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Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Nur eine Ohrfeige (German Edition)

Titel: Nur eine Ohrfeige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christos Tsiolkas
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ist mit der Hypothek? Wollen wir nicht irgendwann mal ein größeres Haus haben? Du hast einen tollen Job, Sicherheit, ein Spitzengehalt – erwartest du, dass ich allein für uns sorge? Es war ihr nicht über die Lippen gekommen. Er wirkte unruhig, machte kaum noch Witze, brachte sie nicht mehr zum Lachen und sah erschöpft aus, wenn er von der Arbeit kam. Und er schlief schlecht. Warum war ihr das vor Asien nicht aufgefallen?Mit Adam redete er so gut wie gar nicht mehr, ihre Kommunikation beschränkte sich auf gelegentliches missmutiges Geknurre. Das machte ihr Sorgen. Wie würde es erst werden, wenn Adam in die Pubertät kam?
    Außerdem hörte Hector kaum noch Musik, und von allen Veränderungen war dies die verwirrendste. Ihr Haus war immer von Musik erfüllt gewesen, im Arbeitszimmer und im Esszimmer stapelten sich die CDs bis zur Decke. Manchmal war sie sauer gewesen, dass er so viel Geld für seine Leidenschaft ausgab. Jetzt vermisste sie die verräterischen kanariengelben Taschen von
JB Hi-Fi
, die Papiertüten von
Basement Discs
oder die grellbunten Plastiktüten von
Polyester
. Nicht mal das Radio machte er mehr an. Aisha misstraute seinem Frust, sie hielt es für eine Pose. Aber sie traute sich nicht, es ihm zu sagen. Stattdessen behandelte sie ihn möglichst liebevoll. Neulich hatte sie die CD-Rezensionen in
The Age
gelesen – was sie sonst nie tat – und daraufhin während der Arbeitszeit in dem kleinen Laden am Platz eine CD einer Band namens Yo La Tengo gekauft. Sie war der Meinung, dass er schon andere CDs der Gruppe besaß, und der Rezensent behauptete, es sei eines der Alben des Jahres. Hector hatte sich bedankt und sie sofort aufgelegt, aber nur das eine Mal. Die CD blieb in der Anlage, und die Hülle lag einsam und allein auf dem Deckel des Plattenspielers. Hector schien nicht mehr in der Lage, über einen längeren Zeitraum hinweg gut gelaunt zu sein. Das war das Ungewöhnliche. Seine Unbefangenheit fehlte ihr. Sie wollte ihn nicht in Frage stellen, und er sollte sie nicht in Frage stellen. So musste eine Ehe sein.
    Dieser Idiot. Mit Tränen in den Augen fuhr sie zu ihren Schwiegereltern. Koula durfte ihr nicht ansehen, dass sie geweint hatte. Sie betrachtete sich im Rückspiegel und atmete dreimal tief durch.
    Sie küsste ihre Schwiegermutter auf beide Wangen. Melissa zerrte sie zum Küchentisch und präsentierte ihr stolz, den Kopf leicht geneigt, ihre Mathehausaufgaben. Sie war Hector so ähnlich. Aisha ging ins Wohnzimmer. Manolis schlief in seinem Sessel, und Adam sah sich im Fernsehen irgendeine beknackte Realityshow an.Sie kniete sich neben ihn und küsste ihn sanft aufs Haar. Er roch nach Olivenöl und ein bisschen nach Fäulnis, Tier und nach Jungs. Aisha rümpfte die Nase. Adam ignorierte ihren Kuss. Sie musste sich damit abfinden, dass er bald kein kleiner Junge mehr war. Die Welt brach über ihr zusammen. Alles veränderte sich. Als Manolis ein rauhes Keuchen ausstieß, drehte sie sich zu ihm um. Gähnend streckte er die Hände nach ihr aus. Sie küsste ihn. Manolis roch genau wie immer, nach Garten, nach Zitrone, Knoblauch und Oregano. Genau wie ihre Kinder roch er nach dem Essen seiner Frau. Sie lächelte ihn an. Er musterte sie kritisch.
    »Wie geht es dir, meine Liebe?«
    Sie hatte ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Sandi immer noch nicht angerufen, obwohl sie schon seit mehr als zwei Wochen zurück waren und sie es ihrem Mann versprochen hatte. »Gut.« Sie zögerte kurz und log dann. »Ich hab Sandis Nummer nicht mehr. Ich muss sie … und Harry … unbedingt anrufen.«
    Manolis sah sie immer noch ernst an. Sie half ihm aus dem Sessel.
    »Ich geb dir die Nummer«, sagte er.
    Er schrieb sie auf die Rückseite eines aufgerissenen Briefumschlags, in großen, zittrigen Ziffern, wie Kinderschrift.
    »Danke«, sagte sie, und jetzt lächelte er doch. Fast wäre sie in Tränen ausgebrochen. Sie wollte nicht, dass sich noch mehr änderte.
     
    Als Hector nach Hause kam, hackte sie gerade Gemüse für ein einfaches, schnelles Curry. Er war betrunken, und sie musste sich beherrschen, ihn nicht anzufahren. Während er duschte und die Kinder sich vor dem Fernseher zankten, rief sie Sandi an. Sie versuchte, nicht an Rosie zu denken. Zum Glück hatte Manolis keine Ahnung von Handys, sonst hätte er ihre Lüge sofort durchschaut. Sandis Name erschien auf dem Display. Aisha hielt kurz inne und drückte dann auf die Anruf-Taste. Sie kam sich vor wie eine Verräterin. Die weibliche Stimme am

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