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gibt also einen Schatz. Allerdings sieht er nicht ansatzweise so aus, wie man sich einen sagenumwobenen Schatz vorstellt. Glitzernd, blitzend und blinkend, Gold, Silber, Edelsteine in sattem Rot, leuchtendem Blau und tiefem Grün – all dies sucht man in dieser Schatztruhe vergeblich.
Die vorherrschenden Farben sind schwarz und braun, alles sieht sehr schmutzig und schrottig aus. Und trotzdem, keiner von uns ist enttäuscht, im Gegenteil. Mit glänzenden Augen stehen wir da, sehen uns an, sehen den Inhalt der Truhe an, und sind zufrieden.
Ein tiefes, warmes Glücksgefühl breitet sich in meinem ganzen Körper aus, ich fühle mich, als wäre ich am Ziel einer langen Reise angelangt.
George kann sich zuerst aus seiner Starre lösen und greift in die Kiste. Als er die Hand wieder herauszieht, hält er eine lange, feingliedrige Kette fest umschlossen. Er reibt sie an seinem Ärmel und unter dem Schwarz-Braun wird eine gelbliche Färbung erkennbar. Außerdem sieht man kleine Erhebungen, die dunkel schimmern. Eine echte Goldkette, mit echten Edelsteinen besetzt.
Nun, da der Bann gebrochen ist, fangen wir alle an, wie die Wilden in der Truhe herumzukramen. Ketten, Armreifen, Ohrringe, Teller, Kelche, Medaillons, Gürtelschnallen und sogar kleine Schwerter finden wir. Es reicht schon, die Sachen ein bisschen am Ärmel zu reiben, um zu erkennen, dass sich unter der braun-schwarzen Schicht etwas Edles verbirgt.
Wir stöbern uns immer weiter durch die Kiste, können kaum glauben, was wir vor uns haben. Durch die ‚Ohs‘ und ‚Ahs‘, die wir ständig von uns geben, dringt plötzlich ein anderer Laut.
„ Holy hell!“
George hat seine Nachforschungen vom Inhalt der Truhe auf die Truhe selbst verlagert, hat sich Rand und Deckel genauer angesehen, und ist dabei auf etwas Interessantes gestoßen. Er zeigt uns eine Reihe kleiner Fläschchen, die komplett um den inneren Rand des Deckels herumläuft.
„ Seht euch das an! Es stimmt also! Hätte man versucht, die Truhe gewaltsam zu öffnen, hätte sich der Inhalt dieser Flaschen über den Inhalt der Schatztruhe ergossen!“
Staunend betrachten wir die schmalen Röhrchen, die mit einer durchsichtigen, braunen Flüssigkeit gefüllt sind.
„ Aber das ist doch Gold! Und Silber! Vielleicht ist sogar Platin dabei, immerhin ist in Hildas Armreif auch Platin verarbeitet! Das ist doch unkaputtbar und durch ein bisschen braunes Zeug nicht kleinzukriegen!“ Florian betrachtet fassungslos den kleinen Dolch, den er in der Hand hält.
„ Das muss Königswasser sein. Die einzige Flüssigkeit der Welt, in der sich Gold auflöst. Das ist eine Mischung aus Salzsäure und Salpetersäure, sehr wirkungsvoll. Hätten sich all diese Fläschchen geöffnet, wäre der Schatz ruiniert. Es bedarf einer kompletten Laborausrüstung, um die Goldpartikel wieder aus der Säure lösen zu können. Das war zu der damaligen Zeit absolut undenkbar.“ George fährt sanft über das Glas, nickt dabei anerkennend.
„ Diese Truhe wurde von sehr schlauen Menschen entwickelt“, stellt er abschließend fest.
Andächtig stehen wir da, der erste Rausch ist verflogen, nun wissen wir nicht, wie es weitergehen soll. In die Stille hinein ertönt plötzlich das unnatürlich laute Klingeln meines Handys. Geistesabwesend krame ich es aus meiner Handtasche hervor und nehme das Gespräch an, ohne vorher auf das Display zu schauen.
„ Ja, hallo?“, frage ich zerstreut, den Blick wie gebannt auf die vor mir liegenden Reichtümer gerichtet.
„ Was heißt hier hallo? Kannst du mir erklären, wo du bleibst?“ Eine hysterische Frauenstimme kreischt so laut in mein Ohr, dass ich das Handy ein Stückchen vom Kopf weghalten muss. Meine drei Begleiter sehen mich überrascht an, auch sie haben das Gekreische gehört.
„ Ähm, wer ist denn da? Haben Sie sich vielleicht verwählt?“, frage ich vorsichtig. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wer so mit mir reden sollte.
„ Das ist jawohl die Höhe! Verwählt! Hier spricht Agnes, deine Chefin von ‚Pizza-Pasta-Pronto‘! Deine Schicht hat bereits begonnen, hier ist die Hölle los, und meine studentische Aushilfskraft hat offensichtlich Besseres zu tun, als ihren Verpflichtungen nachzukommen!“ Ach du Scheiße! Agnes! Klar! Jetzt, wo ihre Brüllerei nicht mehr ganz so hysterisch ist, und der arrogante Unterton deutlicher hervortritt, erkenne ich sie auch. So ein Mist!
Ich hatte ihr tatsächlich zugesagt, heute die Spätschicht zu übernehmen, eigentlich
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