Nur ein galantes Abenteuer?
Partie!“
„Ich habe nichts Schlimmes getan“, versicherte Caroline und kreuzte die Finger hinter dem Rücken. Wenn jemand sie in Jungenkleidung gesehen hatte, würde sie echte Schwierigkeiten bekommen.
„Bei Gerüchten bleibt immer etwas an einem haften. Du musst in Zukunft besonders vorsichtig sein und alles vermeiden, was weiteres Gerede zur Folge haben könnte.“
Sie befanden sich im Kleinen Salon, und keiner von beiden hatte den Türklopfer gehört. Daher waren sie überrascht, als ein Besucher angekündigt wurde. Caroline drehte sich um und lief mit einem Freudenschrei auf den jungen Mann zu, der auf der Türschwelle stand. „Nicolas! Wie schön, dich zu sehen. Ich hatte gehofft, dass du kommen würdest!“
„Nun, da bin ich, Schwesterherz.“ Fest schloss er sie in seine Arme. Er schien gewachsen zu sein, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, und die dunkelrote Uniform stand ihm ausgezeichnet. „Nun sag schon, was hat es mit Tom auf sich?“
„Komm mit nach oben“, antwortete Caroline und hakte sich bei ihm ein. „Es wird ihn enorm aufmuntern, mit dir zu plaudern. Zu seinem Leidwesen hat Mama ihm verboten, in den nächsten zwei Tagen aufzustehen.“
Nicolas neigte den Kopf in Richtung seiner Tante. „Ich hoffe, es geht dir gut? Ich werde dich später anständig begrüßen, aber ich würde gern zuerst zu meinem Bruder, wenn du uns entschuldigst?“
Caroline zog ihn aus dem Salon und drückte seinen Arm. „Du bist gerade rechtzeitig gekommen“, vertraute sie ihm an. „Tante Louisa war soeben dabei, mir eine Standpauke zu halten. Ich weiß, dass ich schuld an Toms Verletzung bin, denn er ist meinetwegen mit in den Korb eingestiegen. Aber man kann mir wahrhaftig nicht vorwerfen, dass ich in diesem Gasthof war.“
„Könntest du bitte eins nach dem anderen erzählen, Schwesterherz?“ Nicolas grinste sie an. „Dann habe ich eine Chance, irgendetwas zu verstehen.“
„Oh, du frecher Kerl!“, rief Caroline, erzählte ihm jedoch sofort die ganze Geschichte, bis sie vor Toms Schlafzimmer standen. „Du siehst also, dass ihr Gezeter ungerecht ist!“
„Ja, aber du musst lernen, dich besser zu verstellen. Beiß dir auf die Zunge und denk nach, bevor du antwortest. Es macht schließlich keinen Sinn, mit ihr zu streiten. Immerhin zahlt sie für deinen Aufenthalt.“
„Ich weiß ja, ich verhalte mich undankbar“, räumte Caroline ein wenig beschämt ein. „Sicher meint sie es gut, aber ich kann sie trotzdem nicht leiden.“
„Meine Favoritin ist sie auch nicht.“ Nicolas lächelte. „Doch jetzt lass uns erst einmal nach Tom sehen.“
Caroline nickte und folgte ihrem Bruder in Toms Schlafzimmer. Er saß aufrecht im Bett und las ein Buch, warf es jedoch mit einem Freudenschrei von sich, als er Nicolas erblickte.
„Wie gut, dass du hier bist!“, rief er. „Vielleicht kannst du Mama überzeugen, dass ich nicht auf dem Sterbebett liege, Nicolas. Ich habe zwar noch Schmerzen, und mein Arm fühlt sich in dieser Schiene unbeholfen an, aber ich werde an Langeweile zugrunde gehen, wenn ich hier noch zwei Tage herumliegen muss. Ich bin am nächsten Wochenende mit Großvater verabredet. Daher bleibt mir ohnehin kaum Zeit, mich zu vergnügen.“
„Gib ihr noch einen Tag nach“, riet Nicolas. „Nach allem was ich gehört habe, bist du mit einem blauen Auge davongekommen. Trotzdem solltest du es nicht überstürzen. Nachher kippst du uns noch um, und dann fällt unsere heißgeliebte Mama auch sofort in Ohnmacht.“
„Das glaube ich nicht“, widersprach Caroline mit leuchtenden Augen. Ihre mutlose Stimmung hatte sich durch Nicolas’ Ankunft gehoben. „In letzter Zeit macht sie einen viel glücklicheren Eindruck. Ich denke, sie hat einen heimlichen Verehrer …“
„Mama – einen Verehrer?“, riefen ihre Brüder gleichzeitig aus. „Du nimmst uns auf den Arm, Caroline!“
„Nein, aber bitte sprecht sie noch nicht darauf an. Ich habe ihn inzwischen zweimal gesehen … und sie mag ihn. Ich denke, er bewundert sie sehr, doch ich weiß nicht, wie weit die Angelegenheit gediehen ist.“
„Ich dachte eigentlich, du wärest auf der Suche nach einem Bräutigam“, bemerkte Nicolas lachend. „Ich würde mich für sie freuen. Sie und Papa sind einigermaßen miteinander ausgekommen, aber es war nicht alles eitel Sonnenschein. Und seit seinem Tod war sie furchtbar niedergeschlagen. Es täte ihr sicher gut.“
„Das sehe ich auch so“, stimmte Caroline zu.
„Es wäre gut für sie“,
Weitere Kostenlose Bücher