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Nur ein Katzensprung

Nur ein Katzensprung

Titel: Nur ein Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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bewegen.
    Sie beugte sich vor und schaute um die Tür herum. Ein Katalog und eine Zeitung. Erleichtert atmete sie auf. Sie zog den Schlüssel ab, ging in den Flur und klinkte die Tür hinter sich wieder zu.
    Nun stand sie im Gang und lauschte. Sie hatte seine Wohnung bisher noch nie betreten, hatte sich mit Leon immer bei sich oder in Restaurants getroffen. Als in der Etage darüber die Toilettenspülung ging und jemand eine Tür zuschlug, schreckte sie erneut auf. „Reiß dich zusammen, Irene“, sagte sie zu sich.
    In der Küche – Irene hatte noch nie so stark glänzende schwarze Schränke gesehen - hingen zwei Tassen auf dem Abtropfbrett. Ein Brötchen lag in einem Korb auf einem achteckigen Stahlrohrtisch. Irene berührte es sachte. Steinhart. Auf dem Orangensaft, der in einer Karaffe auf dem Tisch stand, schwammen bereits einige grüne Flecken. Im ersten Augenblick wollte sie den Saft angewidert ausgießen, doch sie zog ihre Hand zurück, bevor sie die Karaffe angefasst hatte.
    Rote Fliesen, rote Gardinen, ein weißer Fliesenfußboden mit einem wuscheligen roten Teppich darauf. Irene fand, dass die Küche nicht wirkte, als ob jemand regelmäßig darin kochte. Sie ließ noch einmal den Blick schweifen.
    „Frühstück zu zweit“, murmelte sie. „Wann? Samstag? Mit wem?“
    Nein, das wollte sie gar nicht wissen.
    Die nächste Tür führte ins Badezimmer. Sie hatte Marmor erwartet, fand stattdessen echte Steinplatten vor, einige mit Einschlüssen von Gräsern oder Ammoniten. Keine Badewanne, nur eine Dusche mit einem riesigen Duschkopf oben und mehreren an den Seiten. Abgesehen von einem Haufen schmutziger Handtücher auf dem Fußboden fiel ihr nichts Außergewöhnliches auf.
    Direkt daneben lag das Schlafzimmer. Fast ehrfürchtig schob Irene die angelehnte Tür auf. Ein riesiger Futon bedeckte fast den gesamten Dielenboden, dazu passten die chinesischen Tuschezeichnungen an den Wänden und die kleinen Lacktischchen. Auf einem lag ein braun-blau-beiger Seidenschal mit langen Fransen, den Irene nur zu gut kannte.
    „Stella“, zischte sie. Ihr Herz schlug so heftig, dass es in ihren Ohren dröhnte. „Reg dich nicht auf. Bestimmt gibt es eine ganz vernünftige Erklärung dafür.“
    Laken und Bettdecken lagen ineinander verdreht halb auf der Matratze, halb auf dem Fußboden. Irene überwand sich, betrat das Schlafzimmer und öffnete eine Schiebetür des komplett verspiegelten Kleiderschranks. Soweit sie das beurteilen konnte, war der Schrank gut gefüllt. Unten standen zwei kleine Koffer, eine Kulturtasche und Schuhe in Kartons.
    „Verreist ist er also nicht“, murmelte sie.
    Die nächste Tür führte ins Wohnzimmer. Kaum hatte sie einen Schritt hineingesetzt, knirschten Glassplitter unter ihren Sohlen. Eine Vitrine zu ihrer Rechten, in der wohl eine Sammlung seltsamer Zinnmonster gestanden hatte, war zerborsten. Die hochbeinigen Sessel lagen verkehrt herum. Die Tischplatte war in der Mitte durchgeknickt. Irene ging trotzdem noch ein Stückchen weiter, sie wollte das ganze Zimmer prüfen. In einer Nische stand ein großer Schreibtisch mit einem PC und einer, sie musste grinsen, Schreibmaschine. Der Monitor war zu Boden gefallen und kaputt­gegangen. Aus dem Rechnergehäuse baumelten Kabel heraus, und die Festplatte schien zu fehlen.
    Nur die von ihr aus gesehen rechte Wand war komplett unversehrt. Neben einem Bücherregal hingen dort zahlreiche Fotografien. Alle zeigten irgendeine Art von Wasser. Regen, einen Bach im Winter, einen See, über den ein leichter Wind wehte, so dass es aussah, als hätte die Wasseroberfläche eine Gänsehaut. Eine Pfütze mit einem Zigarettenstummel darin. Eine Libelle, die sich in dem glasklaren Wasser unter ihr spiegelte. Irene war begeistert. Diese Fotos waren etwas ganz Besonderes. Sie hätte zu gern gewusst, ob Leon sie gemacht hatte.
    Plötzlich hörte sie ein Geräusch an der Tür. Sie stutzte, lauschte und drehte sich dann verzweifelt einmal im Kreis. Wo sollte sie hin? Wo konnte sie sich verstecken? Wer kam da? Leon? Oder Stella? Oder der Kerl, der das Chaos angerichtet hatte? Sie wusste nicht, was schlimmer gewesen wäre.
    Auf den Flur konnte sie nicht zurück. Dort erklangen inzwischen Schritte. Ihr blieb nur die Nische. Nein, der Schreibtisch war zu wichtig.
    Warum hatte der Kerl eigentlich keine Gardinen? Schön bodenlang und blickdicht.
    Ihr fiel nichts Besseres ein. Sie quetschte sich zwischen Sofa und Heizung, wo sie versuchte zu Atem zu kommen, damit der

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