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der mich nervös macht.
Gut, ich habe vielleicht mal ABBA und die Kelly Family toll gefunden, und ja, ich hatte auch die ein oder andere modische Verfehlung, und ja, ich hatte auch schon was mit den falschen Typen, aber erstens sind das keine Geheimnisse, dazu stehe ich nämlich ganz offen, und zweitens gibt es da auch nichts, was mich nun einholen könnte.
Am seltsamsten ist die letzte Nachricht. Ich muss bald für die Sünden meiner Familie büßen. Gut, meine Familie ist – einschließlich mir selbst – nicht sonderlich gläubig, aber bitte, schwerwiegende Sünden haben wir nicht begangen!
Oder zählt sonntags Auto waschen als Sünde? Oder freitags Fleisch essen? Wir nehmen es mit den zehn Geboten und den Kirchgängen nicht wahnsinnig genau, aber wir haben keine richtig schlimmen Dinge getan, wie jemanden umbringen zum Beispiel.
Verwirrt stehe ich da und überlege gerade, ob ich Emily anrufen und ihr von den komischen Nachrichten erzählen soll, da erfasst mich eine bisher nie gekannte Panik. Emily! Die eingeritzten Worte in der Wohnungstür! Irgendwas mit Geheimnis! Und jetzt diese Nachrichten auf meiner Mailbox!
Ich presse mich eng an die Hauswand neben mir und umklammere mein Handy. Da hat es jemand auf mich abgesehen! Emily hat keine Anrufe bekommen, nur ich!
Mir wird übel, meine Beine zittern und mein Herz rast wie verrückt. Was will dieser Mensch von mir? Ich habe keine Geheimnisse, und meine Familie auch nicht, aber dieser Typ – die Stimme ist eindeutig eine Männerstimme – hat es auf mich abgesehen!
Ich atme tief ein und dann ganz langsam wieder aus, wende Emilys Anti-Stress-Ritual an, in der Hoffnung, meine Panik würde dadurch verschwinden. Dabei fühle ich mich wie eine Schwangere im Kreißsaal, der gleich jemand ins Ohr brüllt „ruhig atmen und pressen“.
Dieses Atmen hilft mir nicht, und pressen mag ich erst recht nicht, zumal ich ja auch kein Kind bekomme, sondern auf offener Straße eine Panikattacke habe.
Keine Ahnung, wie lange ich nun schon hier herumstehe und atme, ohne zu pressen, jedenfalls merke ich nach und nach, dass das Atmen mich doch beruhigt. Oder ist es die Tatsache, dass mein Gehirn gerade die Arbeit wieder aufnimmt und feststellt, dass ich mich nicht in unmittelbarer Gefahr befinde?
Noch einmal tief einatmen, dann langsam wieder ausatmen, gut, langsam nehmen auch meine Beine ihren Dienst wieder auf und ich stakste unsicher weiter in Richtung Hotel.
Emily rufe ich lieber nicht an, sonst hat sie nachher richtig Angst, allein in der Wohnung zu sein, auch wenn es um mich geht. Vielleicht weiß dieser verrückte Mensch gar nicht, dass ich in Worms und nicht zu Hause bin. Dann wäre es unverantwortlich, Emily nicht zu warnen, oder? Andererseits will ich sie nicht unnötig belasten. Ihr wird sicher nichts passieren. Und mir auch nicht.
Auf dem Weg ins Hotel fühle ich mich trotzdem verfolgt. Ich habe ständig das mulmige Gefühl, dass jemand hinter mir ist. Wenn ich allerdings stehen bleibe und mich umsehe, kann ich nichts Auffälliges bemerken. Mehrmals wechsele ich die Straßenseite und versuche so oft es geht, einen Blick in spiegelnde Schaufensterscheiben zu erhaschen. Trotzdem kann ich keinen Verfolger ausmachen.
„ Jetzt stell dich nicht dumm an“, befehle ich mir selbst. Vermutlich fühle ich mich verfolgt, weil ich weiß, dass ich etwas Wertvolles bei mir habe. Und weil seltsame Nachrichten auf meiner Tür und meiner Mailbox sind.
Aber außer mir weiß niemand, dass ich etwas Wertvolles bei mir trage, und der Nachrichten-Hinterlasser weiß nicht, wo ich bin, also hat auch niemand einen Grund, mich zu verfolgen.
Ich muss versuchen, auf andere Gedanken zu kommen, bevor ich vollends dem Verfolgungswahn zum Opfer falle.
Wenn ich mir überlege, was ich alles mit dem Geld machen könnte! Ich könnte den Armreif verkaufen und mir ein Auto zulegen. Oder ich kann einen meiner beiden Nebenjobs kündigen und habe dann mehr Zeit, mich in die Medienbranche einzuarbeiten. Oder aber ich hänge beide Jobs an den Nagel, schreibe schnell meine Abschlussarbeit runter und Gründe meine eigene Modezeitschrift – wird es doch noch was mit Plan H oder wie er hieß.
Wie viel Startkapital braucht man wohl, um eine eigene Zeitschrift zu gründen, wenn man absolut keine Ahnung von diesem Business hat? Vermutlich mehr als vierzigtausend Euro. Vermutlich auch mehr als das doppelte. Also muss ich mir vielleicht doch eher eine Stelle bei einem schon bestehenden Magazin suchen
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