Nur eine Nacht voll Zärtlichkeit
musste nichts zu bedeuten haben. Oder?
Idiot, schalt er sich innerlich erneut.
“Vielleicht hätte ich den Mund halten sollen”, sagte Annie, die sein missvergnügtes Schweigen zu deuten wusste. “Ich dachte nur, du möchtest wissen, was sie gesagt haben …”
Trent schüttelte den Kopf. “Wie ich schon sagte, ich bin daran gewöhnt.”
“Was finden die Leute denn so faszinierend an den McBrides?”, fragte Annie neugierig und drehte sich zu ihm.
Trent wandte den Blick nicht von der Straße. Aber er spürte Annies Blick, genau wie ihre körperliche Nähe. Er hätte die Hand ausstrecken und Annie berühren können. Rasch umfasste er das Lenkrad noch fester.
“Keine Ahnung”, antwortete er schließlich. “Wir hatten ein paar Skandale, aber nicht mehr als andere Familien. Wir sind weder reich noch in kriminelle Machenschaften verstrickt. Wir sind eine ganz normale Familie. Was weiß ich, warum sie so gern über uns reden.”
“Wann fing es denn an?”
“Schon vor ewigen Zeiten. Erst hieß es, mein Urgroßvater sei ein Pferdedieb gewesen. Dann folgte eine wahrhafte Fehde zwischen den McBrides und den Jennings – das war zu Zeiten meines Großvaters. Mein Onkel, Josiah junior, war ein gemeiner alter Mann, dessen erste Frau vermutlich an Vernachlässigung gestorben ist. Seine zweite Frau brannte mit einem verheirateten Mann durch, einem Jennings. Dessen Sohn wurde Jahre später ermordet, und mein Cousin Lucas, Josiahs Sohn, wurde von allen für schuldig gehalten, obwohl man ihm nie etwas beweisen konnte.
“Verstehe”, sagte Annie verblüfft.
Trent fragte sich, warum er ihr das alles überhaupt erzählte. Vielleicht um sie darauf vorzubereiten, was sie in Gesellschaft eines McBrides erwartete. In seiner Gesellschaft. “Lucas verließ die Stadt, um den Verdächtigungen für eine Weile zu entgehen. Er ging nach Kalifornien, machte ein Vermögen mit Computern und kam vor ein paar Jahren zurück, um seine Halbschwester Emily zu besuchen. In dieser Zeit ließ er sich mit Roger Jennings Schwester Rachel ein und …”
“War Roger nicht der Mann, den er ermordet haben sollte?”, fragte Annie, um zu zeigen, dass sie der verworrenen Geschichte einigermaßen folgte.
“Ja, aber er war es natürlich nicht gewesen. Es kam heraus, dass sein Onkel Sam der Mörder war, der auch Josiahs zweite Frau auf dem Gewissen hatte und den Mann, mit dem sie angeblich durchgebrannt war, Sams Bruder Al.”
“Wie bitte?”
“Ach, lange Geschichte. Auf jeden Fall war Lucas’ Unschuld erwiesen. Er heiratete Rachel und lebt jetzt in Kalifornien, und Emily ist mit Chief Davenport verheiratet. Hast du die beiden kennengelernt?”
“Nein, noch nicht, aber sie sollen sehr nett sein.”
Trent mochte seine Cousine und hatte eine hohe Meinung von ihrem Mann. “Das sind sie.”
Annie dachte kurz nach. “Gut, es mag ein paar pikante Einzelheiten in der Geschichte der McBrides geben, aber dein Zweig der Familie scheint mir doch tadellos.”
“Größtenteils”, sagte Trent. “Meine ältere Schwester Tara war stets ein vorbildlicher Teenager. Sie ging aufs College und dann nach Harvard, um Jura zu studieren, und arbeitete danach in einer renommierten Kanzlei in Atlanta. Dann, vor ein paar Jahren, weigerte sie sich, eine fragwürdige außergerichtliche Einigung zu unterstützen und wurde entlassen. Schließlich hat sie einen Privatdetektiv geheiratet, der sie zunächst wegen Steuerhinterziehung verfolgt hatte, was sich aber als falscher Verdacht erwies, und ihre eigene Kanzlei gegründet.
“Dein Bruder Trevor scheint mir auch ein tadelloser Mensch zu sein.”
“Trevor ist genauso ein Überflieger wie Tara. Er hat im Finanzministerium gearbeitet. Nachdem seine erste Frau und Mutter seiner Kinder bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, ist er wieder hierher gezogen. Als er Jamie heiratete, gab es ein bisschen Gerede, weil sie Schauspielerin in New York war und ziemlich unkonventionell. Aber seit der Hochzeit führen sie ein so ruhiges Leben, dass sich das schnell gelegt hat.”
“Und jetzt stürzen die Leute sich auf dich.”
Trent erinnerte sich, dass ja er selbst der Grund für seine Ausführungen war. Annie sollte wissen, was es bedeutete, mit ihm gesehen zu werden, falls sie nach heute Abend noch mehr Zeit miteinander verbrachten. “Ja. Der Rest der Familie lebt sehr unspektakulär. Aber was sie an mir so interessant finden, weiß ich auch nicht.”
“Nicht?”, fragte Annie leise.
“Weißt du etwa mehr als
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