Nur eine Ohrfeige (German Edition)
einmal haben zu können. Kinder, Unabhängigkeit, Reisen, Weltfrieden.«
»Es spricht doch nichts dagegen, dass du ein Kind bekommst.«
»Wie kommst du darauf, dass ich eins will?«
Die beiden Frauen sahen sich an. Ist das die unüberbrückbare Differenz zwischen uns, fragte sich Aisha, ist das die Barriere, die wir nicht überwinden können? Diese Spannung, diese ständige Sackgasse, das war etwas, das sie mit Rosie nicht hatte. Mutter zu sein war keine Frage, sondern eine Tatsache.
»Ich weiß nicht, ob du unbedingt eins willst. Ich sage nur, dass du es haben könntest.«
»Aber ich will verdammt nochmal keins.« Anouk winkte den Kellner heran. »Ist der Tisch inzwischen frei?«
Er entschuldigte sich, brachte ihnen ein Schälchen Cashewkerne und goss ihnen nochmal nach. Als Aisha das Glas an ihre Lippen hob, stellte sie fest, dass sie bereits angetrunken war. Zum Glück war sie nicht mit dem Wagen da. Sie ließ die Schultern kreisen und konzentrierte sich darauf, gerade zu sitzen. Anouk schien der Wein nichts anzuhaben.
»Rhys hat eine gute Freundin namens Jessica. Ein nettes Mädchen.« Anouk steckte sich eine Nuss in den Mund. »Sie ist lesbisch. Die beiden überlegen, zusammen ein Kind zu kriegen.«
Aisha schnappte nach Luft. Es gab so viele Möglichkeiten. Sie beneidete die Jüngeren darum, wie locker sie mit allem umgingen.
»Also, ich finde das toll.« Es war schlimm, sie stotterte. »Wirklich«, stammelte sie. »Ich finde es fantastisch.« Sie hielt inne. Es war lächerlich. Anouk würde sie nicht verurteilen. »Also, für sie jedenfalls«, fügte sie hinzu. »Und wie geht es dir damit?«
»Das ist deren Entscheidung. Ich hab nichts damit zu tun.« Aisha wollte sie unterbrechen, aber Anouk ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen.
»Doch, doch, es geht mich einfach nichts an. Wir sind nicht verheiratet, wir sind nicht wie Hector und du. Ihr habt zusammen eine Entscheidung getroffen.« Anouk fuhr mit dem Finger über den Glasrand. »Ich freue mich für Rhys, wenn er ein Kind mit Jessica bekommt. Und ich spiele auch gern am Wochenende die Tante. Aber wenn ich keine Lust mehr habe, dann gehe ich. Wenn ich mich einen Monat lang nur auf mein Buch konzentrieren will, dann tue ich das.« Sie schob das Glas beiseite. »Ich will keine Mutter sein.«
Aisha wusste nicht, was sie dem entgegensetzen sollte. Irgendwie versetzte ihr Anouks Verweis auf ihre Beziehung zu Hector einen leichten Stich. Als schließe die Ehe Abenteuer aus, als gäbe es in der Ehe kein Risiko mehr.
»Ich hab eine E-Mail von Art bekommen.«
»Dem Kanadier?«
Aisha nickte schuldbewusst, konnte aber ein triumphierendes Lächeln nicht unterdrücken. Sie hatte nicht vorgehabt, die E-Mail zu erwähnen. Sie hatte sie gestern während der Arbeit erhalten, nur zwei Zeilen, die nach einer Antwort verlangten:
Ich kann dich nicht vergessen. Geht es dir auch so?
Sie hatte noch nicht zurückgeschrieben. Aber im Laufe des Tages hatte sie sie mehrmals gelesen, und ihre deutliche Aufforderung hatte sie erregt.
»Was wollte er?«
Aisha wiederholte seine Worte. »Antworte nicht!«
Anouk klang so vehement, so sicher in ihrer Entscheidung. Stellte sie sich die beiden miteinander vor? War sie etwa sauer auf sie? Aisha ging nicht darauf ein.
»Du bist verheiratet, Aish. Du darfst ihm nicht antworten!«
Es klang so altmodisch, so empört, dass sie auf die Idee kam, Anouk wolle sie auf den Arm nehmen. Aisha lachte laut.
»Das meine ich ernst! Du bist verheiratet.«
Ich weiß, dass ich verheiratet bin. Die Geschichte mit Art war nur eine Spinnerei, ein Spiel. Es machte Spaß. Wie kam gerade Anouk darauf, ihr eine Moralpredigt halten zu wollen?
»Erzähl du mir nichts übers Verheiratetsein.« Sie brauchte dringend eine Zigarette, hatte aber keine Lust zu fragen. Als könnte sie ihre Gedanken lesen, zündete Anouk sich eine an und blies ihr den Rauch ins Gesicht.
»Das will ich auch gar nicht.« Sie guckte schon etwas freundlicher. »Das würde ich nie tun, Aish, und das weißt du auch. Aber seitdem du aus Bali zurück bist, erzählst du mir, dass du dir Sorgen um Hector machst.« Anouk lehnte sich auf den Tresen. »Es ist mir egal, ob du in Bangkok mit einem Dutzend Männer geschlafen hast. Schön für dich, wenn es so war. Aber das war ein One-Night-Stand auf einer Tagung, ein Traum, das war nicht die Realität. Die Realität sind Hector und du. Willst du mit Hector zusammen sein?«
Aisha antwortete nicht.
»Ja oder nein?«
»Ja.«
Glaube
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