Nur ein Liebestraum am Mittelmeer
Irgendetwas ist mit dir während meiner Abwesenheit geschehen.“
„Es hat sich etwas Neues ergeben“, antwortete sie zögerlich. Seit achtundvierzig Stunden versuchte sie nun, damit klarzukommen, dass Chantelles Tage gezählt waren. Nur war es ihr nicht im Entferntesten gelungen.
Raoul versteifte sich. „Sprich weiter.“
„Chantelle hat mich gebeten, länger als zwei Wochen zu bleiben.“
Er zog das Jackett aus und legte es achtlos über die Rückenlehne eines Stuhls. Dann fing er an, die Hemdsärmel aufzukrempeln. „Ich verstehe nicht, was dir unangenehm daran ist, wenn die Familie dich offenbar mag. Hast du Ja gesagt?“
Sie rieb sich die Schläfen. „Noch nicht.“
Prüfend betrachtete er sie einen Moment lang. „Komm mit in die Küche. Dort kannst du mir erzählen, warum nicht. In Paris war es so heiß. Ich brauche dringend etwas Kaltes zum Trinken.“
Laura folgte ihm und beobachtete, wie er eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank nahm.
„Möchtest du auch eine Selters? Ich kann dir nichts anderes anbieten. Seit meiner Scheidung habe ich keine Einladungen mehr gegeben. Es tut mir leid, doch meine Schränke sind beschämend leer.“
„Ja, bitte.“
Nachdem er den Verschluss entfernt hatte, hielt er ihr die kalte Flasche kurz an die heiße Wange, bevor er sie ihr reichte. Laura trank einen großen Schluck, während Raoul eine weitere öffnete und begierig an die Lippen setzte. Irgendwann begegneten sich ihre Blicke. Er sah sie so durchdringend an, dass sie die Flasche unwillkürlich fester umfasste.
„Würdest du in meine Wohnung kommen, könnte ich dir noch nicht einmal ein Wasser anbieten.“
Er trank die Flasche aus und stellte sie auf den Tresen. „Heißt das, du lädst mich ein?“
Seine tiefe Stimme ging ihr durch und durch und weckte die Sehnsucht in ihr, in seine Arme zu sinken … Er war wie eine Droge, nach der ihr Körper so stark verlangte wie nach nichts anderem.
„Ich wünschte, ich könnte es“, antwortete sie mit bebender Stimme. Sein markantes Gesicht verfinsterte sich. „Was kann dein Mann dir anhaben?“
Es war Zeit, ihm die Wahrheit zu erzählen. „Schon bald nach unserer Hochzeit habe ich aufgehört, Ted zu lieben. Ich will mich von ihm scheiden lassen, aber er macht mir Schwierigkeiten.“
„Wie lange warst du verheiratet, als du den Antrag eingereicht hast?“
„Zwei Jahre.“
„Wie hast du ihn kennengelernt?“
Tief atmete Laura ein. „Er und mehrere Freunde sind mit der Jacht seiner Eltern von Santa Barbara nach Manhattan Beach geschippert. Es war ein schöner, sonniger Tag, doch auch etwas windig, weshalb ein gewisser Wellengang herrschte. Vier von ihnen beschlossen, im Pazifik zu schwimmen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich als Rettungsschwimmerin Dienst.
Ich schaue immer mit dem Fernglas herum, ob sich eine gefährliche Situation anbahnt. Für gewöhnlich kann man leicht erkennen, wenn Menschen zu ertrinken beginnen. Sie reißen die Arme hoch, und der Kopf geht nach hinten. Ich sah mehrere Personen, und eine schien in Schwierigkeiten zu sein. Also habe ich mich in die Fluten gestürzt.“
„Ted, nehme ich an.“
Laura nickte. „Als ich mit ihm an den Strand zurückkehrte, war sein Zustand sehr kritisch. Ich leistete Erste Hilfe, und schließlich sind die Sanitäter gekommen und haben ihn übernommen. Sie haben ihm keine großen Überlebenschancen eingeräumt. Eine Woche später rief mich mein Boss an und sagte, dass der Kongressabgeordnete Stillman mich kennenlernen wolle.“
„Alles Weitere kann ich mir denken.“
„Ja.“ Sie lachte freudlos auf. „Ich habe Ted und seinen Vater getroffen. Sie wollten mir für die Lebensrettung danken. Die ganze Familie hat sich schier überschlagen und konnte nicht genug für mich tun. Man hat mir Blumen geschickt und mich in ihr Haus zum Essen eingeladen. Ted hat sich pausenlos um mich bemüht. Ich fühlte mich von ihm angezogen und habe mich in ihn verliebt. Dann hat er beschlossen, mich zu heiraten, und ich wurde seine Vorzeigefrau.“
Raoul presste die Lippen aufeinander.
„Er hat mir nie von seinem Traum erzählt, Politiker zu werden. Ich war so dumm und naiv zu glauben, wir könnten ein normales Leben führen. Stattdessen musste ich bei allen Fototerminen mit ihm posieren.“
„Ich habe ein Bild von euch auf dem Colorado River gesehen.“
„Diese Reise war ein Albtraum. Und alle anderen auch. Wir konnten uns kein richtiges Zuhause schaffen, denn wir waren viel zu oft unterwegs. Ted wollte, dass
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