Nur eine Liebe
gesehen hatte. Kein Grund, sie zu schonen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie unsere Situation noch schlimmer werden konnte.
»Ana!« Stef zeigte mit einem Finger auf den Bogen, durch den wir gekommen waren. Er war verschwunden. »Er hat uns eingeschlossen. Jetzt können wir wirklich nicht raus.«
»Wir wären ohnehin nicht rausgekommen!« Von dem ständigen Pulsschlag des Tempels bekam ich Kopfschmerzen. »Was ist daran so verwirrend? Egal, wo wir sind, wir werden nicht fortgehen. Sam kann uns nicht retten. Deborl würde uns nicht befreien, selbst wenn sein Leben davon abhinge. Außer ihm kann niemand mit dem Schlüssel umgehen. Wir sitzen fest.«
»In Ordnung!« Cris rieb sich die Stirn. »Ihr zwei, bitte. Wir brauchen einen Plan.«
»Was denn für einen? Flucht?« Mit finsterem Blick deutete ich auf den Raum. »Das Einzige, was ich sehe, ist das Loch unter dem Altar, und das würde ich nicht empfehlen.«
»Wir sind genauso schlimm dran, wie wenn wir den Raum verlassen hätten«, murmelte Stef absichtlich hörbar.
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn wir das getan hätten, säßen wir in einer winzigen Schuhschachtel fest.«
»Das kannst du nicht wissen. Das sind doch alles nur Vermutungen.« Stef ragte über mir auf. »Du hast uns die ganze Zeit nirgendwo hingeführt, ohne zu wissen, wo du hingehst oder was du erreichen wolltest.«
»Zumindest habe ich etwas getan.« Ich grub mir die Fingernägel in die Handflächen. »Ihr wäret einfach völlig verwirrt da sitzen geblieben. Habt ihr überhaupt versucht, Deborl zu entkommen? Oder warst du zu sehr damit beschäftigt, sauer zu sein, weil Sam und ich dir nicht erzählt haben, was los war?«
»Tu nicht so, als wüsstest du irgendetwas über mich oder wie ich mich fühle.« In dem roten Schein wirkte ihr Gesicht rosa, und ich war zu weit gegangen.
Es war mir egal. »Ich weiß genug.« Sie brachte Sam ständig wegen seiner Nähe zu mir gegen mich auf, aber sie war diejenige, die seine Briefe und Fotos hortete. Ich wollte ihr wehtun. »Ich weiß, wie du deine Gefühle für Sam verbirgst. Du hast ihn getäuscht, aber er ist an dein Flirten gewöhnt und hat es nie ernst genommen. Aber ich weiß, dass du es ernst gemeint hast.«
Sie starrte mich an, als hätte ich gesagt, sie habe Hühnerfüße oder ihr würden Hände aus dem Kopf wachsen, aber das war Stef. Selbst jetzt tat sie so, als sei es ihr egal.
Ich wusste, dass ich es nicht sagen sollte, aber ich tat es trotzdem. Meine Stimme war leise und zu ruhig. »Ich habe ihm gesagt, dass du ihn liebst.«
Ihr Gesicht wurde leer.
Ein klügerer Mensch hätte jetzt aufgehört, aber ich sprach weiter. »Wenn du so mutig wärst, wie du immer behauptest, hättest du es ihm schon vor vielen Leben gesagt.«
»Und ich nehme an, du hast es getan? Nein, das würde dein gequältes Neuseelen-Dasein ruinieren.« Ihre Stimme wurde stärker, wütender. »Du kannst nicht zulassen, dass du glücklich bist, oder? Vielleicht kapierst du es ja damit: Du kommst nicht zurück. Es gibt hier kein Skelett mit deinem Namen drauf, das heißt, wenn du stirbst, dann war es das. Feierabend. Ich werde Sam immer noch lieben, und übrigens, vielen Dank, dass du es ihm gesagt hast. Jetzt wird er Zeit haben, sich eine Antwort für unser nächstes Leben zu überlegen, wenn du nicht da bist. Bist du jetzt zufrieden? Du bist wirklich so tragisch, wie du denkst, Schmetterling.«
Sie hätte mich auch erstechen können; es tat genauso weh.
Es gab eine ganze Liste von Dingen, die ich nicht tun sollte, sie fragen, ob sie sein Skelett unter all den anderen finden könne – ich konnte es –, oder ihr von seiner Reaktion erzählen, als er erfuhr, was sie für ihn empfand. Und ich hielt mich daran, sagte nichts von alledem, denn es wäre grausam und schäbig gewesen. Nicht dass ich bislang über Grausamkeit und Schäbigkeit erhaben gewesen wäre, aber ich wollte nicht, dass sie mich für immer hasste. Und, romantische Gefühle einmal beiseite, sie war immer noch Sams beste Freundin.
»Es hat keinen Zweck, darüber zu streiten, Stef.« Meine Stimme war gefasster, als sie es je gewesen war, aber sie konnte die Anspannung sicher hören. »Denn wir sitzen in der Falle. Wir werden diesen Raum niemals verlassen.«
KAPITEL 29
Unsterblichkeit
Nachdem ich Stef und Cris so erschreckt hatte, dass es ihnen die Sprache verschlug, marschierte ich zu Meurics Skelett hinüber und trat gegen den Schädel.
Welche Magie ihn auch immer zusammengehalten hatte, sie musste
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