Nur ein Kuss von dir
Anstalt verbracht habe, nachdem ich rübergekommen war. Und danach war nicht so jemand wie Alex da, um mir zu helfen.«
»Es kommt mir viel länger vor«, brummelte er.
»Sobald ich konnte, bin ich zurückgekommen, aber ich hatte keine Möglichkeit, mit euch in Kontakt zu treten. Ich weiß nicht, ob irgendjemand von euch mich erkannt hat. In den letzten Jahren habe ich hier in der Kathedrale gearbeitet.«
»Du siehst ziemlich anders aus als damals«, sagte Matthew.
»Ich weiß. Es waren ein paar harte Jahrzehnte.« Matthew wollte sie unterbrechen, daher sprach sie schnell weiter. »Aber nicht so hart, wie bei euch, ich weiß.«
»Und du bist jetzt hier, um uns zu helfen?«
»Natürlich, darauf habe ich immer gewartet. Wenn man wieder zum Mensch wird, bekommt man das Wissen darüber, wie alle gerettet werden können – aber noch nicht die Mittel dazu, so lange nicht, bis jemand das Amulett findet. Darauf habe ich viele Jahrzehnte gewartet.«
»Und was genau hast du vor?« Matthew gab sich große Mühe, das merkte ich, aber er konnte sein Misstrauen nicht ganz verbergen.
»Ich werde euch helfen zu sterben, diesmal richtig. Alex war einverstanden, ihren Teil dazu beizutragen, damit ihr alle zusammen gehen könnt.«
»Stimmt das, Alex? Tut mir leid, wenn ich ein bisschen undankbar klinge, aber Veronica war immer schon ein wandelndes Pulverfass. Als sie hier war, hat sie jede Menge Ärger gemacht.«
»Es stimmt, Matthew«, sagte ich. »Ich habe mich lange mit ihr unterhalten, und sie will ernsthaft helfen. Ich kann euch wohl alle einzeln befreien, aber es wäre fürchterlich, es so machen zu müssen. Zusammen können wir euch allen auf einmal helfen.«
»Vertraust du ihr?« Seine Augenbrauen zogen sich noch weiter zusammen, so dass er noch mehr als sonst wie ein Gangster aussah.
»Ich denke schon. Sie wirkt ehrlich.«
»Ich weiß, Matthew, ich war ein bisschen rebellisch«, unterbrach Veronica. »Aber inzwischen bin ich viel älter und bin entsetzt über das, was ich gemacht habe. Bitte gib mir diese Chance, die Dinge in Ordnung zu bringen.«
»Und können wir es schnell machen?«, bat ich. Ich senkte die Stimme und beugte mich zu Matthew vor. »Ich glaube, es gibt eine kleine Chance, dass ich Callum retten kann. Aber nur, wenn wir schnell sind. Bitte.«
Seine Augen funkelten, als er den Blick von Veronica weg wieder auf mich richtete. »Für dich tun wir alles. Es will sowieso niemand von uns auch nur eine Sekunde länger hier bleiben als notwendig.« Er blickte schnell über die Schulter auf die rund zweihundert Versunkenen auf der Galerie. Die meisten von ihnen waren aufgestanden und hatten sich in unsere Richtung vorgebeugt, um möglichst viel mitzubekommen. Dann sah er wieder Veronica an. »Lady, wenn das wieder einer deiner Tricks ist, dann wirst du es bis ans Ende deiner Tage bereuen, das garantiere ich dir.«
Veronica richtete sich so hoch auf, wie sie konnte, und reckte das Kinn, als sie ihm antwortete: »Ich weiß, das hab ich verdient, doch ich bin hier, um das Richtige zu tun, egal um welchen Preis.«
Matthew nickte einmal kurz und wandte sich wieder an mich. »Ich sag allen, was los ist. Was haben wir zu tun?«
Veronica gab die Antwort. »Alle müssen sich in einem großen Kreis aufstellen, und jeder Versunkene muss das Amulett seines Nachbarn halten. Alex steht an einem Ende der Kette und setzt den Prozess in Gang, und ich stehe neben ihr am anderen Ende, wo er beendet wird.«
»Ich werde der Letzte sein, neben dir«, sagte Matthew. »Alex, du nimmst Callum als Ersten in der Reihe und sieh zu, dass er dahin gelangt, wo er hinsoll.« Ich war mir nicht so ganz sicher, doch ich glaube, dass er mir dabei zuzwinkerte.
Ich suchte die gesichtslosen schwarzen Kapuzen ab, während ich sprach. »Und Olivia muss neben ihm stehen, weil sie sonst Angst hat. Wir müssen ihr helfen.«
»Natürlich«, stimmte Matthew zu. »Wo ist sie überhaupt?«
»Callum wollte mit ihr reden.« Selbst wenn ich mich auf die Zehenspitzen stellte, konnte ich keinen von beiden entdecken. »Kannst du sie irgendwo sehen?«
Er blickte sich in der versammelten Menge um, bevor er sich sichtlich entspannte. »Callum steht mit Olivia gleich hinter dir, meine Liebe. Und jetzt will ich mit allen reden.« Damit verschwand das Prickeln aus meinem Arm, und ich zog Veronicas Finger behutsam unter dem Amulett hervor.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich sie, da sie plötzlich so benommen und ohne jeden Ausdruck im Gesicht
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