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Nur ein Kuss von dir

Nur ein Kuss von dir

Titel: Nur ein Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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dastand.
    »Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich sie alle sehen konnte.« Beinahe gierig blickte sie auf das Amulett.
    »Und sie sind immer noch da und hören alles, was wir sagen«, erinnerte ich sie leise. »Bist du bereit zu tun, was du tun musst?«
    Angespannt stand sie da und glättete ihre Soutane. »Ich bin bereit. Sag mir, wann wir anfangen.«
    »Ich glaube, Matthew ist gerade dabei, den Versunkenen alles zu erklären, und ich muss schnell ein Wort mit Callum reden.«
    Sie verstand, worauf ich hinauswollte, nickte knapp, drehte sich um, lehnte sich gegen das Geländer und schaute in den großen Raum unter der Kuppel. Weit unten schimmerten der Mosaikboden und der goldene Stern im schräg einfallenden Licht. Staubteilchen betonten noch die Strahlen, die die zunehmende Düsternis durchbohrten. Es würde bald dunkel werden. Wir mussten uns beeilen, denn die Suche auf dem Fluss, die draußen noch im Gange war, würde beendet. Aber ich hatte keine Vorstellung davon, wie lange die Versunkenen brauchten, um als Funkenströme von der Kathedrale bis zur Themse zu fließen. 
    Ich drehte mich zu der Tür, durch die wir vorhin gekommen waren, und sah Callum und Olivia dort warten. Callum wirkte angespant, und Olivia hatte offensichtlich geweint. Wie immer wiederholte sie ständig ihre seltsamen Handbewegungen. Ich hob fragend die Augenbrauen und formte mit den Lippen die Worte: »Soll ich mit ihr sprechen?« Callum nickte und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Langsam hob sie ihr tränenverschmiertes Gesicht, und ich streckte ihr mein Amulett entgegen.
    »Olivia, ich weiß, wie schwer das ist, aber es ist wirklich am besten so.«
    Olivia schniefte laut. »Callum hat mir alles erklärt, aber ich verstehe nicht, warum wir es so schnell machen müssen.«
    »Weil ich glaube, dass Callum vielleicht leben wird, wenn wir euch alle jetzt so schnell wie möglich in den Fluss befördern. Ich weiß es nicht sicher, und ich weiß nicht, was mit euch Übrigen passiert, ich weiß nur, dass es die beste Chance ist, die wir jemals bekommen können. Wenn es funktioniert, dann werden wir alle zusammenbleiben, das verspreche ich dir. Und wenn nicht, dann hast du endlich deinen Frieden.« Es fiel mir schwer, ganz ruhig zu klingen, auch wenn mir die Tränen in den Augen brannten. »Dann musst du nie wieder sammeln.«
    Sie drehte mir ihr vertrauensvolles kleines Gesicht zu. »Wird es weh tun?«
    Ich konnte sie nicht anlügen, konnte es aber auch nicht riskieren, dass sie alleine zurückblieb. »Vielleicht ein kleines bisschen, aber es wird sehr, sehr schnell gehen, und du wirst es kaum richtig bemerken.«
    Ich hätte besser gelogen. »Neiiin!«, heulte sie auf, und ihre Stimme hallte in meinem Kopf nach. »Ich will nicht, dass es weh tut. Ich werde es nicht machen.«
    »Es ist nur so«, sagte ich schnell in dem Bemühen, sie zum Schweigen zu bringen, damit sie die anderen nicht verunsicherte, »dass wir es nicht genau wissen. Entscheidend ist aber, dass du dann nicht mehr hier sein wirst, dass es dir ermöglicht wird, diesem unendlichen Elend zu entkommen. Ist das die Sache nicht wert?«
    Sie schniefte noch einmal und nickte dann fast unmerklich. »Ich glaub schon.«
    »Wunderbar!« Ich versuchte ihre unkörperliche Hand beruhigend zu drücken. »Also, ich möchte, dass du neben Callum stehst. Er wird zuerst gehen, und du bist dann als Nächste drüben. Er wird sich wie immer um dich kümmern. Stimmt doch, Callum?«
    Er nickte, lächelte Olivia zu und sagte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Sie hörte ihm zu und wandte sich dann wieder an mich. »Gut, wenn du es sagst. Aber hoffentlich hast du recht.«
    »Das hab ich«, antwortete ich mit etwas schlechtem Gewissen. »Wir sind ganz schnell damit fertig.«
    Olivia trat vor, um ihren Platz in der Kette einzunehmen, die sich um die Galerie schlängelte.
    Ich konnte nicht länger warten. »Callum, ich muss es jetzt machen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn wir zu spät wären.«
    Er lächelte mich herzzerreißend an und trat in die Reihe. Doch ehe er seinen Platz einnahm, streckte er die Arme aus, und ich warf mich für ein letztes Mal hinein. So weit oben war er schon quälend real, doch für mich immer noch ohne die ausreichende Festigkeit, um ihn zu halten. Ich konnte durch ihn hindurchsehen und nahm seine Gesichtszüge ein letztes Mal in mich auf, seine ungebändigten Haare, sein kräftiges Kinn und die unglaublich perfekten Augen. Was auch immer passieren würde, ich wusste, dass

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