Nur ein kleines Bischen
das Telefon aus der Hand. »Ich mache nur Witze!«, sagt er und wirkt dabei sehr selbstzufrieden. »Sie hat mich nicht geküsst.«
Ich kneife die Augen zusammen. »Bist du dir sicher?
Du versuchst nicht bloß, sie zu decken, oder?«
»Daran würde ich nicht mal im Traum denken«,
antwortet Jareth immer noch kichernd. »Weißt du,
Rayne, du bist schon ne ganz besondere Nummer. Das bist du wirklich. Ich kann nicht glauben, dass es dir gelungen ist, aus dem Zirkel auszubrechen und dich in das Flugzeug zu schleichen.«
»Die Sache mit dem Flugzeug war einfach. Ich
brauchte nur mit einer kleinen Flasche Blut mit einer Spur Zolpidem darin aufzukreuzen und der Wachmann war ausgezählt.«
»Hm, du bist sehr kreativ, das muss ich dir lassen.«
»Du bist also nicht sauer?«, frage ich.
Er seufzt. »Nicht sauer. Nur... hm, besorgt. Es ist nicht so, als hätte ich dich ohne Grund eingesperrt. Ich halte es wirklich für das Beste, wenn du dir eine Auszeit nimmst. Dich daran gewöhnst, ein Vampir zu sein.«
»Mir geht es gut. Wirklich. Ich hatte nur einen harten Tag. Zu viele Leute haben mir das Leben schwer gemacht. So etwas passiert jedem.«
»Aber nicht jeder steigt anschließend in seinen Wagen und rammt ihn gegen eine Leitplanke.«
»Das war einfach nur ein Unfall, verursacht durch den Mangel an anständigen Satellitenradiostationen. Es hatte nichts damit zu tun, dass ich schlechte Laune hatte.«
»Hmhm.« Jareth klingt nicht allzu überzeugt. »Weißt du, ich haben immer noch gute Lust, dieses Flugzeug umkehren zu lassen und dich zurück in die Staaten zu bringen.«
»Oh, komm schon! Tu das nicht! Ich habe mich so auf diese Reise gefreut. Ich möchte alle englischen Vampire kennenlernen. Ich meine, sie sind meine
Leute. Sie sind . . . hm, sie sind meine neue Familie.«
»Also gut«, sagt Jareth und gibt endlich nach. »Aber bitte, ich flehe dich an, zeig dich bei dieser Reise von deiner besten Seite. Denk daran, dass wir unseren Zirkel repräsentieren. Die englischen Vampire sind sehr alt und eingefahren in ihren Sitten. Und wir sind ihre Gäste. Wir müssen jederzeit höflich sein. Keine Wutanfälle oder Schimpftiraden. Ganz gleich, was passiert.«
»Jaja, natürlich. Gott, für was für eine Art Vampir hältst du mich eigentlich?«
Jareth grinst schief. »Für die Rayne-Art.«
»Und was, wenn ich fragen darf, ist das?«, frage ich, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Einzigartig. Etwas nie Dagewesenes.« Er packt mich und zieht mich an sich. Ich gestatte mir, in seinen Armen zu schmelzen. Er streichelt mir den Rücken.
»Schön, halsstarrig und absolut imstande, mich in
genau zwei Sekunden in den Wahnsinn zu treiben.«
»Und?«, bedränge ich ihn.
»Und die Liebe meines Unlebens. Jemand, von dem
ich niemals auch nur einen Tag getrennt sein will.«
»Das wird auch niemals nötig sein«, murmle ich und hebe ihm das Gesicht entgegen. Er lächelt, beugt sich vor und küsst mich sanft. Hm. Ich liebe meinen Vampir.
»Freut mich, das zu hören.«
15
Nachdem wir noch ein Weilchen geplaudert haben,
rolle ich mich auf der Couch des Flugzeugs
zusammen und schlafe ein, während der Surferfilm
Endless Summer läuft. (Jareth behauptet, er habe ihn nur mitgenommen, weil er dachte, dass ich nicht da sein würde, um mich zu beschweren, und wenn er eine Ahnung gehabt hätte, dass ich als blinder
Passagier mitkommen würde, hätte er stattdessen
bestimmt die digital remasterte Sammleredition von Nightmare Before Christmas ausgeliehen.) Ich schlafe gut, zum ersten Mal seit einer ganzen Weile, weil ich mich tatsächlich einigermaßen zufrieden fühle.
Aber ich habe immer noch Probleme. Cait ist wütend auf mich, Mandy wird mich wahrscheinlich aus dem Team werfen und meine Mutter ist bereit, mich zu
meinem Vegas-Playboy von einem Dad zu
verfrachten, damit ich ihren neuen Freund nicht
piesacke. Oh, und dann ist da die Sache mit dem Auto.
Sowohl sie als auch Sunny werden mich umbringen,
wenn sie herausfinden, dass ich es völlig zerlegt habe.
(Ich habe es irgendwie versäumt, das meiner
Zwillingsschwester gegenüber zu erwähnen, als ich sie überredet habe, den Platz mit mir zu tauschen.) Und dann denkt mein Freund, ich brauchte psychi-atrische Hilfe, um mit meinem Vampirzorn fertig zu werden. Aber an Jareth geschmiegt, in einem Privatjet auf dem Weg in das gute alte England, wo ich meine untoten Brüder und Schwestern kennenlernen, ein Werwolfgegenmittel finden und wieder einmal die
Welt retten
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