netten neuen Bekanntschaft einen schalen Beigeschmack. Als sie das Türklopfen vernahm, versuchte sie, die unangenehmen Gedanken zu verdrängen.
Ein Diener öffnete und bat Mr. Bellingham in die elegante Eingangshalle. Der blaue Gehrock und die hellgrauen Hosen standen ihm sehr gut. Höflich nahm er den Hut ab, sodass seine blonden Locken sichtbar wurden.
„Guten Tag, Miss Holbrook. Sie sehen bezaubernd aus.“
„Ich danke Ihnen, Sir. Heute ist wunderbares Wetter für eine Spazierfahrt.“
„Ja, es weht ein leichtes Lüftchen, aber es ist trotzdem warm.“
Sie gingen nach draußen, wo sein offener Zweispänner wartete. Bellinghams Bursche hielt die Pferde. Freudig ließ sich Caroline in die Karriole helfen, deren Radspeichen gelb gestrichen waren und die von zwei prächtigen Grauschimmeln gezogen wurde. Ihr Begleiter ergriff die Zügel, und der Reitknecht sprang hinten auf.
Während der Fahrt zum Hyde Park blieb es zunächst bei höflicher Konversation, doch sobald sie die riesige Grünanlage erreicht hatten, vertieften sie sich in Gespräche über Bücher, die sie beide gelesen hatten. Das lieferte die Grundlage, um sich über die verschiedensten Dinge zu unterhalten, die für sie von Bedeutung waren.
„Reiten Sie zu Hause viel, Miss Holbrook?“
„Sooft ich kann und noch vor dem Frühstück, wenn das Wetter es zulässt. Mein Vater hat mich auf mein erstes Pony gesetzt, als ich gerade laufen gelernt hatte – und natürlich bin ich meistens mit Nicolas ausgeritten. Jetzt, wo er bei der Armee ist, vermisse ich ihn sehr.“
„Nicolas ist der jüngere Ihrer beiden Brüder, nicht wahr?“
„Wir sind nur elf Monate auseinander. Mein älterer Bruder hat natürlich das Anwesen zu verwalten. Ich mag Tom, aber mit Nicolas verbindet mich noch mehr.“ Sie lachte, als sie an all die gemeinsamen Streiche dachte, die sie in ihrer Jugend in Schwierigkeiten gebracht hatten.
„Verstehe“, sagte George. „Es ist klar, dass Sie mit Nicolas mehr gemeinsam haben, da Sie beinahe dasselbe Alter haben.“
„Es ist mehr als das.“ Caroline lachte. „Nicolas war immer ein wenig übermütig. Wir sind unseren Erziehern oft gemeinsam entwischt, und er hat stets versucht, alle Schuld auf sich zu nehmen, auch wenn die Ideen für unsere Abenteuer keinesfalls nur von ihm stammten.“
George lächelte. Ihr Lachen war ansteckend, und er fand sie hinreißend. Sie schien überhaupt keine Angst zu haben, offen ihre Meinung zu äußern.
„Sie hatten Glück, mit einem solchen Bruder aufzuwachsen. Ich dagegen war allein …“ Er brach ab, als er sah, wer ihnen zu Fuß entgegenkam. „Da ist Freddie. Ich denke, wir sollten einen Moment anhalten …“
Caroline schwieg. Sie wusste, dass sie seinen Freund begrüßen mussten. Dennoch hätte sie es vorgezogen, mit einem höflichen Nicken an ihm vorbeizufahren. Sir Frederick Rathbone verunsicherte sie, wohingegen sie sich in Mr. Bellinghams Gegenwart vollkommen wohl fühlte.
„Guten Tag, George – Miss Holbrook.“ Ihr Anblick zog Freddie in Bann. Das feuerrote Haar leuchtete unter ihrem schicken Hut hervor, der passend zu ihrem Kleid mit grünen Bändern festgebunden war. Es ließ sich nicht leugnen, dass sie eine Schönheit war. Sie wird keinen Mangel an Verehrern haben, dachte er und überlegte, warum ihn die Vorstellung irritierte. „Genießen Sie die Fahrt, Miss
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