Nur ein Jahr, Jessica!
Reinigung…“
Atempause! Ich schieße mit meiner Frage los: „Ich wollte heute Frikadellen machen, gnädige Frau, ist das Ihnen recht?“
„Ach Gott, Frikadellen. Mein Mann schwärmt immer für dänische Frikadellen, waren Sie einmal in Dänemark, da ist es aber komisch, sie frühstücken um ein Uhr und essen zu Mittag abends, nun ja, wir machen es ja beinahe auch so, mein Mann kann ja nicht zwischendurch zum Essen kommen, wir wohnen ja so weit weg, wir hätten auch eine Wohnung in Frankfurt haben können, aber da gab es keinen Garten…“
So geht es weiter und weiter. Entweder man muß höflich sein und sich das Geschwätz mit anhören, obwohl man wie auf Kohlen steht, weil man viel zu tun hat, oder man muß es so machen wie unsere herrliche Frau Brösen. Sie geht einfach weg und holt sich ihren Staubsauger. Dann bleibt die Gnädige ihr auf den Fersen und quasselt weiter, nur mit mehr Stimmaufwand, um den Staubsauger zu übertönen!
Wie Du siehst, leiste ich auch etwas für mein gutes Gehalt! Die Arbeit ist zu bewältigen, aber der Nervenverschleiß ist unbeschreiblich. Zum Glück hat der Direktor es so angeordnet, daß ich alles, was mit Kochen zu tun hat, selbständig erledige. Ich kaufe ein und schreibe meine Ausgaben genaustens auf. Als ich nach dem Haushaltsbuch fragte, sah die Gnädige mich an, als hätte ich gefragt, wo im Garten sich ihre Raketenabschußrampe befände. Ich bestimme auch die Menüs.
Alles, was recht ist: Einen dankbareren Menschen zu bekochen als den Direktor, könnte ich mir wohl kaum vorstellen! Neuerdings muß ich ihm morgens immer zwei Butterbrote zurechtmachen, die ißt er dann vormittags, statt in die Kantine zu gehen. Er will sich den Appetit auf das von mir gekochte, späte Mittagessen nicht verderben. Also hattest du recht, Kochen ist für mich das richtige!
Aber nächsten Sonnabend bekommen wir Gäste! Ich zittere schon ein wenig, und all meine Kochbücher öffnen sich von selbst bei den Abschnitten „Partymenüs“.
Na, genug davon. Es wird schon gehen. Ich muß eben von Frau Brösen lernen. Aber sie besitzt die Autorität des Alters, sie ist zweiundfünfzig- und ich bin schließlich etliche Jahre jünger als Frau Frisch-Nielsen.
Ich sehne mich nach Dir, Liebster. Aber jeden Morgen denke ich: Wieder ein Tag weniger bis zu meinem Studienbeginn und bis ich meinen Falko wiedersehen kann.
Schreib oft, Falko. Ich brauche Deine tröstenden Worte!
Von Reni habe ich gestern einen langen Brief mit einem Haufen Bilder aus Afrika erhalten. Auch von dem Besuch bei Sonja und Heiko und dem herrlichen Geparden. Falko, Liebster, glaubst Du, daß wir beide auch einmal so eine Reise machen können?
Von Mutti und Vati nur Gutes! Sie arbeiten hart, aber wer tut das nicht? Du auch, denke ich mir, mein lieber, fleißiger Tankwart!
Die Sonne scheint, und es ist erst zehn Uhr. Jetzt warte ich mit all den anderen Briefen, ich will hinaus an die Sonne! Weißt Du, was ich mache? Ich fahre in die Stadt und gehe in den Zoo! Da kann man so großartig allein gehen, da ist man nicht unbedingt abhängig von menschlicher Gesellschaft. Und die fehlt mir sonst sehr. Ich bin eben verwöhnt mit guten Freunden, hier habe ich keinen Menschen.
Na, es wird schon gehen. Es muß gehen! Zehnmal pro Tag sage ich mir selbst: Denk an das Gehalt! Und halte durch! Es geht ja nur um ein Jahr. Nur ein Jahr – nur ein Jahr…
Und da oben in Kiel sitzt (oder steht oder läuft oder liegt unter einem Auto) ein ölverschmierter, schmutziger, schwitzender Tankwart, den ich über alles auf der Welt liebe und der – o unfaßbares Wunder – mich liebt!
Siehst Du, Liebster: Ich bin doch ein glücklicher Mensch!
Ihre ganze Liebe, ihr ganzes Herz schickt Dir Deine Jessi
Begeg n ung im Zoo
Das war eine gute Idee, dachte ich mir, als ich meine Karte gelöst hatte und vor der Anlage mit den vielen rosa Flamingos stand. Wie sahen sie doch hübsch aus! Und es war schön, allein und unabhängig zu sein. Wenn ich vor einem Gehege lange stehenbleiben wollte, hinderte mich niemand daran. Ich konnte mich still auf eine Bank hinsetzen, wenn ich Lust hatte, und ich konnte zurückgehen, wenn ich ein Tier genauer studieren wollte. Und es gab genug zu sehen!
Aber es waren schrecklich viele Menschen da, ich hatte den Eindruck, daß halb Frankfurt plus ein paar tausend Touristen sich in den Kopf gesetzt hatten, ausgerechnet heute in den Zoo zugehen!
Gewiß, ich empfand es schön, allein zu sein. Und doch – wenn ich
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