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Nur Ein Toter Mehr

Nur Ein Toter Mehr

Titel: Nur Ein Toter Mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramiro Pinilla
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Walfischgräte aus der Kehle zieht.
    »Hallo, Chef.«
    Kein komplizenhafter Blick streift mich, Espartas Sekretärin ist einsame Klasse. In der Buchhandlung ist fast alles wieder an seinem gewohnten Platz, die Romane, Ratgeber und Monografien stehen wieder in ihren Regalen, und die Schulbücher sind neben dem Eingang aufgestapelt. Koldobike hat ganze Arbeit geleistet, und das in diesem engen Stiftrock, in dem sie sich bei jedem Bücken winden muss wie eine sich aus ihrem Kokon befreiende Schmetterlingslarve. Sie hätte die Bücher einfach bloß zurück in die Regale stellen können, aber ich finde sie erneut nach Themen und Autoren geordnet, so wie vor dem »Besuch« der Blauhemden. Obwohl, halt, in meinem allerheiligsten Regal ist etwas anders, da fehlt doch …
    »Vor nicht mal zehn Minuten habe ich zwei Bücher verkauft. Du wärst dem Kunden fast noch in die Arme gelaufen«,höre ich Koldobike hinter mir sagen. »Einen Hammett und einen Cain.«
    Meine Laune sackt augenblicklich in den Keller.
    »In den letzten acht Monaten haben wir keinen einzigen Krimi verkauft«, murmele ich wehmütig, »und kaum bin ich Privatdetektiv … Wer war es?«
    »Ein eleganter Herr mit dicker Hornbrille, so um die fünfzig. Er hat sich als Luis Federico Larrea aus Neguri vorgestellt. Einer aus seiner Familie schreibe über Wallfahrtskirchen, Stelen und solche Dinge, hat er mir nebenbei erzählt, er hingegen habe sich darauf verlegt, das Baskenland in Schritten zu vermessen.«
    »In Schritten? Wozu?«
    »Das habe ich ihn auch gefragt, worauf er nur meinte, die Füße seien von jeher
das
Fortbewegungsmittel der Menschheit und Schritte folglich unser wichtigstes Maß für Entfernungen. Gerade arbeitet er an einer neuen Karte von Getxo, für die er die Anzahl der Schritte notiert, die es braucht, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Seit Kurzem ist der Strand an der Reihe, wo er dieser Tage anscheinend die Strecke von Kobo bis zur Peña del Palo vermessen hat. Und da er erfahren hat, dass du den Leuten seltsame Fragen stellst und dich deine Ermittlungen an den Strand geführt haben …«
    »Seine Familie sollte diesen Irren einsperren lassen.«
    »Sancho, möglicherweise will er dich nur bitten, die Schritte zu zählen, die dich hierhin und dorthin führen. Wir haben aber so einen neuen Kunden gewonnen! Bisher hat er seine Bücher in Bilbao gekauft, vor allem Fachliteratur über Geografie, Topografie, Orografie und Vermessungswesen im Baskenland, wie er erzählt hat. Das wird er jetzt alles bei uns kaufen!«
    »Und was will er mit Hammett und Cain?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht interessiert es ihn einfach, wie man einen Kriminalfall aufklärt. Er hat mir jedenfalls seine Visitenkarte dagelassen.«
    Ich habe genug gehört. Unverständliche Worte grummelnd reiche ich ihr meinen Hut und gehe hinter meine Stellwand. Mit einem tiefen Seufzer lasse ich mich auf den Stuhl sinken und lockere meine Krawatte, wie das meine Idole in ihren Büchern auch immer tun. Während meine Hände planlos über Papiere und Mappen auf meinem Tischchen streichen, versuche ich in meinem Kopf die gewonnenen Erkenntnisse zu sortieren. Ob sich daraus eine Spur, und sei sie noch so vage, ableiten lässt? Was hat Sam Esparta eigentlich bislang herausgefunden? Wenig, das man nicht schon gewusst hätte. Und nichts widerspricht den Versionen, die in Getxo über das Geschehene kursierten. Zumindest habe ich aber die Zeugen von damals direkt vor meiner Nase gehabt und habe
gesehen
, wie sie reagieren, und sicher haben die vergangenen zehn Jahre auch dazu beigetragen, dass sie inzwischen gelassener darüber reden können, wodurch gewisse Einzelheiten, die sie seinerzeit vielleicht in der ersten Aufregung vergaßen, ans Licht kommen – so wie mir das bei meinen Gesprächen mit Lucio Etxe, Eladio Altube und Félix Apraiz schon gelungen ist. Nicht zu vergessen das, was mir die Frauen berichtet haben, Bidane und Elixane, die damals wahrscheinlich überhaupt nicht dazu befragt worden waren: Mit ihren Aussagen habe ich das Bild von den Vorgängen vervollständigt.
    Wieder besserer Laune, lehne ich mich zurück, als Koldobikes Kopf über der Stellwand erscheint. Da sie mich bloß Däumchen drehen sieht, tritt sie hinter ihr hervor.
    »Übrigens waren Don Manuel und Señorita Mercedes noch mal wegen der Schulbücher da. Beide zusammen, man stelle sich das mal vor. Ob es diesmal ernst ist? Mein Gott,wie oft haben die sich schon getrennt in den letzten … zwanzig Jahren? Dieser

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