Nur eine Ohrfeige (German Edition)
Blick von seinem Spiegelbild ab und konzentrierte sich auf ihre Ohrringe. Es war fast ein bisschen erschreckend, wie gut ihr Mann aussah. Selbst unrasiert und mit seinen grauen Strähnen sah er viel jünger aus, als er war. Es war wirklich absurd, dass sie, die so stolz auf ihre kühle Rationalität war, immer noch Liebe für diesen Mann empfand, die komplett auf Lust basierte. Manchmal wusste sie nichteinmal, ob sie Hector überhaupt mochte. Er konnte aber auch wirklich schrecklich sein. Sie spürte, dass er immer noch schmollte, so wie Adam, wenn er einen Wutanfall hatte und darauf wartete, dass sie alles wieder in Ordnung brachte. Nur dass Adam ein Kind war und Hector über vierzig. Auch wenn sie ihn vielleicht nicht mochte, war er nach wie vor der attraktivste Mann der Welt für sie. Zusammen gaben sie ein tolles Paar ab. Man beneidete sie.
»Mir ist langweilig«, rief er und ließ sich demonstrativ rückwärts aufs Bett fallen, sodass die Beine in die Luft flogen und das Handtuch zu Boden rutschte. »Dieses scheiß Ubud langweilt mich.« Er kam wieder hoch. »Lass uns morgen abhauen. Donnerstag ist Vollmond. Wir fahren nach Amed und sehen uns den Vollmond an.«
Wie ein kleines Kind.
»Ich bin sicher, dass jeder Fahrer auf der Insel behauptet, der Vollmond sei in seinem Heimatdorf am schönsten. Mir gefällt Ubud. Ich wüsste nicht, warum wir hier weg sollten.«
»Ich will schwimmen.«
»Deswegen haben wir ja auch ein Hotel mit Pool gebucht.«
»Ich will im Meer schwimmen.«
Hector war genau wie Adam. Was hätte sie in so einem Fall zu Adam gesagt? »Wenn du nach Amed willst, musst du das organisieren. Du kümmerst dich darum, wie wir hinkommen, um ein Hotel und um die Fahrt zurück zum Flughafen. Wenn du das alles organisierst, können wir von mir aus überall hinfahren.«
Er beäugte sie misstrauisch. »Meinst du das ernst?«
»Ja, klar.«
»Nee.« Er schnaubte. »Nachher hältst du mir das wieder vor.«
Sie wirbelte auf dem Stuhl herum. »Werd ich nicht.«
»Dann gefällt dir das Zimmer nicht, das ich miete. Irgendwas findest du bestimmt.«
Sie drehte sich wieder zum Spiegel. »Fick dich, Hector. Ich bin nicht deine Mutter.«
Das saß. Er verstummte. Sie schminkte sich zu Ende und sah sich nach ihren Schuhen um.
»Sandi ist schwanger.«
Sie reagierte nicht, das Thema war auf jeden Fall gefährliches Terrain.
»Sie ist schon über den dritten Monat hinaus.« Pause. »Harry hat es mir erzählt, kurz bevor ich abgeflogen bin.«
Sie war sicher, dass er absichtlich gestockt hatte. Der Mistkerl trieb ein Spiel mit ihr. »Das sind doch tolle Neuigkeiten.« Sie zwang sich ein Lächeln ab und verschwand Richtung Bad. »Freut mich für Sandi.«
Sie hörte ihn murren. Leise, aber deutlich. »Für Harry freut es dich wahrscheinlich nicht.«
Warum versetzten ihr diese Worte einen Stich? Warum war sie so lächerlich eifersüchtig? Und sie war wirklich eifersüchtig. Sie wollte, dass er sich zwischen seinem Cousin und ihr entschied. Es war ganz einfach. Sie wollte, dass er auf ihrer Seite stand. Sie hatte es verdient. Immerhin hatte sie sich gegen Art entschieden. Und Harry war ein gewalttätiger, böser Mensch.
Sie saß auf dem Toilettendeckel und sah in den Himmel. Sie hatte keine Ahnung, warum sie ins Bad gegangen war. Die Wolken hatten sich verzogen, und jetzt strahlten die Sternbilder auf sie herab. Sie konnte das pikant-saure indonesische Essen riechen.
Er klopfte an die Tür. »Ich muss mich anziehen.«
Er war immer noch aufgebracht. Sie stand auf und drückte die Spülung. Ohne ein Wort ging sie an ihm vorbei.
Sie wünschte, sie könnte den Tag nochmal von vorn beginnen und alles anders machen. Vor Hector aufwachen, ihm vorschlagen, den Vormittag am Pool zu verbringen, statt lange in der Hitze spazieren zu gehen. Aber der Tag hatte nun mal anders begonnen und schien seinen eigenen Lauf nehmen zu wollen. Die Stimmung zwischen ihnen wurde immer gereizter, und beim Abendessen konnten sie keinen Satz wechseln, ohne dass sie sich am liebsten an die Gurgel gegangen wären. Er hatte vorgeschlagen, etwas trinken zu gehen und dann in einem Nobelrestaurant auf dem Gelände eines Hindutempels zu essen. Um die Tische war ein Wassergrabenangelegt, auf dem riesige Seerosen schwammen. Eigentlich hätte sie gern dort gegessen, aber sie war immer noch sauer, dass er nicht nochmal mit ihr ins
La Luna
hatte gehen wollen, also sagte sie: »Nein, das ist zu teuer.« Er antwortete nicht. Stattdessen marschierte er
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