Nur eine Liebe
Ratsmitglieder Deborl und Sine im Gespräch. Stritten sie? Ich konnte es von meinem Platz aus nicht erkennen.
Als ich die Maske sinken ließ – ich hatte vergessen, dass ich sie mir immer noch vor das Gesicht hielt –, entdeckte ich auf der anderen Seite des Gartens eine vertraute Gestalt; sie saß neben einem Gewirr von umgestürzten und geschwärzten Kiefern. Sam.
Stef beugte sich über ihn, die Hände auf seinen Schultern. Ich konnte ihr Gespräch nicht hören, aber Stef schaute in meine Richtung, die Dunkelheit verbarg ihren Gesichtsausdruck.
Sie liebte ihn. Cris wahrscheinlich auch. Mir fielen nur etwa sechs Leute ein, die ihn wohl nicht liebten.
Schwerkraft zog an meinen Gliedern, aber Cris fasste mich an den Ellbogen und verhinderte, dass ich nach vorn sackte. Die Maske hatte nicht so viel Glück. Sie prallte ab, als sie auf der Erde landete.
Brandgeruch durchzog die Luft, aber jetzt, da das Feuer gelöscht war, wirkte alles so leise. Das brüllende, lodernde, verzehrende Feuer. Überall standen die Menschen noch in Gruppen zusammen, redeten und zeigten auf verschiedene Stellen des Hauses.
Seltsam, dass der weiße Stein unversehrt blieb, als wäre nichts geschehen. Ich hatte jedoch nichts Geringeres von Janan erwartet. Nach dem Tempeldunkel hatte ich gesehen, wie der Tempel sich selbst heilte und wie andere Gebäude aus weißem Stein Angriffe überstanden hatten, die sie nicht hätten überstehen dürfen. Es war falsch. Gruselig.
»Kannst du aufstehen?« Cris hielt mich an den Schultern fest.
»Ich weiß es nicht.« Aber ich versuchte es, rappelte mich hoch und benutzte Cris’ Schulter, um das Gleichgewicht zu halten. Auf der anderen Seite des Gartens stand auch Sam auf und kam auf mich zu, und Stef blieb nichts anderes übrig, als hinter ihm herzulaufen. »Danke, dass du mir geholfen hast.« Ich war immer zu langsam, was Höflichkeit anging, doch diesmal hatte ich mich wenigstens rechtzeitig daran erinnert.
»Natürlich.« Cris lächelte. »Wir haben eine Menge Arbeit vor uns, du ganz besonders. Ich kann dich doch so kurz vor dem Markttag nicht mit Rauch in der Lunge herumlaufen lassen.«
In einem mobilen Sanitätsfahrzeug brannten Lichter. Wahrscheinlich war Geral dort drin. »Ich hoffe, ihr und dem Baby geht es gut.«
»Deinetwegen haben sie eine Chance.«
Ich war mir noch nicht sicher, wie ich mich deswegen fühlen sollte. Gut? Stolz? In erster Linie fühlte ich mich überwältigt und erschöpft.
»Ana.« Sams tiefe Stimme erfüllte mich, süßer als die frische Luft aus der Maske. Ruß und Asche befleckten sein Gesicht und seine Kleider.
Ich trat in seine Arme, erleichtert, ihn überhaupt zu berühren. Warm. Fest. Real. Keiner von uns war verbrannt worden.
Er schwankte, blieb aber aufrecht stehen, als ich mich an ihn lehnte. »Ich bin so froh, dass es dir gut geht«, murmelte er mir ins Haar. »Ich habe dich im Rauch verloren. Ich habe mir Sorgen gemacht.« Hände drückten sich mir fest in den Rücken.
»Irgendeine Ahnung, was die Explosion verursacht hat?«, fragte Cris hinter mir. Ich hatte vergessen, dass er da war.
Sam schüttelte den Kopf. »Wir sollten Geral nicht damit belästigen, aber Orrin ist dort drüben. Wir können fragen, ob sie irgendetwas Ungewöhnliches getan haben.«
»Soll ich Ana zu dir nach Hause begleiten, Sam?« Das war Stef. Ihre Anwesenheit hatte ich auch vergessen. »Nicht nötig, sie damit zu belasten, und sie sieht so aus, als könnte sie ein wenig Ruhe gebrauchen.«
Ich löste mich von Sam. »Mir geht es gut. Außerdem bin ich mir sicher, Stef, dass dein wissenschaftlicher Verstand hier von größerem Nutzen sein würde. Du brauchst mich nicht nach Hause zu bringen.«
Sie sah aus, als wolle sie widersprechen – wahrscheinlich wollte sie sagen, dass ich zu jung sei und nicht solchen Schrecken ausgesetzt werden sollte –, aber genau in dem Moment erhellte auf der anderen Seite der Stadt ein Lichtschein den Himmel. Der Boden erzitterte.
»War das …«, begann sie, schien aber außerstande, den Gedanken zu vollenden. Als sei er zu schrecklich, um ihn zu erfassen.
Die Worte waren Asche in meinem Mund. »Noch eine.«
Die Explosionen waren kein Unfall.
KAPITEL 21
Rauch
Es gab noch drei weitere Explosionen, jede eine Stunde nach der vorhergehenden. Stef versuchte jedes Mal, mich nach Hause zu schicken, aber ich weigerte mich. Sam und Cris unterstützten sie nicht, und ihr Ärger wurde zu einem finsteren Blick.
»Sie sollte nicht hier sein«,
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