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Nur ein Hauch von dir

Nur ein Hauch von dir

Titel: Nur ein Hauch von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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nach ihrer Hand, ruderte mit den Beinen und versuchte, an die Oberfläche zu kommen. Und als wir endlich auftauchten, war da keine Erleichterung, kein Gefühl von Befreiung. Wir husteten uns kein Wasser aus den Lungen. Es machte schlicht keinen Unterschied, ob wir unter Wasser oder an der Luft waren. Wir waren noch immer in der Nähe der Leiter, also schwammen wir darauf zu. Am Ufer waren viele Menschen, und ich erwartete, dass sie uns bemerken, uns ein Seil zuwerfen oder ein Boot schicken würden, doch niemand nahm auch nur die geringste Notiz von uns.
    Wir zogen uns auf den Kai hoch, und immer noch reagierte niemand auf uns, nicht einmal die Kinder, die vorbeiliefen. Als Nächstes hörte ich ein entsetztes Keuchen. Catherine saß gleich neben mir, und hinter ihr rannte ein kleines Mädchen die Kaimauer entlang.
    Sie ist einfach durch mich hindurchgerannt,
rief Catherine völlig aufgelöst. Sie blickte auf, als eine ganze Horde von Kindern auf uns zugerannt kam. Sie spielten Fangen und tobten durcheinander. Einer der Jungen lief mir entgegen. Ich konnte die Sommersprossen auf seiner Nase sehen. Er wich seinen Freunden aus und lief genau auf mich zu. Ich streckte die Hände aus, damit er nicht gegen mich prallte. Ein seltsam prickelndes Gefühl durchfuhr mich, dann war er plötzlich hinter mir und rannte, immer noch lachend, im Zickzack weiter. Er war durch mich hindurchgerannt, als wäre ich gar nicht da.«
    Callum holte Luft. »Da wurde mir klar, dass ich nicht länger … am Leben war.« Er richtete seinen Blick auf mich. »
Was ist mit uns passiert?,
hörte ich Catherine flüstern.
Ich wollte tot sein, und jetzt bin ich zurück am Ufer, und die Kinder können mich weder sehen noch spüren. Callum, was hast du getan?
Sie schrie jetzt.
Was hast du mit mir gemacht? Was hast du gemacht?
Ich sah mich um, doch niemand beachtete uns. Ich war so wütend auf sie. Es war schließlich ihre Schuld,
sie
war ins Wasser gesprungen! Am liebsten hätte ich sie mit ihrer Hysterie alleine gelassen. Aber wir hatten ja nur uns …« Seine Stimme verebbte unglücklich.
    Ich wollte ihn in den Arm nehmen und trösten, aber da war nichts, was ich sagen oder tun konnte. Ich schwieg hilflos. Schließlich sprach er weiter.
    »Es dauerte lange, bis Catherine sich wieder beruhigt hatte, doch schließlich gingen wir los. Ziellos liefen wir durch die Stadt und wussten nicht, was wir machen sollten. Niemand konnte uns sehen. Und keiner von uns konnte sich daran erinnern, was vor dem … Unfall gewesen war. Catherine wusste nur noch, dass sie hatte sterben wollen, ich wusste, dass ich versucht hatte, sie davon abzuhalten, und dass sie meine Schwester war, doch darüber hinaus wussten wir nichts. Wir hatten keine Ahnung, wer wir gewesen waren, wo wir gewohnt hatten, geschweige denn, was wir jetzt tun sollten.
    Dann sah ich die Kuppel von St Paul’s und verspürte den eigenartigen Drang, dorthin zu gehen. Ich wusste nicht warum, ich wusste nur einfach, dass ich dorthin musste.
    Als wir vor der Kathedrale standen, herrschte dort der übliche Betrieb. Das Gefühl war schon eigenartig – ein Prickeln von der einen Seite meines Körpers zur anderen –, wenn ein Fremder durch mich hindurchging. Ich versuchte Kontakt aufzunehmen, doch niemand bemerkte mich. Vereinzelt schien einer der Fremden ein bisschen dabei zu schaudern, aber das war’s dann auch. Inzwischen stand Catherine völlig neben sich. Ihre Augen starrten wild, und sie murmelte vor sich hin, dass sie doch nur hatte sterben wollen. Da ich Angst hatte, sie würde weglaufen, hielt ich sie fest an der Hand. Als immer mehr Menschen durch sie hindurchgingen, wurde sie immer aufgebrachter und fing an, sie anzuschreien. Die Leute gingen weiter, ohne auf sie zu reagieren.
    Ich zwang sie dazu, stehen zu bleiben und mich anzuschauen, um sie dazu zu bringen zu akzeptieren, dass es nicht half, die Leute zu beschimpfen. Schließlich beruhigte sie sich ein bisschen, und wir gingen die Stufen zur Kathedrale hinauf.
    Ich weiß noch, wie ich zu den Steinmetzarbeiten an der Fassade hochgeblickt und mich gefragt habe, was mich wohl hierhergezogen hatte.« Bei der Erinnerung daran schüttelte Callum leicht den Kopf. Als er die Augen wieder hob und mich ansah, sah ich seine Qual.
    »Da hab ich sie dann zum ersten Mal gesehen, mindestens hundert auf der obersten Stufe.«
    »Wen?«
    »Unseresgleichen.«
    Ich keuchte. »Woher hast du das gewusst?«
    »Weil sie uns alle ansahen. Aber viel schockierender

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