Nur ein Katzensprung
bereits am Tisch.
„Dann man los, meine Herren. Marc.“
Marc nickte. „Ich habe nur vorläufige Ergebnisse. Die Untersuchungen dauern noch ein paar Tage. Was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass es sich um eine männliche Leiche handelt, blond, blaue Augen, eine Zahnspange.“ Er zupfte an seinem Hemdkragen. „Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Junge entführt und dann entkleidet wurde. Wir haben Fasern einer Wolldecke an ihm gefunden. Anschließend hat der Täter ihn komplett in Frischhaltefolie eingewickelt, was zum Tod durch Ersticken führte.“ Er hielt inne. Niemand sagte ein Wort.
Schließlich räusperte sich Mausig.
„Ich habe bereits einen Datenabgleich durchgeführt. Wir haben zwei Vermisstenmeldungen, die passen. Ich habe die zuständigen Dienststellen um weitere Informationen gebeten. Spätestens in zwei Stunden sollten wir wissen, ob unser Toter einer der beiden ist.“
Stefan Ollner meldete sich wie in der Schule. „Wie muss ich mir das vorstellen? Hat sich jemand ein Kind geholt und es in Folie eingewickelt, um es frisch zu halten? Wozu soll das gut sein?“
Kofi wollte sich zwar nichts von alledem vorstellen, sagte aber: „Vielleicht wusste der Täter nicht, dass ein Kind stirbt, wenn er es einwickelt. Vielleicht will er es beschützen.“
„So wie du dein Leberwurstbrot, oder was?“
„So ungefähr. Warum sonst Klarsichtfolie?“
„Damit er zuschauen kann, wie es langsam erstickt? Es laufen doch genug Irre in der Gegend herum.“
„Meine Herren“, mischte Mausig sich ein, „wir müssen alles in Betracht ziehen. Handelt es sich um haushaltsübliche Frischhaltefolie?“
„Markenware würde ich sagen, sehr reißfest.“
Stefan fragte: „Haben wir sonst irgendetwas? Konntest du feststellen, wie lange er dort gelegen hat?“
„Das ist interessant. Der Mann, der ihn gefunden hat, sagt, dass er jeden Tag mit seinem Hund diesen Weg entlanggeht. In den letzten Wochen ist er dabei immer zu einem Apfelbaum gegangen, der ganz nahe am Fundort steht, um sich einen Apfel zu pflücken. Er schwört Stein und Bein, dass der Junge am Tag zuvor noch nicht da gelegen hat.“
„Können wir davon ausgehen, dass der Täter ihn Sonntagnacht abgelegt hat?“
„Wahrscheinlich wird er ihn nicht tagsüber dorthin gebracht haben. Also ist Sonntag plausibel.“
Kofi rieb sich die Augen. „Stellt sich die Frage, ob das Verschwinden Kelvins etwas mit dem Auftauchen der Leiche zu tun hat?“
„In der Tat.“ Guntram Schnitter zog eine Grimasse. „Hat er sich ein frisches Kind geholt, weil das andere in seiner Verpackung angefangen hat zu gammeln?“ Er schüttelte sich. „Da kommt einem ja die Galle hoch.“
„Gehen wir von einem Täter aus?“
„Eine Frau halte ich für abwegig. Und mehrere Täter?“
„Ich denke da an diesen Kevin, der vor einigen Monaten durch die Presse ging, den mehrere Erwachsene missbraucht haben, bevor sie ihn verschwinden ließen.“
„Wurde dieser Junge auch missbraucht?“
„Dazu kann ich noch nichts sagen.“
„Wo kann man unbemerkt ein Kind verstecken?“
„Wenn es still ist, in jeder Wohnung.“
„Vielleicht wickelt er sie deswegen ein, damit sie keinen Lärm machen.“
Mausig stand auf und klopfte auf den Tisch. „Meine Herren, ich verbitte mir den Plural. Noch ist weder erwiesen, dass die beiden Fälle zusammenhängen, noch dass Kelvin ebenfalls tot ist.“
Er wandte sich an Ollner. „Wir haben außerdem noch einen vermissten Erwachsenen. Gibt es da Erkenntnisse?“
Ollner nahm sein Notizbuch in die Hand, referierte aber, ohne es aufzuschlagen. „Leon Scharfetter, 32 Jahre, sportlich, Banker, Programmierer und Webdesigner, gründet eine kleine Consultingfirma und verschwindet unter ominösen Bedingungen aus eben dieser. Er hinterlässt einige Blutflecken und viel Unordnung.“
„Sie glauben nicht an einen Überfall?“
„Es wirkt alles konstruiert. Es fehlte noch, dass er einen halben Namen mit seinem eigenen Blut an die weiß gekalkte Wand geschrieben hätte.“
„Was hast du vor?“ Herbert Heinrich beugte sich interessiert nach vorn.
„Ich denke nicht, dass da Gefahr im Verzug ist, ich werde mir heute seine Wohnung anschauen, sobald ich dafür eine Genehmigung habe, und dann könnte sich jemand die PCs angucken. Wahrscheinlich sitzt er bereits auf den Malediven und schlürft einen Cocktail, während wir nach ihm suchen.“
„Aber die Kinder haben Vorrang“, sagte Mausig.
Kofi lag eine Frage auf der Seele, die er schon
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