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Nur ein Kuss von dir

Nur ein Kuss von dir

Titel: Nur ein Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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nach Gegrilltem, und im Vorbeigehen blickte ich durch ein offenes Gartentor. Eine Gruppe von Jugendlichen stand da mit Getränkedosen in der Hand und lachte über irgendeinen Witz. Für einen Augenblick überkam mich eine Sehnsucht. Die Sehnsucht, normal zu sein. Die Vorstellung, mit Callum auf eine Party zu gehen, zerrte an meinem Herz. Vorhin war ich noch ganz sicher gewesen, dass ich helfen konnte, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ich ihn rübergeholt hätte. Aber jetzt … jetzt wusste ich, dass ich mich getäuscht hatte. Das machte mir klar, dass Catherine die Wahrheit gesagt hatte: Die einzige Möglichkeit bestand darin, sie mit einzubeziehen. Und sie würde uns nie und nimmer helfen.
    Ich wünschte, Grace wäre zu Hause, damit ich mit ihr darüber reden konnte, doch sie kam erst in ein paar Tagen mit ihrer Familie aus Frankreich zurück. Fürs Erste mussten Callum und ich uns alleine mit diesem Problem herumschlagen.
    Als ich endlich zu Hause ankam, sah ich, dass Dads Auto nicht da war. Hoffentlich bedeutete das, dass beide, Mum und Dad, ausgegangen waren und ich schnell in mein Zimmer und am Laptop verschwinden konnte, ohne aufgehalten zu werden. Ich schloss auf und schlich hinein. Sofort war klar, dass ich kein Glück hatte. Die Waschmaschine lief, und Mum machte Josh wegen irgendetwas die Hölle heiß.
    Sehnsüchtig blickte ich zur Treppe und überlegte, ob ich nicht einfach hochschleichen sollte ohne Bescheid zu geben, dass ich zu Hause war. Da flog die Küchentür auf, und Mum erschien mit einem Korb voller Wäsche unterm Arm.
    »Oh, Alex, du bist zurück. Du warst ja stundenlang weg, und ich hab mich schon langsam gefragt, ob du mal wieder auftauchst. Gut, nimm jetzt die Sachen, leg sie zusammen und räum sie an ihren Platz. Dann bring mir den Korb wieder.« Sie holte kaum Luft, als sie mir den überquellenden Wäschekorb vor die Nase stieß. Offensichtlich hatte sie wieder einen ihrer seltenen »ich bin ja so durchschlagend effektiv bei dem Haushaltskram«-Tage, und so war ich froh, dass ich den größten Teil davon verpasst hatte.
    »Hallo, Mum, wie schön, dass du da bist«, murmelte ich leise, während ich die Treppe nach oben stolperte und versuchte, nicht zu viele Socken fallen zu lassen, die oben auf dem Haufen balancierten. Ich arbeitete, so schnell es ging, und lud jeweils einen Haufen saubere Ferienwäsche in den Zimmern der anderen ab. Dann schlich ich in mein Zimmer, klappte schnell den Laptop auf und schaltete ihn ein. Ich wollte nur schnell erste Google-Infos holen, ehe ich wieder nach unten musste. Doch wie immer wurde ich da hineingesaugt und war innerhalb von Minuten hoffnungslos verloren. Die meisten Berichte waren erst in den letzten beiden Wochen eingestellt worden, als ich weg war. Doch trotzdem konnte ich es nicht glauben, dass ich zuvor nichts mitbekommen hatte.
    Lucas Pointer war anhand seines Gebisses identifiziert worden, und in einem Artikel las ich, dass sein Körper bis zur Unkenntlichkeit verbrannt war. Schließlich stieß ich auf ein Bild. Es war rund fünfzig Jahre alt, schwarzweiß und sehr körnig, doch die bekannten grausamen Augen starrten mich unverkennbar an. Mich schauderte. Bei dem Bild konnte man sich richtig vorstellen, dass er schon immer gemein war, nicht erst als Versunkener.
    Und du hast ihn umgebracht
, dachte ich. Auch wenn ich wusste, dass er sich den Tod gewünscht hatte, spürte ich jedes Mal, wie sich in mir ein großes schwarzes Loch auftat beim Gedanken an die Schmerzen, die ich ihm zugefügt hatte.
    Ich suchte nach weiteren Artikeln über seinen Tod, als ich Mum von unten rufen hörte. Schnell fuhr ich den Computer wieder runter und nahm den Wäschekorb. Sie war in einer Stimmung, in der man sie nicht warten lassen durfte.
    Unten konnte ich durch die Küche in den Garten sehen. Josh mähte den Rasen, sein Gesicht ein Bild der Düsternis.
    »So«, verkündete sie entschieden. »Du hast die Wahl: Entweder machst du jetzt die Wäsche fertig, oder du fährst mit mir zum Supermarkt und hilfst mir da. Was ist dir lieber?«
    Das war keine schwere Entscheidung. Die Wäsche würde nur Minuten brauchen. »Ich denke mal, die Wäsche.«
    »Gut. Eine Ladung muss noch aus der Maschine geholt und auf den Trockenständer gehängt werden. Eine nächste Füllung mit Strandtüchern liegt im Badezimmer, und ein kleines Häufchen mit Handwäsche liegt auf der Waschmaschine.« Ich stöhnte insgeheim. War vielleicht doch keine so schlaue Entscheidung gewesen.

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