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Nur ein Katzensprung

Nur ein Katzensprung

Titel: Nur ein Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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konnte.

    Zuerst sahen sie von weitem die Blinklichter, dann die Absperrungen. Sie parkten schief am Straßenrand und sprangen aus dem Wagen.
    Guntram Schnitter kam auf sie zu, hielt sie mit einer ausholenden Handbewegung auf.
    „Er ist es nicht.“
    Beide stutzten. Kofi fragte: „Wie meinst du das?“
    „Zu stark verwest, ist schon länger tot, als der Junge verschwunden ist, also der andere, Kelvin.“
    Langsam ging Kofi auf die Stelle zu, an der sich Marc über einen kleinen Körper beugte. Eindeutig ein Kind, aber Kofi konnte nicht einmal erkennen, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelte.
    „Was hängt da dran?“
    Marc richtete sich auf. „Frischhaltefolie. Er war damit komplett eingewickelt.“
    „Er?“
    „Ja, es ist ein Junge, ungefähr sechs bis acht Jahre alt, würde ich schätzen.“
    „Wann und wie?“, fragte Kofi mit belegter Stimme.
    „Das kann ich ohne Laboruntersuchung überhaupt nicht sagen. Mindestens zwei oder drei Wochen, und meine Vermutung zur Todesursache möchtest du erst hören, wenn ich sicher bin, sonst bekommst du noch für umsonst Alpträume.“
    Sofort begannen die Rädchen in Kofis Gehirn zu rattern. Er zwang sich, damit aufzuhören.
    „Wir fahren in die Dienststelle und schauen uns mal die Vermisstenmeldungen an.“
    War das Zufall? Sie suchten ein vermisstes Kind und fanden ein totes, das sie gar nicht gesucht hatten. Gab es einen Zusammenhang?
    Kofi hörte eine Autotür klappen und dann einen langgezogenen Schrei.
    „Was ist da los?“ Stefan Ollner versuchte, etwas zu erkennen. Guntram Schnitter schien mit jemandem zu ringen. Kofi lief zu ihm. Er brauchte einen Augenblick, bevor er erkannte, was da vor sich ging.
    Frau Jänicke wollte zum Fundort, und Schnitter versuchte, sie daran zu hindern. „Ich will mein Kind sehen, lassen Sie mich durch.“ Sie schluchzte die Worte mehr, als sie zu sprechen.
    „Das ist nicht ihr Sohn, das ist nicht Kelvin“, sprach Schnitter langsam und deutlich. Dabei hielt er Frau Jänicke an den Schultern fest und drückte sie zurück.
    Zuerst wiederholte sie immer den gleichen Satz, dann schien sie zu verarbeiten, was Schnitter sagte und brüllte: „Sie lügen. Lassen Sie mich durch.“
    „Frau Jänicke!“
    Kofi war zu den beiden getreten, sprach sehr laut. „Das ist nicht Kelvin. Ihr Sohn lebt sicher noch.“ Er nahm ihren Arm. „Lassen Sie uns ein Stück zur Seite gehen.“
    Sie zögerte, schien ihn zu erkennen. „Nicht Kelvin?“
    Kofi schüttelte den Kopf. „Nicht Kelvin. Kommen Sie, wir dürfen dort nicht hingehen.“
    „Nicht Kelvin?“
    „Die Kollegen müssen die Spuren sichern. Wir dürfen sie nicht stören.“
    „Nicht Kelvin!“
    Behutsam führte Kofi die Frau zu ihrem Wagen zurück. „Kommen Sie, setzen Sie sich.“
    „Wo ist Kelvin?“
    „Das wissen wir noch nicht. Wir suchen nach ihm.“
    „Sie suchen nicht. Sie stehen hier herum.“ Sie machte eine Pause. „Wer ist der Junge?“
    „Das wissen wir auch noch nicht. Woher haben Sie erfahren, dass wir hier etwas gefunden haben?“
    „Gerd hat mich angerufen.“
    „Welcher Gerd?“
    „Gerd Schwarze, der Vater von Jonas?“
    „Und woher wusste der davon?“
    Angela Jänicke sah Kofi an, als wäre er ein besonders begriffsstutziges Exemplar Mensch. „Gerd weiß alles.“
    „Jedenfalls sollten Sie jetzt besser nach Hause fahren.“
    „Sie meinen, falls Kelvin anruft oder sein Entführer? Natürlich“, sagte sie und hatte Kofi und den unbekannten toten Jungen scheinbar längst vergessen.

    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

Holzminden
Montag, 31. Oktober 2011
gegen 18 Uhr

13
    Kim saß neben Anna auf dem Beifahrersitz. Wieder einmal ohne Kindersitz. Natürlich verstand Anna, dass Irene viel um die Ohren hatte. Sie verstand auch, dass sie sich um diesen Leon sorgte.
    Kim war ziemlich selbstständig und ausgesprochen clever, aber sie war noch klein, sie brauchte ihre Mutter. Sie benötigte Zuwendung und Unterstützung, und zwar von ihrer Mutter und nicht von deren Freundin.
    Sobald Leon wieder aufgetaucht war, würde sie ein ernstes Gespräch mit ihr führen.
    Irene war auf den Tag genau zehn Jahre älter als Anna. Sie hatten sich vor zehn Jahren kennen gelernt, als sie beide einen runden Geburtstag im Saal beim Griechen feiern wollten. Die Wirtsleute hatten sich vertan, der Wirt hatte Annas Feier angenommen, seine Frau Irenes. Statt sich zu streiten, hatten die beiden Frauen einfach zusammen gefeiert, und

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