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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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ihnen zu entschuldigen.« Hector konnte es nicht fassen. Wütend beugte er sich über den Tisch. »Dabei hätte eigentlich Rosie auf Händen und Füßen angekrochen kommen müssen, um ihn um Verzeihung zu bitten.«
    Jetzt verlor sie allmählich die Geduld. Er klang genau wie seine Mutter. Es waren exakt Koulas Worte, ihre Ausdrucksweise, ihre Einstellung.
    »Was hat Rosie denn getan, außer ihren Sohn zu schützen?«
    »Was Rosie getan hat, war, Hugo als Alibi vorzuschieben, um sich nicht ihre gescheiterte Beziehung zu Gary eingestehen zu müssen. Und genauso wenig will sie sich damit beschäftigen, wie es wirklich um ihn steht … Dass er nämlich ein ziemliches Alkoholproblem hat und dass er der größte Künstler auf der Welt ist, aber leider nur in seinem Kopf, weil er nämlich keinen Funken Talent hat … Und dass er das Kind eigentlich nie haben wollte.« Hector holte tief Luft. Als er wieder ansetzte, klang er ruhiger, überlegter. »Ich bezweifle nicht, dass Rosie den Jungen liebt. Mein Gott, Aisha, Gary liebt ihn sicher auch. Aber als Eltern sind sie totale Nieten.Der Kleine ist ein Monster. Niemand mag ihn. Unsere Kinder halten es keinen Augenblick mit ihm aus. Was sagt dir das?«
    Sie schwieg. Sie hatte plötzlich wahnsinniges Mitleid mit Hugo. Wie verwirrt und verletzt der Arme sein musste. Sobald Rosie nicht da war, musste er mit Entsetzen feststellen, dass er nicht der Nabel der Welt war. Aber er würde lernen, damit umzugehen. Natürlich würde er das. Auch das war der Lauf der Welt, so ging es allen Kindern. Irgendwann trafen sie auf andere Kinder.
    »Er wird sich ändern, wenn er in die Schule kommt.«
    Hector lachte. »Allerdings, Schatz, er wird sich ändern, und weißt du auch warum? Weil die anderen Kinder ihm die Scheiße aus dem Leib prügeln werden. Hast du mal unsere Kinder gefragt, wie sie es fanden, dass Harry ihn geohrfeigt hat?«
    Hatte er etwa mit den Kindern darüber gesprochen?
    »Was hast du Adam und Melissa erzählt?«
    Er lehnte sich zurück. »Nichts.«
    »Woher weißt du es dann?«
    Er antwortete nicht.
    »Woher weißt du es?«
    Er verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust.
    Plötzlich wusste sie Bescheid. Sie stieß ein hohles Lachen aus. »Deine verdammte Mutter. Natürlich.«
    »Harrys Familie, Aish. Rocco ist ihr Cousin. Die wissen genau, was los ist.«
    »Du meinst, sie bekommen erzählt, was los ist.«
    Er blieb ganz ruhig. »Sie waren dabei. Ich schätze, sie haben sich auch so ihre Gedanken gemacht.«
    Sie bekam Panik, ihr wurde fast schwindelig. Es hatte mit den Kindern zu tun. Hector hatte eine Verbindung zu ihnen, die sie nie haben konnte. Sie hatten die Familie, ein Netz von Verwandten, das sie ihnen nicht bieten konnte. Es hätte auch nichts geändert, wenn ihre Mutter bei ihnen in Melbourne leben würde. Ihre Mutter könnte kein Leben führen, in dem sich alles um die Kinder und Enkelkinder drehte. Und sie selbst hatte ihre Praxis, ihre Freundeund ihr eigenes Leben. Die Familie war Teil davon, aber nicht alles. Und das war auch gut so – so sollte es sein. Für sie war es kein Problem, auf einem anderen Kontinent zu leben als ihre Familie. Hector hätte das nicht gekonnt. Es war ihr klar gewesen, als sie ihn geheiratet hatte. Indem sie sich für ihn entschieden hatte, hatte sie sich für die ganze Familie entschieden. Allerdings hatte sie sich nie damit abgefunden, und sie wusste, dass ihre Kinder das nie verstehen würden. Sie wünschte, Raf würde in Melbourne wohnen. Die Kinder liebten ihren Bruder genauso sehr wie sie. Aber sie konnte Adams und Melissas Liebe zu ihren Großeltern, ihren anderen Onkeln und Tanten nicht teilen. Sicher empfand sie Zuneigung für Manolis, und auch zu ihrer Schwägerin Elizabeth hatte sie ein freundschaftliches Verhältnis. Doch ihre eigentliche Familie in Melbourne waren Rosie und Anouk. Und für die empfanden ihre Kinder keine Liebe.
    Beinahe hasserfüllt betrachtete sie ihren Mann. Du hast mich an dich und dein Leben gekettet, dachte sie verbittert. Wie konnte das passieren?
    Eine der Frauen rief auf Französisch nach ihrem Kleinkind, das in Richtung Bühne lief. Sie wollte aufstehen, um den Jungen zu holen, aber der Bandleader hob die Hand, sagte »d’accord, d’accord« und nahm ihn auf den Schoß. Vor Freude fing er an, schüchtern auf einem Xylophon herumzuklopfen, was bei den Musikern für großes Gelächter sorgte.
    Aisha nickte in Richtung Bühne. »Ist das nicht herrlich?«
    Hector sah zu dem kleinen Jungen hin, der

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