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Nur ein Katzensprung

Nur ein Katzensprung

Titel: Nur ein Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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haben nichts verändert. Ich glaube, dass ihr euch die Fundstelle und auch den Körper unbedingt im Originalzustand ansehen solltet.“
    Kofi schüttelte sich. „Ich könnte durchaus darauf verzichten.“
    Einen Wimpernschlag lang dachte er, dass Marc ihn in den Arm nehmen wollte, doch die Geste verhungerte auf halbem Weg, und Kofi war dankbar dafür. Er wollte nicht, dass irgendjemand merkte, dass er am ganzen Körper zitterte, auch sein Kollege Marc nicht, und Mausig, der bewegungslos neben ihm stand, erst recht nicht.
    Nebeneinander gingen sie das letzte Stück des Weges entlang. Marc hielt sie auf. „Da sind Reifenspuren. Es sieht so aus, als hätte der Täter am frühen Abend einfach an einer beliebigen Stelle angehalten, das heißt, so ganz beliebig ist sie nicht. Man sieht es jetzt im Dunkeln nicht mehr so deutlich, aber dies ist eine der wenigen Stellen an diesem Feldweg, die so hoch mit Hecken und Büschen bewachsen ist, dass sie von der Straße aus nicht einsehbar ist.“
    „Willst du sagen, er ist hier entlanggefahren, bis er sich unbeobachtet fühlte?“
    „Es wirkt so, ja. Anhalten, Tür auf, Körper raus, weiterfahren.“
    „Sekundensache. Kaum ein Risiko, entdeckt zu werden“, überlegte Kofi.
    „Wie man’s nimmt. Er scheint sich gut auszukennen, wird die Gegend vorher untersucht haben, denn hier gibt es weit und breit keine Hochsitze. Die Felder sind abgeerntet und für den Winter vorbereitet. Er lief nicht Gefahr, dass irgendwo ein Jäger oder ein Bauer etwas sah, was er nicht sehen sollte.“
    „Nur mit einem Rad fahrenden Polizisten hatte er nicht gerechnet“, sagte Kofi bitter.
    „Sieht so aus.“
    „Hältst du den Täter für einen Mann, der sorgfältig und geplant vorgeht?“
    Marc wiegte den Kopf. „Da bin ich mir nicht sicher. Kommt mit.“
    Kofi trat langsam in den Bereich, den die Halogenscheinwerfer hell erleuchteten.
    Zuerst sah er den Körper nur als dunklen Schatten, der das Licht der Lampen ungleichmäßig reflektierte. Marc hielt sich neben ihm. „Schau vor allen Dingen auf das Gesicht.“
    Es sah unter der durchsichtigen Folie ganz friedlich aus, die Augen geschlossen, die Nase ein wenig zur Seite gedrückt. Kofi erschrak, als er an Schneewittchen im gläsernen Sarg dachte.
    „Scheinbar hat der Täter den Jungen zuerst betäubt und dann in die Folie eingewickelt.“
    „Er ist erstickt, während er betäubt war?“, fragte Kofi zweifelnd.
    „Definitiv! Ich weiß nur noch nicht, aus welchem Grund er das getan hat. Wollte oder musste er verhindern, dass der Junge um Hilfe rief oder zappelte und sich wehrte? Ging es ihm darum, sein Werk in Ruhe, ohne jegliche Gegenwehr auszuführen? Hat er vorher noch etwas anderes mit dem Kind bzw. mit seinem Körper gemacht?“
    Kofi ging vorsichtig um den Leichnam herum und betrachtete ihn von allen Seiten. „Er wurde sorgfältig und überaus gleichmäßig eingewickelt. Ob er vergewaltigt wurde, kannst du so nicht sagen, oder?“
    „Er ist vollständig nackt. Ich kann keine äußeren Verletzungen erkennen. Alles andere stellen wir erst fest, wenn wir ihn ausgepackt haben.“
    Kofi nickte, spürte Mausigs Blick auf sich ruhen, was ihn aus unerfindlichen Gründen ziemlich unsicher machte. Er musste die Besprechung souverän zu Ende bringen. „Wann hast du morgen Genaueres für uns? Gegen Mittag?“
    „Frühestens.“
    Plötzlich wurden zwei Autotüren zugeschlagen. Gleich darauf hörte man zornige Stimmen.
    Mausig drehte sich um, ging auf die Lichter zu. Eilig kam er zurückgelaufen. „Die Presse, sie haben uns gefunden. Besser ihr schafft ihn hier weg.“
    Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da hatten Marcs Kollegen die Leiche bereits zugedeckt, in den Zinksarg gelegt und angehoben.
    Auch Kofi ging zu seinem Wagen zurück. Er fühlte sich so einsam wie schon lange nicht mehr.
    Was hatte sich hier abgespielt? Hatte Ollner tatsächlich gesehen, wie der Täter Kelvin abgelegt hat? Kofi glaubte nicht daran. Er war fest davon überzeugt, dass Stefan in diesem Fall nicht mehr leben würde. Der Mörder konnte es sich nicht erlauben, einen Zeugen am Leben zu lassen.
    Welches andere Szenario musste er sich vorstellen? Musste er? Unbedingt. Denn er wollte auch die schnappen, die Stefan das angetan hatten.
    Ob er sie erkannt hatte? Würde er morgen schon aussagen können? Diese Platzwunde am Kopf sah nicht gut aus. Außerdem war sein Gesicht so grau gewesen.
    Kofi hatte nicht erkennen können, dass sich sein Brustkorb hob und senkte. Aber

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