Nur ein Kuss von dir
war für mich da. Und er musste nicht noch mehr gequält werden.
»Ach, nichts, das ist ja das Problem«, sagte ich, schaltete das Handy ganz selbstverständlich aus und griff nach dem Spiegel. Auf seinem Gesicht lag ein winziger Hauch von Misstrauen, und einen Moment lang fragte ich mich, ob er die Nachricht gelesen hatte, doch ich würde Max auf keinen Fall noch einmal erwähnen, nicht nach dem letzten Mal. »Ich muss gleich los und ein paar blöde Aufgaben erledigen, da bleiben uns gerade mal zwanzig Minuten.«
»Na, dann muss das erst mal gut sein.« Seine schlanken Finger strichen mir über den Arm. »So gern ich das jetzt den ganzen Abend lang tun möchte, aber ich muss auch bald wieder sammeln. Gibt es was Neues über Lucas? Hast du noch irgendwas rausfinden können?«
»Nein«, antwortete ich und klappte den Deckel des Laptops weiter zurück, damit er lesen konnte, was auf dem Bildschirm stand. »Da, überhaupt nichts Brauchbares. Sie scheinen gar keine Informationen darüber zu veröffentlichen, wie er verschwunden oder gestorben ist. Das ist alles schon sehr seltsam.«
»Aber zumindest können wir sicher sein, dass er es ist. Das Bild ist ziemlich unheimlich.« Er deutete mit dem Kopf zum Bildschirm, während ich durch einige Beiträge blätterte. »Demnach war er dreiundfünfzig Jahre lang ein Versunkener.«
»Scheint so. Was dachte er denn, wie lange er dort war?«
»Das können wir nur sehr schwer sagen, und ich habe nicht besonders viel über Lucas nachgedacht. Aber Matthew meint, so ungefähr fünfundzwanzig Jahre. Ich habe ihn schon mal gefragt«, fügte er als Reaktion auf meinen scharfen Blick hinzu.
Also hatte er dort doppelt so viel Zeit verbracht, als sie gedacht hatten. Ich prägte es mir gut ein, doch es schien mir nicht angebracht, es zu erwähnen. Und dann brachte es Callum selbst zur Sprache. »Wenn ich denke, ich wäre jetzt ungefähr zehn Jahre da, könnte das in Wirklichkeit länger sein. Viel länger. Ich könnte ohne weiteres doppelt so alt sein wie du.«
»Es gibt wirklich keinen Grund, sich darüber Sorgen zu machen, oder? Ich kann dich ja doch nicht rüberholen, jedenfalls nicht jetzt.« Bei den letzten Worten drohte meine Stimme zu versagen, und ich senkte den Blick.
»He, dafür kannst du doch wirklich nichts. Tatsächlich hast du jedem von uns wieder Hoffnung gegeben.«
»Wie meinst du das denn? Wenn du von Catherine sprichst, so habe ich keine Ahnung, wo sie ist, und die würde uns sowieso nicht helfen. Wenn sie überhaupt dazu in der Lage ist und es nicht nur behauptet hat.«
Er schwieg eine Weile, und dann sprach er so leise, dass ich Mühe hatte, ihn zu verstehen. »Du kannst uns freilassen, du kannst uns alle erlösen, Alex.«
Entsetzt starrte ich ihn an. Er meinte es todernst. Schließlich fand ich meine Stimme wieder. »Das ist nicht dein Ernst! Ich werde dich nicht umbringen!«
»Aber du musst. Matthew wird kommen, um die Einzelheiten mit dir zu besprechen.« Er lächelte mich sanft an. »Vergiss nicht, dass wir bereits tot sind. Du wirst nichts anderes tun, als uns weiterzubewegen.« Er strich mir mit einer federleichten Bewegung über die Haare und hatte eine undurchdringliche Miene aufgesetzt. »Du bist unsere einzige Hoffnung. Matthew möchte, dass du es so bald wie möglich machst.«
Erschüttert lehnte ich mich zurück. Wie war das passiert? Sie wollten, dass ich ihre ganze Gemeinschaft ermordete.
Callum saß weiter mit diesem seltsamen Gesichtsausdruck da. Ich konnte nicht stillhalten, sprang auf und ging in meinem kleinen Zimmer auf und ab. Im Spiegel sah ich, wie er mich beobachtete und abwartete.
Schließlich ließ ich mich wieder auf meinen Stuhl plumpsen. »Willst du das wirklich?«, fragte ich mit kleiner Stimme.
»Nein, du verrücktes Mädchen, was ich wirklich will, ist, bei dir hier drüben zu sein, wirklich und lebendig wie Catherine, doch ich muss den Tatsachen ins Auge sehen.« Sein freundlicher Tonfall wurde bitter.
»Ich kann das nicht für dich machen, Callum. Ich kann es einfach nicht. Ich kann dich nicht so schlimm verletzen, dass du am Ende aussiehst, als wärst du zu Tode gefoltert worden!«
»Auch dann nicht, wenn ich dich darum bitte?« Er blickte mich eindringlich an. »Ich weiß, du liebst mich, Alex, aber unter diesen Umständen ist das unsere einzige sinnvolle Entscheidung.«
»Darüber diskutiere ich nicht. Es wird auf gar keinen Fall passieren. Ich stelle euch nicht in einer Reihe auf und tue euch das einem nach dem
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