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Nur ein Hauch von dir

Nur ein Hauch von dir

Titel: Nur ein Hauch von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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bisschen Spaß habe, dann ist das ein kurzes Zwischenspiel in einer sonst echt miserablen Existenz.«
    »Ich meinte auch nicht, dass ich mich gleich bei euch einschreiben will«, versicherte ich ihm. »Ich finde es nur gut, wie du aus dem, was du bist, das Beste machst. Bitte entschuldige.«
    Callum wirkte zwar etwas besänftigt, doch plötzlich war die Stimmung zwischen uns angespannt.
    »Ich muss gehen«, verkündete er plötzlich entschieden. »Ich fange an, unglücklich zu werden, und dann fange ich oft Streit an. Ich war schon zu lange bei dir, ohne irgendwelche Erinnerungen zu sammeln.«
    Ich überlegte. Callum war seit der Mittagspause bei mir, und jetzt war früher Abend. Erleichtert darüber, dass nicht ich seine Anspannung verursacht hatte, lächelte ich ihn an. »Du weißt doch, dass hier gleich um die Ecke ein Kino ist. In ein oder zwei Minuten bist du da.«
    »Schöne Idee, aber ich muss nach London rein. Matthew möchte noch einmal mit mir reden.«
    »Heißt das, dass du später nicht wiederkommen wirst?«, maulte ich.
    »Das hängt davon ab, wie erfolgreich ich beim Sammeln bin und auch wie es bei Matthew läuft. Ich muss warten, bis er wieder da ist, und bei ihm dauert es manchmal etwas. Wenn es geht, komme ich noch, aber wahrscheinlich erst morgen. Okay?«
    »Ich würde mich freuen, wenn du es noch schaffst, aber ich versteh das natürlich. Morgen hab ich keinen so schwierigen Tag in der Schule, also kannst du kommen, wann immer du willst. Aber du musst dich benehmen«, zog ich ihn auf. »Ich hab im Chemielabor zu tun, kein guter Ort für irgendwelche … Experimente.«
    Er lachte. »Chemie klingt noch schlimmer als Mathe. Es könnte Spaß machen, dich da auf andere Gedanken zu bringen.« Ich streichelte über seinen schlanken Hals, und er stöhnte leise. Dann entzog er sich mir.
    »Ich muss jetzt wirklich los. Ich liebe dich. Pass auf dich auf.«
    »Viel Erfolg beim Sammeln. Hoffentlich läuft das Gespräch mit Matthew gut. Bis morgen.« Ich spürte eine hauchzarte Berührung auf meinen Lippen, und er war nicht mehr zu sehen.
    Dieser Nachmittag war die längste Zeit, die wir miteinander verbracht hatten. Ohne ihn fühlte ich mich unvollständig und einsam. Die Vorstellung, meine Zukunft nicht mit ihm teilen zu können, wurde im selben Maße unerträglich, wie sie unvermeidlich war. Ich lehnte mich in dem Hängesessel zurück und beobachtete ein Rotkehlchen, das ganz nah bei mir auf einem Ast hockte und mich mit schief gelegtem Kopf ansah.
    »Was soll ich denn machen, Rotkehlchen? Kann man so leben? Kann das irgendwie funktionieren?«
    Das Rotkehlchen zwitscherte laut.
    »Etwa so wahrscheinlich wie eine Beziehung zwischen dir und mir, stimmt’s?« Ich seufzte. Der Vogel betrachtete mich noch eine Weile, stieß dann einen Triller aus und wirbelte davon.
    Traurigkeit überrollte mich wie eine Welle. So sehr ich auch nachdachte, mir fiel keine Möglichkeit ein, all die Probleme zu umgehen. Die Regeln der einzigen Welt, die ich kannte und verstand, halfen hier nicht weiter. Aber das Amulett hatte uns zueinandergeführt. Vielleicht hatte es ja noch andere verborgene Eigenschaften, die wir nutzen könnten. In diesem Moment, als die letzten Sonnenstrahlen seine Tiefen ausloteten, blitzte der Stein an meinem Handgelenk auf. Dann huschte ein Schatten über die Oberfläche. Aufgeregt nahm ich den Spiegel und sah mich um.
    »Callum? Bist du da?«
    Keine Antwort. Alles, was ich sah, war der Gemüsegarten meiner Eltern. Ich musste mich geirrt haben. Innerlich aufseufzend, raffte ich meine Sachen zusammen und ging ins Haus zurück.
    Josh lernte für seine letzten paar Prüfungen, und meine Eltern sahen sich ganz vertieft einen Dokumentarfilm an. Ich schob vor, dass ich Hausaufgaben zu machen hätte, und verzog mich in mein Zimmer.
    Wieder mal war ich völlig frustriert, weil ich keine Antwort auf all meine Fragen hatte. Auch im Internet hatte ich nichts gefunden, was mir weiterhalf. Vielleicht, dachte ich, sollte ich noch einmal ganz von vorn anfangen.
    Ich öffnete ein neues Dokument auf meinem Laptop und fing an, alles aufzuschreiben, was ich über das Amulett, die Versunkenen und Callum wusste. Als ich mich bemühte, alles in eine gewisse Ordnung zu bringen, fühlte ich mich gleich besser. Ich schauderte, während ich sammelte, was Callum mir über Catherines Selbstmord und seinen schicksalhaften Rettungsversuch erzählt hatte. Beim Schreiben nagte sich ein Gedanke bis ganz nach vorne in meinem Kopf.

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