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Nur eine Liebe

Nur eine Liebe

Titel: Nur eine Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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Jetzt war sie die Sprecherin und immer auf der Suche nach Rissen in der Rüstung der Leute – und wachsam, ob sie vielleicht logen. Unter ihrer Aufmerksamkeit wäre ich beinahe eingeknickt.
    »Ich …« Die Sätze, die ich vorbereitet hatte, schienen jetzt die Worte von jemand anderem zu sein. Jeder würde wissen, dass ich log, und ich konnte nicht auf Sams Hilfe bauen, denn diese Fragen waren nicht für ihn bestimmt. »Ich denke nicht, dass Sylphen dumm sind«, platzte ich heraus.
    »Oh?« Sine wartete.
    »Nun, man hat es ja gestern gesehen: Sylphen haben die Musik mitgesungen. Sie wussten genug, um es als Musik zu erkennen und mitzusingen, obwohl sie – nehme ich an – sie nie zuvor gehört haben.«
    »Das ist faszinierend«, warf Ratsherr Finn ein, und sein Tonfall wurde spöttisch. »Aber hast du ihnen gesagt, dass sie fliehen sollen, indem du es gesungen hast?«
    Ich wand mich. »Nein. Was ich damit sagen will, ist Folgendes: Wenn sie klug genug sind, um Musik zu erkennen, dann erkennen sie vielleicht die Ähnlichkeiten zwischen Menschen. Sie sind während des Tempeldunkels vor Menehem geflohen. Ist es nicht möglich, dass sie gemerkt haben, dass ich ihm ähnlich sehe? Oder vielleicht haben sie mich in jener Nacht mit ihm gesehen und haben sich daran erinnert?«
    Die Ratsmitglieder tauschten stirnrunzelnde Blicke.
    »Wir wissen nicht, was Menehem mit den Sylphen gemacht hat.« Meine Lüge wurde etwas selbstbewusster. »Und wir werden es nicht wissen, bis er wiedergeboren wird.«
    Sie tuschelten miteinander, und Sam warf mir einen ermutigenden Blick zu. Dies war seine Rolle. »Erzähl ihnen von der anderen Sache, die dir vom Tempeldunkel wieder eingefallen ist«, forderte er mich auf.
    Ich biss mir auf die Unterlippe – echte Nervosität, nicht gespielt –, und es wurde wieder still im Saal. »Das habe ich auch vergessen. Es tut mir leid, die Nacht war einfach so …«
    »Ist schon gut.« Sine war beinahe wieder die Alte, als würde ich ihr etwas bedeuten. »Menschen neigen dazu, traumatische Ereignisse zu vergessen. Es ist ein Schutzmechanismus der Seele.«
    Es schien unwahrscheinlich, dass ich mich wegen all dieser Lügen noch schlimmer fühlen konnte, aber wenn ich ihnen nicht irgendetwas erzählte, würden sie mich weiter bedrängen. Solange ich ihnen nicht erzählte, woher ich das alles wusste, konnte ich sie etwas beruhigen und ihnen einen Grund geben, mir gegenüber nicht mehr so misstrauisch zu sein.
    »Menehem hat mir außerdem erzählt, dass das, was immer er mit Janan gemacht hat, nicht noch einmal funktionieren würde. Niemand würde in der Lage sein, ein weiteres Tempeldunkel zu verursachen.«
    Mehrere Leute atmeten aus und lehnten sich auf ihren Stühlen zurück. Keine weiteren Neuseelen. Keine weiteren Verluste von Altseelen. Ich hasste es, nicht zu wissen, wie ich darüber empfand, aber ich verspürte eine gewisse Enttäuschung und Schuldgefühle. Warum durfte ich leben? Warum nicht auch all die anderen?
    Würde es nur uns dreiundsiebzig geben, und dann würden wir sterben und nach unserer Generation vergessen sein?
    »Das ist also deine Theorie?«, hakte Deborl nach. »Menehem hat achtzehn Jahre lang mit Sylphen experimentiert, und sie gehen davon aus, dass du auch darüber Bescheid weißt. Ist das der Grund, warum sie dort draußen auf dich gehört haben?«
    Es klang dumm, als er es aussprach. Und es war dumm. Aber es war besser, als zu behaupten, ich hätte keinen Schimmer – oder zuzugeben, dass ich in Menehems Labor gewesen war und alles über seine Forschungen wusste.
    »Lass gut sein, Deborl.« Sine sah ihn nicht an. Falten zogen sich über ihr Gesicht. Sie waren tiefer als bei meiner ersten Begegnung mit ihr. Der sichtbare Stress des Sprecheramtes. »Ana hat uns wertvolle Informationen geliefert, und ob sie den Sylphen hätte sagen sollen, dass sie in die Eier gehen sollen, spielt nun keine Rolle mehr. Sie hätten es vielleicht ohnehin nicht getan.«
    »Das Problem«, wandte Deborl ein, »ist, dass Ana eine Wahl getroffen hat. Sie hat sie gewählt.«
    Sine musterte mich, und Enttäuschung blitzte in ihren Zügen auf. »Das ist wahr.«
    »Kann man ihr deswegen einen Vorwurf machen?«, fragte Sam. »Wenn sie tatsächlich die Sylphen gewählt hat, kann man ihr auch nur den geringsten Vorwurf machen, wenn man bedenkt, wie sie behandelt worden ist? Deborl, du erinnerst dich doch bestimmt daran, dass dein Freund Merton vorgeschlagen hat, Neuseelen wie Kentauren zu töten.«
    Deborl

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