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Nur ein Hauch von dir

Nur ein Hauch von dir

Titel: Nur ein Hauch von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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nicht.«
    Ich nickte. »Wirklich, mir geht’s gut. Ich bin schon wütend auf ihn, aber im Grunde ist das doch Energieverschwendung.«
    Plötzlich setzte sich Josh kerzengerade hin. »Da gibt es noch jemand anderen, stimmt’s? Deshalb macht es dir nichts aus.«
    »Boh, das war jetzt aber ein Sprung!« Schnell drehte ich mich wieder nach vorne, damit er nicht sah, wie nah er der Sache gekommen war. »Wo hätte ich denn jemanden kennenlernen sollen?«
    »Hast du also nicht?« Er klang enttäuscht.
    »Nein, ich habe mir einfach klargemacht, dass er mich nicht verdient. Das ist alles.«
    »Da hast du recht, das tut er nicht.« Einen Moment lang war Josh still. »Kaum jemand verdient etwas so Mieses«, fügte er dann mit einem dreckigen Grinsen hinzu und zog sich so weit von mir zurück, wie es in dem kleinen Auto möglich war.
    Ich holte zu einem Schlag aus, aber er schnappte meine Hand, bevor sie brauchbaren Schaden anrichten konnte. Als wir noch eine Weile in freundschaftlichem Schweigen so dasaßen, sahen wir, wie der Hund unserer Nachbarn plötzlich um die Hausecke gerast kam, verfolgt von einem großen Fuchs. Josh konnte den kleinen weißen Terrier absolut nicht ausstehen, der ihn – als Kind – immer terrorisiert hatte, wenn er nach seinem Fußball gesucht hatte, und ich hörte, wie Josh vor Genugtuung grunzte. Trotzdem konnten wir einen so ungleichen Kampf nicht zulassen, und deswegen stiegen wir aus, um den Fuchs zu verjagen. Kaum war er in Sicherheit, knurrte uns der kleine Hund mürrisch an, und ich schwor mir, ihn beim nächsten Mal, wenn er Hilfe bräuchte, seinem Schicksal zu überlassen.
    Ich ging sofort in mein Zimmer, aber als ich in den Spiegel blickte, war Callum da nicht. Ich ging mit dem Gefühl ins Bett, dass ein wichtiger Teil von mir fehlte.
     
    Am nächsten Tag war wieder Fahrstunde, und deswegen traf ich Grace nicht im Bus. Ashley setzte weiterhin eine unerträgliche Siegermiene auf, und ich ging ihr so weit wie möglich aus dem Weg. Da ich nicht wusste, wann Callum auftauchen würde, war ich ziemlich nervös. Aber es war nichts von ihm zu sehen, und als es Zeit für den Fahrunterricht war, steckte ich das Amulett in meinem Rucksack, denn ich wollte es nicht riskieren, dass er mitten in der Fahrstunde auftauchte und mich ablenkte. Ohne den Armreif fühlte sich mein Arm ganz nackt an, und das beunruhigende Gefühl, etwas verloren zu haben, das ich schon den ganzen Tag empfunden hatte, wurde immer stärker.
    Doch als wir eine Rundfahrt durch das Einbahnstraßensystem von Kingston machten, war ich bald ganz von der Fahrstunde in Beschlag genommen. Ich brauchte jeden Rest von Konzentration, um nicht einen Zebrastreifen zu übersehen und das Tempolimit einzuhalten.
    Der Weg zurück in die Schule war dagegen ein Kinderspiel, und zum Glück fand ich dort einen guten freien Parkplatz. Als ich den Motor ausschaltete, stieß ich vor Erleichterung einen tiefen Seufzer aus.
    »Hey«, sagte Miss McCabe, »das war sehr gut. Hast du die Unterlagen schon abgeschickt?«
    »Die warten noch in meinem Rucksack. Ich wollte erst noch abwarten, ob Sie nicht denken, das letzte Mal wäre ein Zufall gewesen.«
    Sie lachte. »Schick sie ein, und wenn du deinen Termin hast, dann überlegen wir gemeinsam, wie viel Stunden du noch brauchst.«
    Miss McCabe steuerte das Lehrerzimmer an, und ich ging Richtung Mensa, um mir schnell noch ein Sandwich zu holen. Auf dem Weg kramte ich in meinem Rucksack nach dem Armreif, und als ich ihn mir überstreifte, war Callum sofort in meinem Kopf, laut, eindringlich und besorgt. Ich musste auf der Stelle stehen bleiben.
    »Was glaubst du eigentlich, was du da machst? Du darfst das Amulett NIE ausziehen! Niemals! Hast du mich verstanden?«
    Ich taumelte unter diesem Ansturm zurück und drückte die Hände gegen den Kopf, um den Lärm auszuschalten.
    »… so dermaßen verantwortungslos … Wenn du wüsstest, wie groß die Gefahr …«
    »Hör auf!«, zischte ich, so laut es ging, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. »Ich muss eine ruhige Stelle finden, wo ich dich sehen kann.« Ich marschierte zur Rückseite der Turnhalle, wo die Umkleideräume waren. Schnell überprüfte ich, ob die Toiletten frei waren, und verkeilte dann die Tür. Nachdem ich mich wieder etwas gefasst hatte, blickte ich in den Spiegel. In dem weißen gekachelten Raum wirkte Callum fehl am Platz. »So!«, sagte ich. »Jetzt beruhig dich mal. Wo liegt das Problem?«
    Wenn er hätte herumlaufen können, hätte er das getan.

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