Nur ein Hauch von dir
»Zuerst … zuerst hat sie mir nicht geglaubt, aber dann konnte ich sie damit überzeugen, dass ich von dir erzählt hab. Ihr ist klar, dass ich mir all das nicht hätte ausdenken können.«
Ich war mir nicht so sicher, ob ich überhaupt wollte, dass Catherine zu viel über mich wusste. Doch sie war Callums Schwester und vielleicht seine einzige Freundin in dieser seltsamen Welt, in der er lebte, und so biss ich mir auf die Lippe. »Hoffentlich hast du nicht zu sehr in die Einzelheiten gehen müssen.«
»Nichts, was peinlich für dich wäre. Nichts darüber, dass ich das hier machen kann.« Seine schlanken Finger zeichneten sanft die Linien meines Halses nach. »Oder das.« Seine Lippen fanden meine Schulter.
»Ich würde dich so gerne berühren«, rief ich und schlug frustriert auf das Lenkrad. »Du machst mich ganz verrückt, und ich kann nichts tun, als hier rumzusitzen.«
Er zog beide Hände zurück. »Tut mir leid. Ich hab gedacht, du magst das.«
»Ich liebe das! Ich würde dich nur auch so gerne anfassen!« Sehnsüchtig blickte ich ihn an. »Kannst du irgendwas von dem spüren, was ich mache? Du hast neulich gesagt, du könntest einen ganz leichten Widerstand spüren, wenn du mich anfasst. Was ist, wenn ich dich berühre?«
Er richtete sich neben mir auf. »Probieren wir es aus?« Er lächelte frech. »Wo willst du anfangen?«
Ich war plötzlich nervös und hatte Angst davor, ihn nicht spüren zu können. Im Auto war es jetzt dunkel, und ich sah ihn nur im Schein der Straßenlaternen. Er saß da und wartete geduldig.
Ich berührte ganz sanft seine Backe. Meine Finger spürten einen Hauch von Widerstand, als würden sie eine Seifenblase berühren. Ich sah im Spiegel zu, wie ich über sein Kinn strich. Callums Augen waren fest geschlossen. Ich ließ die Hand fallen.
»Hast du überhaupt was gespürt?«, fragte ich enttäuscht.
Langsam machte er die Augen auf, und es schmerzte beinahe körperlich, das Gefühl zu sehen, das darin lag. »Du hast mich berührt, Alex! Ich hab deine Finger in meinem Gesicht gespürt.« Eine einzelne Träne lief ihm über die Backe, und ich wollte sie sanft wegwischen. Er beugte sich mir entgegen. »Ich hätte nie geglaubt, dass das passieren könnte«, flüsterte er weich.
Ich hatte große Ehrfurcht vor dem, was hier geschah. Endlich konnte ich ihn auf dieselbe Weise berühren wie er mich. Schweigend saßen wir eine Weile ineinander verschlungen da. Ich konnte seine grüblerischen Augen sehen, die von der gleichen Farbe waren wie das Meer bei Mitternacht.
»O, Callum, was sollen wir nur tun?«, fragte ich schließlich. »Können wir … damit leben?« Ich strich über seinen Hals.
Er schien sich nur mit Mühe wieder konzentrieren zu können. »Ich weiß es nicht. Ich hatte nichts dergleichen erwartet.« Einen Moment blieb er still. »Ich glaube, es wäre das Beste, wenn wir …«, er brach plötzlich ab. »Wir haben Gesellschaft bekommen. Ich muss los. Bis morgen dann. Leg das Amulett nicht ab!« Schnell küsste er mich auf die Wange und war weg.
»Mist!«, rief ich, als Josh die Wagentür aufmachte.
»Nette Begrüßung! Was hast du denn hier so lange gemacht? Mum will wissen, ob du eine Tasse Kaffee haben möchtest.«
»Ich wollte nur ein bisschen meine Ruhe haben.«
»O, tut mir leid, das war’s dann wohl.« Er krabbelte auf die Rückbank und verstaute seine langen Beine im Wagen. »Kann ich dich mal kurz sprechen?«
Ich seufzte. Es war klar, was er wollte. Ich empfand eine vertraute Mischung aus Gereiztheit, Dankbarkeit und Zuneigung.
»Ich wollte dich nur fragen, was ich tun soll«, fing er an. »Dieser Arsch hat mächtig die Klappe aufgerissen, aber ich kenne deine Version der Geschichte nicht. Und ich möchte nicht alles noch schlimmer machen.« Er grinste mich entschuldigend an.
»Ich weiß es echt nicht. Ich hab zu keinem was gesagt, aber er erzählt rum, er hätte
mich
abserviert, und jetzt geht er mit Ashley. Sie flippt fast aus deswegen.«
»Also ich könnte ihm, du weißt schon, das Leben … etwas schwerer machen …«
Ich lachte. »Danke, Josh, ich weiß das Angebot zu schätzen, aber der ist die Mühe nicht wert.«
»Wenn du meinst. Aber wegen seiner Lügen knöpfe ich ihn mir noch vor. Damit kommt er nicht durch.«
Ich zuckte mit den Schultern. Im Moment kümmerte mich das echt nicht. Josh blickte mich fragend an.
»Sicher, dass es dir gutgeht? Irgendwie wirkst du … so unbeteiligt bei der ganzen Geschichte. So kenne ich dich gar
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