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Nur ein Jahr, Jessica!

Nur ein Jahr, Jessica!

Titel: Nur ein Jahr, Jessica! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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fand, schlug ich vor, ein Fleischfondue zu servieren. Es würden nur vier Gäste kommen, und für sechs Personen reichte gerade der Kocher.
    Der Direktor war begeistert, und die Gnädige lammfromm. Was ihr „Dicker“ sagte, schien ihr immer recht zu sein. Zu ihm war sie überhaupt reizend, in einer naiv-kindlichen Art, und er hatte einen gutmütigen, hilfreichen Beschützerton ihr gegenüber.
    Ob er wohl ahnte, wie schrecklich es sein konnte, den ganzen Tag mit ihr verbringen zu müssen?
    „Der wees et schon!“ meinte Frau Brösen. „Deshalb zahlt er ja auch solche Gehälter!“
    „Aber die Hausgehilfinnen bleiben ja doch nicht lange“, meinte ich. Ich stand in der Küche und fabrizierte Fonduesoßen oder Dips, wie Tante Christiane immer sagte, und der Kühlschrank wurde allmählich mit netten kleinen gefüllten Schälchen vollgestellt.
    „Die Marie blieb allerdings drei Monate“, erzählte Frau Brösen, die am kleinen Küchentisch gerade das Silber putzte. „Dann kriegten sie sich in die Haare wegen eines Staublappens, und dann war es aus!“
    „Ach, war sie es, die mit dem Staublappen das Geschirr abgetrocknet hatte?“ fragte ich.
    „Von wegen! Die Gnädige hatte eine Packung Allzwecktücher gekauft. Und als die Marie das Wort Allzweck las, nahm sie ein Tuch aus der Packung und rieb die Gläser damit ab, das ging prima. Dann kam aber die Gnädige und machte ein furchtbares Affentheater, dies seien doch Staubtücher, sie habe sie als solche gekauft! Und als Marie etwas von Allzwecktücher erklärte, antwortete sie…“
    „Ich nehme sie als Staubtücher!“ unterbrach ich und ahmte die Stimme der Gnädigen nach.
    „Jenau das hat se jesacht!“
    „Aber die Marie müßte doch so was gewohnt gewesen sein.“
    „War sie auch! Aber dann hatte die Gnädige Damenkaffee, und da hörte Marie, daß sie all den Gästen von dem furchtbaren Mädchen erzählte, das das Geschirr mit dem Staubtuch abtrocknete! Dann platzte der Marie der Kragen, sie packte ihren Koffer und verschwand! Aber mit der Silke geschah noch Schlimmeres. Sie hielt es auch eine Zeit aus und sparte Geld für die Aussteuer. Eines Tages hatte sie Kopfschmerzen und nahm eine Tablette. Da fragte die Gnädige, was sie nähme. Und Silke zeigte das Tablettenglas und erklärte, es sei ein sehr gutes Mittel, es mache nicht schläfrig, weil ein bißchen Koffein drin sei. Da machte die Gnädige Augen, und Silke konnte nicht begreifen, daß alle Nachbarn sie so komisch anguckten und hinter ihrem Rücken flüsterten. Bis sie erfuhr, daß Frau Frisch-Nielsen überall erzählte, das Hausmädchen nähme Kokain! Ja, dann gab es ein Donnerwetter, und sie meinte noch, daß Kokain und Koffein ja ungefähr das gleiche sein. Mensch, war das ein Theater! Ich arbeitete gerade hier und hörte es. Als dann Silke endlich ,Sie verdammte alte Klatschbase!’ sagte, flog sie natürlich hinaus. Und dann bekamen sie niemanden. Darauf kaufte der Direktor den Geschirrspüler, den Heimbügler, die Küchenmaschine und Elektrofriteuse und meinte, jetzt könnte sie es ohne Hilfe schaffen, also nur mit mir freitags. Aber Sie wissen ja, wie das ging! Der Geschirrspüler wurde nicht benutzt, die Mangelwäsche wurde weggeschickt, weil die Gnädige nicht begriff, wie sie den Heimbügler behandeln sollte. Die Küchenmaschine wurde auch nicht ausgepackt, und als sie die Friteuse anmachte, hatte sie nichts drin. Das Ding wurde glühend heiß, und es gab einen Kurzschluß. Ja, dann hieß es noch einmal eine Hausgehilfin suchen, und nun sind Sie gekommen!“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Ich begreife überhaupt nichts, Frau Brösen! Dabei gibt es doch Sachen, welche die Gnädige wirklich kann! So, wie sie ihren Garten pflegt und die Topfpflanzen! Davon versteht sie doch eine Menge!“
    „Kunststück! Vatan war doch Gärtner! Und Muttan Schneiderin! Ja, von Blumen und Klädasche versteht sie schon was, aber damit ist es stopp und Feierabend!“
    „Wie ist das bloß möglich“, dachte ich laut vor mir hin. „Sie muß doch darüber nachdenken, wenn sie mit einem Hausmädchen nach dem anderen Krach hat. – Sie muß doch verstehen, daß sie selbst schuld hat. – Will das denn gar nicht in ihren Kopf?“
    Frau Brösen sah mich mitleidig an. „Ick höre immer Kopp!“ sagte Frau Brösen und ließ den heißen Wasserstrahl auf das neugeputzte Silber los.
    Es war Samstag.
    Schon am Vormittag deckte ich den Tisch für das Fondue, denn das Mittagessen konnte ich auf der Terrasse servieren. Es

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