Nur eine Liebe
kein seltsames Singen, nur den Herzschlag und den Druck und etwas, das mein Haar – oder irgendjemandes Fingernägel – sein konnte und mir über die Arme strich.
Ich rannte.
Das Heulen umgab mich nun von allen Seiten, war greifbar, und Janan flüsterte direkt an meinem Ohr: »Du wolltest einen Ort, an den du gehen kannst. Jetzt hast du jeden Ort.«
Ich trieb meine Beine entschlossener an, weg von seiner Stimme, aber die Fingernägel kratzten mir unablässig weiter über die Haut. Wenn ich stehen blieb, würde er mir noch schlimmer wehtun. Er brauchte es nicht auszusprechen.
Als ich langsam genug geworden war, um den SAK in der Hoffnung auf irgendeine Art von Beleuchtung aus der Tasche zu zerren, verschluckte die onyxfarbene Luft nur das Licht. Wenn überhaupt, so zog sich die Dunkelheit nur noch enger um mich zusammen, obwohl es mir ein Rätsel war, wie völlige Schwärze noch perfekter werden konnte.
Stunden vergingen. Oder mehr. Es war unmöglich, die Zeit zu messen, falls Zeit hier drinnen überhaupt eine Rolle spielte, aber meine Hüften und Beine schmerzten, und ich hatte das undeutliche Gefühl, dass ich Hunger oder Durst haben sollte.
Und dann hatte ich Hunger und Durst, weil ich wusste, dass ich Hunger und Durst haben sollte. Ich verlangsamte mein Tempo, um die Hand auf den Magen zu legen. Ich war am Verhungern, obwohl Meuric gesagt hatte, dass ich hier drinnen weder zu essen noch zu trinken brauchen würde.
»Ich habe auch Hunger«, murmelte Janan, »und ich bin mir sicher, dass du köstlich bist.«
Mein Schluckauf verpuffte in der flüssigen Luft. Ich wünschte, Sam wäre hier. Ich wünschte, wir wüssten nichts über Janan. Ich wünschte, wir säßen am Flügel und spielten ein Duett, unsere Beine aneinandergedrückt, weil eigentlich keiner von uns an Musik dachte. Ich wünschte mir alles so sehr, dass ich für einen Moment dachte, ich sei dort, aber dann durchschnitt ein Schrei die Schwärze, und ich erinnerte mich an den Tempel und das Rennen und Janan.
»Keine Tränen.« Nicht Janan. Auch keine echte Stimme, sondern ein Gedanke, der nicht meiner war. »Der Verschlinger ist körperlos. Er war nie in der Lage, den anderen zu berühren.«
Ich stolperte über meine Füße, fiel und schlug auf dem Boden auf. Stechende Schmerzen rasten durch meine Hände und Knie, während ich in der Dunkelheit nach der Nichtstimme suchte. Wenn ich es nicht war und auch nicht Janan, war es vielleicht einer der Weinenden.
Ich rang nach Luft, dann fummelte ich in meinem Mantel nach der Wasserflasche und trank die Hälfte davon. Das Gefühl von Klauen auf der Haut ließ nicht nach, aber die Nichtstimme hatte recht. Das Gefühl war nur in meinem Kopf und verschwand, als ich mir über das Gesicht, den Hals und die Hände rieb.
Janans Worte und die des Weinenden – sie bedeuteten etwas, aber ich war zu benommen, um klar denken zu können. Die Dunkelheit blieb überwältigend.
Vielleicht war ich blind. Wie weit ich auch die Augen aufriss, ich sah nirgendwo Licht. Ich versuchte es wieder mit meinem SAK. Ein weißes Leuchten durchdrang die Dunkelheit, erhellte jedoch nur Schwärze, als ich den Bildschirm auf den Boden richtete. Ringsum nichts als Schwärze.
Zitternd versuchte ich, Sam eine Nachricht zu senden, aber aus dem SAK kam eine Fehlermeldung. Ich steckte ihn weg und stemmte mich auf die Füße. Ich durfte nicht zulassen, dass mich das Schreien oder das Weinen oder die Fingernägel, die mir über die Haut kratzten, fertigmachten. Sie waren nicht real.
Entschlossen, mich von Janan nicht aufhalten zu lassen, trat ich vor, und die ganze Welt veränderte sich.
KAPITEL 16
Wahrheit
Leuchtendes Weiß umgab mich.
Ich brach auf dem Boden zusammen und hielt mir das Gesicht und die brennenden Augen, während der Druck nachließ und das Weinen mir nicht mehr folgte. Jetzt hörte ich nur das Zischen und Rascheln von Stoff, heiseres Atmen, das nicht von mir kam, und ein Gestank wie Kupfer und Ammoniak, der so stark war, dass mir davon übel wurde.
Ich war nicht allein.
»Was machst du hier?«
Die Stimme war unklar und heiser, und sie kam von der anderen Seite von etwas, das der Boden eines großen Lochs zu sein schien, obwohl eine Treppe sich nach oben wand.
Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und konzentrierte mich auf den dunklen Klumpen aus Knochen und Lumpen. Blut befleckte sein Gesicht und seine Hände, und eine verfaulte Wunde hockte wie eine Spinne an der Stelle, wo ich ihm das Auge ausgestochen
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