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Nur ein Hauch von dir

Nur ein Hauch von dir

Titel: Nur ein Hauch von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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geworden bist, was du bist?«, fragte ich schließlich.
    »O doch. Aber willst du das wirklich wissen?«
    »Ich will alles wissen«, sagte ich fest. »Alles, was mit dir zu tun hat. Was du bist, wie du lebst, alles.«
    »Du verlangst viel von mir.« Er sah traurig aus, und ich konnte den Schmerz in seiner Stimme hören.
    »Erzähl mir alles, woran du dich erinnern kannst, von Anfang an.«
    Er holte tief Luft. »Ich hab keine Ahnung, wer ich früher war. Wenn dir das hier passiert, verschwindet alles aus deinem Kopf – als wäre dein Gedächtnis leergefegt.« Wieder starrte er in die Ferne. »Ich weiß, dass ich mit Catherine zusammen war, als es passierte, und ich weiß …« Er schloss für einen Moment die Augen, »dass sie sich etwas antun wollte. Wir waren auf der Blackfriars Bridge, und ich packte sie, um sie davon abzuhalten, ins Wasser zu springen. Ich versuche mich immer wieder daran zu erinnern, warum wir dort waren, und ich bin auch immer wieder zu der Brücke gegangen, damit vielleicht irgendeine Erinnerung in mir hochkommt, aber nichts. Der Fluss ist an dieser Stelle ziemlich tief und schnell. Bei Flut hat man da keine Chance. Catherine stand schon auf der anderen Seite des Geländers, und ich konnte die Verzweiflung in ihrem Gesicht sehen. Ich dachte, ich könnte sie aufhalten, sie zurückziehen … aber es war zu spät. Ich weiß noch, dass ich jemandem zugerufen hab, er solle Hilfe holen, also konnten wir nicht alleine gewesen sein, aber ich erinnere mich nicht, wer das war. Ich bin ihr hinterhergesprungen und dahin geschwommen, wo sie untergegangen war. Ich tauchte tief in das trübe Wasser, und nach einigen Versuchen fand ich sie tatsächlich. Sie klammerte sich an mich und zog mich mit nach unten. Ich versuchte, zurück an die Oberfläche zu schwimmen, aber sie war so schwer … zu schwer.« Er schloss die Augen wieder und schauderte bei der Erinnerung. »Die Strömung war stark, und ich konnte nicht dagegen ankämpfen. Wir sanken immer tiefer, und die Dunkelheit des Wassers war überwältigend. Ich wusste, dass ich an die Oberfläche kommen musste. Aber wo war oben? Ich versuchte, nicht in Panik zu geraten, doch meine Lugen waren kurz vorm Platzen. Die Sekunden verrannen – und ich konnte es nicht länger unterdrücken, nach Luft zu ringen. Meine Lunge saugte das salzige Wasser ein, und ich spürte, wie es immer tiefer in mich eindrang.« Wieder stockte er.
    »Doch während alldem war ich überzeugt, dass ich Catherine noch retten könnte. Sie war meine Schwester, und ich konnte sie doch nicht einfach sterben lassen! Mein Fuß streifte irgendetwas, und ich packte es mit meiner freien Hand. Catherine klammerte sich noch immer an mich, und das machte es schwer, mich festzuhalten, aber ich ließ nicht locker. Das Wasser schien plötzlich wärmer zu sein, als befänden wir uns nun in einer anderen Strömung, und ich spürte, wie ich die Wasseroberfläche durchbrach. Plötzlich wurde mir klar, dass wir an die Ufermauer geschwemmt worden waren, und das, woran ich mich festhielt, war eine alte verrostete Leiter. Eine Leiter! Das bedeutete, wir hatten es geschafft. Ich versuchte, uns beide die Sprossen hochzuhieven, als der Schmerz in meiner Brust explodierte …«
    Mein Hals war verkrampft, und ich spürte Tränen auf meinen Backen. Callum beschrieb gerade, wie es ist zu sterben.
    »Überall in mir pulsierte der Schmerz. Und dann, als ich dachte, es könnte nicht schlimmer werden, gab es einen Blitz in meinem Kopf, und eine große graue Nebelwolke überrollte mich. Als sich der Nebel verzogen hatte, merkte ich, dass der Schmerz weg war. Ich trieb unter der Wasseroberfläche im Fluss, der sich kein bisschen kalt mehr anfühlte. Ich nahm einen festen Griff um meinen Arm wahr, der sich dann aber löste.«
    Wieder brach er ab und blickte mich traurig an. »Dann merkte ich, dass ich unter Wasser atmen konnte.« Die Erinnerung daran schien ihn zu schmerzen. Ich streckte die Hand aus, im vergeblichen Versuch, ihn zu trösten.
    »Du brauchst mir nicht alle Einzelheiten zu erzählen«, murmelte ich.
    »Es wird dir helfen, uns besser zu verstehen, wenn ich nichts auslasse.« Ich spürte, wie er sich sammelte, um fortzufahren.
    »Ich wusste, irgendetwas lief hier schrecklich falsch. Wir hatten es nicht die Leiter nach oben geschafft, also musste ich eigentlich eine Leiche sein, die im Wasser trieb, aber ich fühlte mich … ganz normal. Überall um mich herum war Wasser, und da war Catherine. Ich tastete

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