Nur eine Liebe
den Blick. »Nein, nicht einmal Sylphen.« Nach den vielen Wochen, die es gedauert hatte, bis die Sylphenverbrennungen an meinen Händen verheilt waren, hätte es mir vielleicht nichts ausgemacht. Aber in der Nacht des Tempeldunkels, als Meuric mich in den Tempel geführt und versucht hatte, mich dort einzuschließen, hatte ich ihm ein Messer ins Auge gerammt und ihn in eine auf dem Kopf stehende Grube gestoßen. Er war nach oben gefallen und hatte noch wild um sich geschlagen. Es war Selbstverteidigung gewesen, doch die Schuldgefühle quälten mich immer noch. Ich hätte eine bessere Lösung für mein Problem finden sollen, aber jetzt war es zu spät.
Sam legte die Arme um mich.
»Ich will sie nicht verletzen«, sagte ich, »aber je mehr ich dies verstehe, umso mehr verstehe ich Janan. Was Menehem auch getan haben mag, es hat Janan für kurze Zeit aufgehalten. Ihr anderen spürt es nicht, aber für mich fühlen sich die weißen Mauern schrecklich an. Und der Tempel gibt mir ein Gefühl …« Ich blinzelte Tränen fort. »Janan ist nicht gut, Sam. Was immer Janan ist, es ist schlecht. Es ist böse.«
»Schon gut.« Sam drückte sich an mich, als könnte er mich vor etwas wie Janan beschützen. Als könnte er sogar meine Angst vor Janan verstehen, während er Janan überhaupt nicht fürchtete. Ich kam ihm wahrscheinlich einfach verrückt vor, weil ich die Wärme und den Puls der Mauern für falsch hielt. Ich war die Einzige, die eine scheinbar irrationale Abneigung dagegen besaß, dicht neben den Außenmauern von Gebäuden zu schlafen, aber ich konnte mich nicht einmal an die Wand lehnen. Dann krampfte sich mir der Magen vor Unbehagen zusammen.
Doch ich hatte recht. Irgendetwas stimmte an Janan nicht. In dem Tempel hatte er mich einen Fehler genannt, was andeutete, dass er einen Plan hatte. Er hatte außerdem gesagt, ich sei »belanglos«, was andeutete, dass er mich nicht als Bedrohung ansah.
Ich wollte eine Bedrohung sein.
Sam fuhr mir mit den Fingern durchs Haar und den Nacken hinab. »Ich wünschte, ich würde verstehen, wie es dir dabei geht. Ich wünschte, ich könnte es in Ordnung bringen.«
Er wollte nicht mich in Ordnung bringen. Er wollte die Dinge mit Janan in Ordnung bringen.
Ich fand es schön, dass er nicht dachte, ich würde mich irren. Ich fand es schön, dass er mir glaubte. Dass er mir vertraute, trotz des Bildes, das ich abgeben musste.
Als die Nacht hereinbrach, knarrte das Gebäude im Wind, und Sams Worte wurden durch mein Haar gedämpft. »Ich habe nur Angst, dass jemand denkt, wir würden ein weiteres Tempeldunkel erschaffen, wenn wir uns zu sehr in Menehems Recherchen vertiefen, ganz egal, wie unsere Absichten sind.«
»Selbst dass wir in Besitz seiner Forschungsunterlagen sind, wird für manche Leute zu viel sein«, flüsterte ich. »Ich mag zwar jetzt mehr Freunde haben, aber Meuric war mit seinen Gefühlen gegenüber Neuseelen nicht allein. Ganz und gar nicht.« Mir fielen auf Anhieb fünf Personen ein, die ihre Abneigung klar zum Ausdruck gebracht hatten, und viele weitere, die sich nur nicht die Mühe machten, mich zur Kenntnis zu nehmen.
Sam nickte frustriert.
»Ich möchte nicht, dass irgendjemand denkt, ich wollte ein weiteres Tempeldunkel, aber Menehems Gift ist das einzige Mittel, das ich kenne, das eine Wirkung auf Janan hat. Ich will einfach – ich will eine Waffe, Sam. Du hast mir ein Messer gegeben, als ich dir erzählt habe, dass mir eines Abends jemand nach Hause gefolgt sei. Ein Messer wird gegen Janan nichts nutzen. Soweit wir wissen, ist dieses Gift das Einzige, das eine Wirkung gegen ihn zeigt. Ich will verstehen, auf welche Weise. Ich will herausfinden, ob es vielleicht noch eine andere Möglichkeit gibt, wie ich mich schützen kann.« Ich wollte mich sicher fühlen, aber das wäre in Heart nicht möglich, und ich wollte Sam nicht darum bitten, dieses Leben nur meinetwegen in einer staubigen Hütte zu verbringen.
»Lass uns den Rest von Menehems Forschungen durchgehen«, schlug Sam vor. »Ich bin mir sicher, dass er Videos und alle möglichen Varianten seiner Ergebnisse aufgezeichnet hat. Wird das helfen?«
»Es ist ein Anfang.«
KAPITEL 4
Beobachter
Sam schlief bereits auf dem Sofa, als das Geräusch kam, ein leises Kreischen des Windes, bei dem mich ein ängstlicher Schauer durchfuhr. Ich tastete mich zum Fenster vor.
Die Abenddämmerung hatte sich herabgesenkt, und der Blick aus dem Fenster, das meinem Bett am nächsten war, enthüllte nur
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